Der Agentenkrimi um Jörg Haiders Irak-Millionen geht weiter

Jörg Haiders Observation durch den BND

Affäre. Ließ sich Deutschlands Geheimdienst die Observation Haiders Hunderttausende Euro kosten?

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Ein moderner Geheimdienst versteckt sich nicht: Er präsentiert sich mit Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse bürgernah auf einer eigenen Website im Internet – wie etwa der deutsche BND (Bundesnachrichtendienst). Dass man die Agenten in Pullach bei München jederzeit erreichen kann, heißt aber noch lange nicht, dass sie deswegen auch Fragen beantworten. Zum Beispiel diese: Was sagt der BND zur Enthüllung, dass seine Mitarbeiter zumindest eine von Jörg Haiders Reisen zum irakischen Diktator Saddam Hussein organisiert und finanziert haben (profil 42/2010)?

„Der Bundesnachrichtendienst kann dazu aus grundsätzlichen Erwägungen keine Stellungnahme abgeben“, teilt die BND-Pressestelle auf Anfrage von profil ebenso höflich wie bestimmt mit.

Nicht nur die Geheimdienst-Zentrale zieht es vor zu schweigen: Auch der österreichische Geschäftsmann Klaus S. (Name der Redaktion bekannt) will nicht reden. Er soll es gewesen sein, der im Auftrag des BND Überflugs- und Landegenehmigungen organisiert und die Kosten für einen Privatjet übernommen hat, als der Kärntner Landeshauptmann im Mai 2002 zum zweiten Mal gen Bagdad aufbrach – und sein Umfeld in der Folge mehrere Millionen Dollar vom Saddam-Regime kassierte.

Ebenso wortkarg wie der BND und Klaus S. geben sich schließlich die ehemaligen Eigentümer der Salzburger Detektei HCL International Ltd. Der BND hatte 2003, also ein Jahr nach Haiders Irak-Trips, eine Zweigniederlassung des auf Malta domizilierten Unternehmens in Salzburg eröffnet. Offizieller Geschäftszweck: „Wirtschaftsberatung und Wirtschaftsinvestigation“. Inoffizieller: schmutzige Deals zu observieren, die in und über Österreich abgewickelt wurden, bei denen die hiesigen Behörden nach Ansicht der großen westlichen Geheimdienste nicht oder nur halb hinsahen. HCL schlitterte 2006 in Konkurs. Die Ex-Chefs wollten profil keine Auskunft über ihre früheren Aktivitäten geben.

Unter ehemaligen HCL-Detektiven wird aber immer noch über Klaus S. geredet, der in engem Kontakt mit dem Salzburger Schnüffelunternehmen stand. Er sei kein fest angestellter BND-Agent gewesen, sondern Mitarbeiter auf Honorarbasis, heißt es: ­Altgedient, gut bezahlt und mit ­Zugang zu einem üppigen Spesenkonto.

Observation. Interessant wurde der Österreicher für den deutschen Geheimdienst durch seine exzellenten Verbindungen im Irak. Besonders zu Saddam Husseins älterem Sohn Udai pflegte er enge Kontakte. Zu Sowjet-Zeiten soll S. im Waffenhandel tätig gewesen sein, in der Ära nach dem Kalten Krieg verlegte er sich auf Medizintechnik.

An die österreichischen Freiheitlichen gelangte er über Irak-Aktivisten im Umfeld des damaligen FPÖ-Volksanwalts Ewald Stadler, die ab Frühjahr 2002 humanitäre Hilfslieferungen für das von Sanktionen geschwächte Land starteten und dafür die Irakisch-Österreichische Gesellschaft (IRAS) gründeten.

Man kam in Bagdad, wo S. ein Haus besitzt, miteinander in Kontakt: Ob sich Klaus S. aus rein geschäftlichem Interesse mit seinen Landsleuten anfreundete, wie IRAS-Leute noch heute annehmen? Oder ob er sich gezielt im Auftrag des BND an sie heranpirschte? Faktum ist, dass Klaus S. wenig später unter Hinweis auf seinen direkten Draht zum damaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer die zweite von insgesamt drei Bagdad-Reisen des Kärntner Landeshauptmanns sponserte.

Dem BND dürfte es im Jahr 2002 darum gegangen sein, die Nahost-Eskapaden Haiders zu kontrollieren. Wie weit der Geheimdienst auch andere Aktivitäten der Freiheitlichen im Irak gefördert und observiert hat, lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit nachvollziehen. Die Überwachung des schillernden Rechtspopulisten soll den deutschen Schlapphüten aber mehrere hunderttausend Euro wert gewesen sein.

Von all dem nichts mitbekommen haben will wieder einmal Karl-Heinz Petritz, als Sekretär auch im Irak an Haiders Seite. Er soll es gewesen sein, der einen Teil der von Saddam Hussein an das Umfeld der FPÖ ausbezahlten Millionen entgegennahm. Einen Klaus S. kenne er nicht, beschied Petritz der „Krone“ vergangenes Wochenende.

Vielleicht sollte er noch einmal in sich gehen. Ein profil vorliegendes Foto zeigt ihn unter anderem zusammen mit Haider und Stadler in den Ruinen von Babylon – keine Armlänge entfernt von Klaus S.