Alina Zellhofer

Sportmoderatorin Zellhofer: "Nicht so aufgeschlossen, wie wir glauben"

ORF-Sportmoderatorin Alina Zellhofer über die Olympischen Spiele in Rio, die Stimmung im ÖFB-Team bei der EURO und wie man sich als Frau in einer vermeintlichen Männer-Domäne behauptet.

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INTERVIEW: CLEMENS ENGERT

profil: Sie sind seit März in der Fußball-Berichterstattung auch als Moderatorin tätig. Wieso hat es beim ORF so lange gedauert, bis endlich auch Frauen über Fußball berichten durften? Alina Zellhofer: Da muss man zwischen der Arbeit vor und hinter der Kamera unterscheiden. Ich hatte ja schon vorher redaktionell für den Fußballbereich gearbeitet – seit März sind meine Kollegin Kristina Inhof und ich nun auch als Präsentatorinnen tätig. Warum das so lange gedauert hat, ist eine gute Frage. Ich glaube, es gibt da einfach einen gewissen Entwicklungsprozess, der stattfinden muss. Aber: Besser spät als nie!

profil: Haben Sie den Eindruck, dass Trainer und Spieler mit Frauen als Interviewpartnerinnen anders umgehen als mit Männern? Zellhofer: Ich glaube, dass es da im Großen und Ganzen keine allzu gravierenden Unterschiede gibt. Es kommt halt immer auf das Auftreten an. Die Spieler und Trainer sind es auch zunehmend gewöhnt, von Frauen interviewt zu werden. Man kennt das ja auch schon aus Deutschland, wo es bereits seit Jahren Frauen in der Fußball-Berichterstattung gibt. Die waren uns in dieser Hinsicht doch ein bisschen voraus.

profil: Hatten Sie vielleicht einen kleinen Startvorteil, da Sie aufgrund ihres Vaters (Anmerkung: Vater Georg war Bundesligaprofi und erfolgreicher Trainer (u.a. bei Rapid und Austria)) von vornherein ein gutes Gespür dafür haben, wie man mit Trainern und Spielern am besten umgeht? Zellhofer: Auf jeden Fall. Ich bin ja quasi am Fußballplatz aufgewachsen - mein Vater hat mich jedes Wochenende ins Stadion mitgenommen. Ich habe dadurch ziemlich schnell gelernt, wie das Fußballgeschäft funktioniert und welche Mechanismen es gibt. Das ist mit Sicherheit auch etwas, was mir in meiner jetzigen Tätigkeit zugutekommt, weil ich glaube, dass ich mich sehr gut in die Situation von Spielern und Trainern hineinversetzen kann.

Egal, ob Mann oder Frau – man muss sich auskennen.

profil: Stört es Sie, dass Frauen, die im Fernsehen über Sport berichten von manchen Leuten nach wie vor mehr für ihre "charmante Art“ gelobt werden als für ihre fachliche Kompetenz? Zellhofer: Ja, zu Beginn war das bestimmt so, wie Sie das beschreiben – und in manchen Kreisen ist es wohl noch immer so. Dieses Reduzieren auf das "charmant sein“ stört mich sehr wohl. Ich habe aber das Gefühl, dass sich auch da langsam etwas tut. Es liegt auch an uns, den Menschen diese Vorurteile zu nehmen und zu zeigen, dass man gleichzeitig charmant und fachlich kompetent sein kann. Für mich gibt es da kein „entweder, oder“, sondern es kommt auf die richtige Mischung an. Aber natürlich steht für mich die fachliche Kompetenz an erster Stelle, weil dies der Zuseher selbstverständlich sofort spürt. Egal, ob Mann oder Frau – man muss sich auskennen.

profil: Die ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann wurde während der EM (Anmerkung: Neumann wurde als erste deutsche Frau bei einem Live-Kommentar eines Männerturniers eingesetzt) in sozialen Netzwerken mit sexistischen Sprüchen verhöhnt und primitiv attackiert. Warum haben so viele Männer immer noch Probleme mit Frauen in der Fußball-Berichterstattung? Zellhofer: Das müsste man die Männer fragen. Prinzipiell ist es immer eine Geschmacksfrage, ob jemandem der Stil eines Kommentators oder einer Kommentatorin gefällt oder nicht. Das gilt für beide Geschlechter. Dass es in diesem Fall so ein "Bashing“ gegeben hat, ist wohl ein Fingerzeig dafür, dass wir noch lange nicht so aufgeschlossen sind, wie wir glauben und wie uns auch immer vorgehalten wird. Vielleicht braucht es solche Anlässe, um darauf hinzuweisen, dass wir eben noch nicht so weit sind, wie wir oft vorgeben.

profil: Wie weit sind wir in Österreich noch von einer Frau als Fußball-Kommentatorin entfernt? Zellhofer: Das ist schwierig zu beantworten, weil es etwas ganz Eigenes ist, ein Fußballspiel über 90 Minuten zu kommentieren. Man muss dies vor allem auch unbedingt machen wollen. Aber, wenn es Frauen gibt, die das mit voller Hingabe und Leidenschaft anstreben, halte ich es durchaus für möglich. Ich persönlich könnte mir das allerdings überhaupt nicht vorstellen, weil es für mich doch ein Riesenunterschied ist, ob man nun Spiele präsentiert und Interviews führt oder tatsächlich 90 Minuten lang kommentiert. Man muss das wirklich wollen.

profil: Ihr Kollege Peter Hackmair wurde von ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner kritisiert, weil er die Körpersprache auf der ÖFB-Bank falsch interpretiert hätte – konnten Sie die Kritik nachvollziehen? Zellhofer: Ich will da nicht zu sehr ins Detail gehen, weil in diesem Zusammenhang ohnehin schon eine Aussprache erfolgt ist, und das Ganze auch ein Missverständnis war. Grundsätzlich hat eine Interpretation halt nie den Anspruch, richtig oder falsch zu sein. Ich denke also schon, dass es für einen Journalisten zulässig ist, auch solche Dinge zu thematisieren.

Ich würde nie eine kritische Frage auslassen, nur, weil ich das Klima im ÖFB-Team nicht gefährden will.

profil: Sie haben während der EM aus dem ÖFB-Teamquartier berichtet. Hat man als Journalistin, die so nahe am Team dran ist, eine gewisse Verantwortung, das Teamklima durch etwaige kritische Berichte nicht zu gefährden? Oder darf man darauf keine Rücksicht nehmen? Zellhofer: In allererster Linie bin ich als Journalistin den Zusehern verpflichtet und habe dafür zu sorgen, dass diese objektiv informiert werden. Ich war in Frankreich, um meine Arbeit bestmöglich zu erledigen – genauso, wie das ÖFB-Team dort war, um seine Arbeit zu erledigen. Insofern waren die Fronten klar abgesteckt. Dass bei so einem Ausnahme-Ereignis wie der EURO natürlich auch ein gewisser Patriotismus dabei ist und man sich wünscht, dass das Team erfolgreich ist, ist aber natürlich auch logisch. Aber ich würde nie eine kritische Frage auslassen, nur, weil ich das Klima im Team nicht gefährden will.

profil: Haben Sie die kolportierten Spannungen im ÖFB-Lager mitbekommen? Gab es tatsächlich Streit? Zellhofer: Nein, davon habe ich nichts mitbekommen. Ich habe natürlich auch die Meldungen im Nachhinein gelesen, dass Teller geflogen wären und so weiter. Von Streitigkeiten solcher Art weiß ich aber absolut nichts. Dass es gewisse Spannungen und Stimmungsschwankungen gibt, wenn es vor Ort nicht wie gewünscht läuft, ist doch etwas ganz Normales. Es wäre eher bedenklich gewesen, wenn sich alle fröhlich und zufrieden gegeben hätten.

profil: Sie werden gemeinsam mit Rainer Pariasek das Olympia-Studio in Rio präsentieren. Wissen Sie schon, wie viele Stunden am Tag Sie im Einsatz sein werden? Zellhofer: Nein, das weiß ich derzeit noch nicht genau. Uns wird aber sicher nicht langweilig werden. Es kann schon vorkommen, dass man von 7 Uhr in der Früh bis Mitternacht durchgehend am Posten sein muss.

profil: Auf welche Sportarten freuen Sie sich persönlich besonders? Zellhofer: Aus österreichischer Sicht freue ich mich sehr auf die Segel-Bewerbe, weil wir da ja einige „heiße Eisen“ am Start haben. International gesehen liegt die Aufmerksamkeit vor allem auf den Leichtathletik-Events mit Usain Bolt und dem Comeback von Schwimm-Ikone Michael Phelps. Besonders freue ich mich auch auf das Beachvolleyball-Turnier an der Copa Cabana. Das wird sicher ein Highlight.

profil: Mit wie vielen österreichischen Medaillen rechnen Sie? Zellhofer: Nachdem es bei der EURO bekanntlich nicht so gelaufen ist, wie wir uns das alle vorgestellt haben, bin ich ein bisschen vorsichtig geworden und will niemanden unter Druck setzen. Sollten wir Medaillen machen, wäre das jedenfalls ein schöner Erfolg und ich würde mich sehr freuen.

Zur Person:

Alina Zellhofer, 29, wurde in Linz geboren. Bereits als Kleinkind verbrachte sie die Wochenenden am Fußballplatz im Beisein ihres Vaters Georg Zellhofer (ehem. Profi und Trainer (u.a. Rapid und Austria)). Ihr erstes Praktikum absolvierte die damals 16-jährige Schülerin bei Radio Oberösterreich. Nach der Matura studierte sie in Wien Journalismus und Medienmanagement. Sie absolvierte zahlreiche Praktika, u. a. beim ORF, ZDF und ÖFB. Seit 2012 ist Zellhofer Mitarbeiterin der ORF-Sportredaktion und vermehrt als Moderatorin zu sehen. Sie lebt in Wien.