Originaltext-Service

Buwog. Die Wiener Stadtzeitung „Falter“ enthüllte eine profil-Enthüllung ein zweites Mal

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Die Angelegenheit ist fraglos so aufregend, dass man sie der Öffentlichkeit gerne mehrmals erzählen möchte. Vergangene Woche widmete sich die Wiener Stadtzeitung „Falter“ einmal mehr den Hintergründen der Buwog-Privatisierung im Allgemeinen, der Rolle von Karl-Heinz Grasser im Besonderen. Um dieser Titelgeschichte die gewünschte Öffentlichkeit zu verleihen, ließ die Chefredaktion dem so genannten Originaltext-Service (OTS) der Austria Presse Agentur eine Vorabmeldung zukommen, die von anderen Medien wenig später übernommen wurde.

Auch profil bedient sich dieses Kanals. Unter dem Titel „Neue Enthüllungen im Fall Grasser/Buwog“ publizierte der „Falter“ die Aussagen eines gewissen Willibald Berner, einst Kabinettschef von FPÖ-Verkehrsminister Michael Schmid, vor der Staatsanwaltschaft Wien. Diesen zufolge hätte Buwog-Lobbyist Peter Hochegger bereits im Jahr 2000 ­versucht, über Berner an gut dotierte Aufträge der ­Republik Österreich heranzukommen. Gegen entsprechende Provisionen, versteht sich. Auch von einem entsprechenden „Organigramm“, welches die Verteilung regeln sollte, wusste die Stadtzeitung zu erzählen.

Eine gute Story, keine Frage. Nur leider nicht so frisch, wie der „Falter“ das insinuierte. Am 19. April 2010, also drei Monate zuvor, hatte profil die entsprechenden Einvernahmeprotokolle der Buwog-Beschuldigten veröffentlicht (Nr. 16/10). Unter dem Titel „Ein besonderes Arrangement“ berichtete dieses Magazin über Grassers Seychellen-Urlaub 2004, der zunächst von Walter Meischberger bezahlt wurde – und das nur acht Wochen vor dem Buwog-Verkauf.

Die Story enthüllte auch, was der „Falter“ jetzt kurzatmig apportierte. Und weil die Angelegenheit gar so aufregend ist, zitiert profil jetzt profil. ­Nachstehend die am 19. April 2010 veröffentlichten Textpassagen zu Berners Aussagen:
… Erst vergangene Woche hat die SPÖ-Abgeordnete Sonja Steßl-Mühlbacher eine parlamentarische Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner gerichtet. Darin heißt es: „Ist Ihnen bekannt, dass den Ermittlern womöglich Aussagen vorliegen, welche darauf schließen lassen würden, dass die in der Buwog-Causa Beschuldigten Grasser, Hochegger, Meischberger und Plech bereits im Jahr 2000 begonnen hätten, ein Provisionsnetzwerk bei Auftragsvergaben und Beschaffungsaufträgen des Bundes ­aufzuziehen?“
Steßl-Mühlbacher bezieht sich offenbar auf eine Zeugenaussage von Willibald Berner, im Jahr 2000 Kabinettschef des damaligen FPÖ-Infrastrukturministers Michael Schmid. Berner hat nach profil vorliegenden Informationen im Oktober des Vorjahres der Staatsanwaltschaft Wien von einem unmoralischen Angebot durch Hochegger berichtet. Bei einem Meeting im Hotel Imperial im Jahr 2000 soll der Lobbyist Berner offen auf gemeinsame Geschäfte angesprochen haben. Hochegger hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Auftrag des Infrastrukturministeriums in der Tasche: Er zeichnete für die begleitende Kommunikation bei Ausschreibung und Vergabe der so genannten UMTS-Frequenzen im Mobilfunkbereich durch das Ministerium verantwortlich. Oder wie es Hochegger gegenüber der Justiz formulierte: „Ich habe eine Studie gemacht, an die ich mich nicht erinnern kann, weil es so lange her ist. Das Honorar lag im Bereich zwischen 75.000 und 150.000 ATS.“
Nach Berners Erinnerung schlug Hochegger bei dem Treffen im Wiener Imperial vor, man könnte nicht nur am bevorstehenden Verkauf dieser UMTS-Lizenzen mitverdienen, sondern überhaupt bei jeder künftigen Anschaffung und Vergabe im Verantwortungsbereich damaliger FPÖ-Minister. Laut Berner soll der Lobbyist auch gleich eine Skizze mitgeliefert haben, wie die Provisionen über eine Liechtensteiner Briefkastengesellschaft zur Verteilung an Grasser und seine Vertrauten kommen sollten.
Hochegger lieferte der Justiz darauf angesprochen am 3. November eine erstaunliche Erklärung: „Mir wird nun die Aussage von Willibald Berner vorgehalten, wonach ich im Jahr 2000 bei der Versteigerung der UMTS-Frequenzen durch das BMVIT (Infrastrukturministerium, Anm.) ihm den Vorschlag gemacht haben soll, Gelder auf Konten einer Liechtensteiner Gesellschaft zu veruntreuen … Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mein Konstrukt ist. Ich will überhaupt nichts ausschließen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich solche Gedankenspiele gemacht habe … Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals mit Grasser über so ein Thema gesprochen zu haben. Er hätte mich hoch­kantig bei der Tür hinausgeworfen.“