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Techniktrends: Nachricht von der Mikrowelle

Nachricht von der Mikrowelle

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infüllen, einschalten, warten. Frische Wäsche in 20 Minuten ist nichts Besonderes mehr, und die dafür eingesetzte Technik gehört längst zum Alltag. Und dennoch ist es verblüffend, wie viel Technik in einem modernen Gerät verpackt ist. „Mit der elektronischen Steuerung einer aktuellen Waschmaschine könnte man das amerikanische Mondfahrtprogramm der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bestreiten“, sagt Markus Miele, Geschäftsführer des in Famili-eneigentum stehenden Haushaltsgeräteherstellers Miele. „Der Mikroprozessor der Waschmaschinensteuerung ist rund 300-mal schneller als der der Apollo-Raumkapsel, die Speicherkapazität ist viermal so groß.“
Nach Schätzung des Hausgeräteherstellers hätte die Elektronik der Raumkapsel außerdem kaum hinter eine Waschmaschinenblende gepasst: Sie wog fast 30 Kilogramm – die Waschmaschinensteuerung bringt es auf bloß 640 Gramm, und sie verarbeitet Signale aus 14 Sensoren und berechnet mit diesen Informationen den Ablauf der Vorgänge bis ins kleinste Detail: vom Spülgang bis zur passenden Waschmittelmenge.
Seit vor rund 150 Jahren der so genannte Sparherd die bis dahin mit allerlei Brennmaterialien befeuerten Kochgelegenheiten abzulösen begann und rund 50 Jahre später allmählich die Elektrifizierung Einzug in die Eigenheime hielt, ist die Technisierung der Haushalte permanent fortgeschritten. Einer im Vorjahr vom Forum Hausgeräte, einer Informationsgemeinschaft großer Haushaltsgerätehersteller, durchgeführten Studie zufolge sind heute weit über 90 Prozent aller österreichischen Wohnungen mit Herd, Kühlschrank, Staubsauger und Waschmaschine ausgestattet. Die Ausnahme ist Wien mit einer Waschmaschinenausstattung von nur 86 Prozent. Grund dafür ist die in der Großstadt immer noch verbreitete Nutzung von Waschküchen und Waschsalons.

Gut ausgestattet. Neben der technischen „Grundausstattung“ verfügen 85 Prozent der Haushalte über ein Gefriergerät, 70 Prozent über einen Geschirrspüler, 68 Prozent über eine Mikrowelle. Espressomaschinen erfreuten sich gerade im vergangenen Jahr enormer Beliebtheit. Zwei Drittel der im Rahmen der Studie Befragten besitzen bereits eine solche Kaffeemaschine. 32 Prozent trocknen ihre Wäsche mit dem eigenen Wäschetrockner, und 14 Prozent benutzen einen Dampfgarer.
Vergleichbare Kennziffern gelten mittlerweile für die Unterhaltungselektronik, wofür die Österreicher im Schnitt jährlich knapp 300 Euro ausgeben. Einer neuen Erhebung der Statistik Austria, des ehemaligen Statistischen Zentralamts, zufolge stand per März 2003 in 94 Prozent aller Haushalte ein TV-Apparat, wobei 43 Prozent der Konsumenten ihre bevorzugten Programme via Satellit und 36 Prozent über einen Kabelanschluss empfingen. In 67 Prozent der Haushalte könnten die Sendungen per Videorekorder aufgezeichnet werden. Knapp 70 Prozent verfügen zudem über Hi-Fi-Anlagen. Freilich haben auch jüngere Entertainment-Technologien inzwischen eine beachtliche Zahl von Anwendern gefunden: So erwarben die Österreicher im Jahr 2002 nach Daten des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie 257.700 DVD-Player – ein Jahr zuvor waren erst knapp 100.000 Stück abgesetzt worden. Und im ersten Halbjahr 2003 fanden 158.300 solche Geräte Käufer. Da traditionell ein besonders großer Teil des Umsatzes mit Unterhaltungselektronik im Weinachtsgeschäft erzielt wird, dürfte das abgelaufene Jahr einen neuen Rekordabsatz an DVD-Geräten gebracht haben.
Eines der beliebtesten Geräte ist den jüngsten Daten der Statistik Austria zufolge in relativ kurzer Zeit freilich das Mobiltelefon geworden. 75 Prozent der heimischen Haushalte verfügen über zumindest ein Handy – die Durchdringung mit Computern (49 Prozent) und Internetanschlüssen (36 Prozent) ist im Vergleich dazu noch geringer.

Spezialisierung. In Anbetracht der ständig zunehmenden Produkt- und Ausstattungsvielfalt scheinen – sowohl in der Sparte Haushalt als auch in der Unterhaltungselektronik – vor allem jene Geräte auf immer mehr Interesse zu stoßen, die speziellen Zusatznutzen versprechen. „Besonders im Trend liegen derzeit Hausgeräte mit Zusatzleistungen“, berichtet Gerhard Kroker, Geschäftsführer des Hausgeräteherstellers Electrolux und Sprecher des Forum Hausgeräte: „Das sind etwa selbstreinigende Backöfen, Waschmaschinen mit einem besonders großen Fassungsvermögen sowie speziellen Programmen oder leistungsstarke Mikrowellen.“
Ein aktuelles Beispiel für derartige Entwicklungen ist die Waschmaschine Lavalogic von AEG, die durch schonende Reinigung empfindlicher Stoffe den Weg zur Putzerei oder die Wäsche von Hand ersparen soll. Das Einspeichern des persönlichen Waschprogramms soll zudem die Bedienung erleichtern. Auf die besonderen Bedürfnisse von Hausstaub- und Pollenallergikern wiederum will Miele mit einem speziellen Modell reagieren, das in Zusammenarbeit mit dem deutschen Allergie- und Asthmabund entwickelt wurde. Beladungserkennung und Dosierempfehlung, vermehrte Spülgänge und verlängerte Temperaturhaltezeit sollen Allergieauslöser zu fast 100 Prozent aus der Wäsche entfernen. Spezielle Programme versprechen zudem Schonung für Kissen und empfindliche Kleidung bei häufigem Waschen.
Im Wohnzimmer hingegen sind Flachbildschirme wie der Fernseher „BeoVision 6“ von Bang & Olufsen und DVD-Player die Spezialisten der Zukunft. Spätestens 2008 soll laut Schätzung des Fraunhofer Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) der Bestand an DVD-Geräten jenen an Videorekordern zahlenmäßig überholt haben.

Hybridgeräte. Als weiterer Trend, vor allem in der Unterhaltungselektronik, gilt das Verschmelzen einzelner Produkte zu Multifunktionsgeräten. Fernseher mit integriertem PC als Internetzugang und passenden Lautsprechern sollen unter anderem zu Hause ein Kinoerlebnis möglich machen. Ein Beispiel dafür ist „Home Cinema Aconda Select“ von Loewe. Ausstattungen wie Dolby-Digital und Subwoofer sorgen für raumfüllenden Klang, die vier Lautsprechersäulen haben integrierte Verstärker, die sich individuell der Raumakustik anpassen. Auch Design-Gimmicks wie eine Stehlampe mit Radioweckerfunktion oder ein so genanntes Leuchtmöbel namens „Lux-us“, das als Regal und Hocker dient, sollen dem Trend zur Multifunktionalität entsprechen.

Sprechender Ofen. Die Kombination verschiedener Funktionen in einem Produkt hält aber auch im Bereich der Küchengeräte allmählich Einzug. Die Radio-Mikrowelle „M-197DFS“ von Samsung etwa kann nicht nur Speisen rasch zum Kochen bringen. Das kleine Gerät zeichnet auch Sprachnachrichten auf – mündliche „post-its“ gewissermaßen, die derart etwa an gerade Abwesende übermittelt werden können. Und der in bunten Farben erhältliche Kochlöffel „Mestolo Koshi“ ist mit Sensoren bestückt und misst beim Rühren die genaue Temperatur der Suppe. Insgesamt wurden in Österreich im Jahr 2003 rund 72.000 Multifunktionsgeräte unterschiedlichsten Typs verkauft.
Als Ziel der Entwicklung gelten jedoch derzeit, so die ISI-Forscher, intelligente Hausgeräte, die vernetzt sind und als elektronische Assistenten helfen, den Haushalt zu organisieren. Siemens hat zu Jahresbeginn mit serve@Home eine vernetzte Küche auf den deutschen Markt gebracht, in weiteren europäischen Ländern – auch in Österreich – soll das Konzept demnächst ebenfalls erhältlich sein. Eine Auswahl diverser Geräte – derzeit Herd, Backofen, Dunstabzugshaube, Kühl- und Gefriergeräte, Geschirrspüler, Waschmaschine und Trockner – kann dabei per Gateway, eine zentrale Kommunikations- und Schnittstelle, sowie mittels eines System-Interface miteinander verbunden werden.

Denkende Küche. Über Handy oder einen Tablet PC kann der Benutzer jederzeit elektronisch auf seine Geräte zugreifen, auch wenn er außer Haus ist. Er erhält alle wesentlichen Informationen und kann auch selbst steuernd eingreifen – zum Beispiel die Herdplatte ausschalten. Weiters sind verschiedene Diagnosefunktionen im System integriert. Möglicherweise auftretende Fehler der Geräte werden per Kurznachricht (SMS) an das Handy gemeldet und zusätzlich am Bediengerät, zum Beispiel einem Tablet PC, angezeigt. Vom Benutzer können diese Statusmeldungen sofort an den Kundendienst weitergeleitet werden, damit dieser den Fehler beheben kann. Das Gateway ist für die derartige Kommunikation mit einem Modul ausgestattet, welches den Mobilfunkstandard WAP unterstützt und das Versenden von konventionellen SMS ermöglicht. Kostenpunkt der High-Tech-Ausstattung: rund 4000 Euro.
„Eine wichtige Zielgruppe für das System sind in der Anfangsphase die Personen, die neuen Technologien gegenüber sehr früh sehr aufgeschlossen sind“, sagt Roland Hagenbucher, Geschäftsführer der Siemens-Electrogeräte GmbH. Das Fraunhofer Institut, das an der Entwicklung des Systems maßgeblich beteiligt war, schätzt, dass in fünf bis sechs Jahren rund fünf Prozent aller Hausgeräte in Deutschland – und mit wenig Abweichung im gesamten deutschsprachigen Raum – auf ähnliche Weise vernetzt sein werden.
An der totalen Verdrahtung des Hauses, von der Sicherheit über Heizung, Licht und Klimaanlage bis hin zu Entertainment-Center und zum automatischen Rollladenheber, wird noch gearbeitet. Zwar prognostizierte etwa der Elektronikkonzern IBM bereits, dass bis ins Jahr 2013 rund eine Milliarde Menschen im Besitz allerlei vernetzter Gegenstände sein würden. Und eine im vergangenen Oktober publizierte Studie im Auftrag des Schweizer Zentrums für Technikfolgen-Anschätzung gelangte zu dem Schluss, dass „die Durchdringung unseres Alltags mit schlauen Gegenständen unser Leben weitaus mehr verändern könnte, als es das Internet bereits getan hat“. Denn schließlich kämen „nahezu alle Gegenstände des Alltags in Betracht, um sie mit Miniaturchips zu versehen und zu vernetzen“.

Internet-Kühlschrank. Seit Jahren werden immer wieder eindrucksvolle Prototypen von Häusern vorgestellt, in denen zahlreiche Gerätschaften wie der oftmals beschriebene „Screenfridge“, der Kühlschrank mit Internetanbindung, über geschickt verborgene Datenleitungen miteinander kommunizieren, zentral steuerbar sind oder selbstständig Waren nachbestellen. Auf breitflächige Akzeptanz der potenziellen Kundschaft sind die Entwicklungen
jedoch bislang nicht gerade gestoßen. Mancher Experte glaubt überhaupt, dass Technologie per se kein wesentliches Konsumentenbedürfnis ist. „Die Kultur des Wohnens darf nicht grundlegend verändert werden, sondern soll bloß sicherer, komfortabler und energiesparender werden“, fasst der Philips-Designer Jan-Eriks Baars die Wünsche jener Tester zusammen, die ein vernetztes Haus auf Probe bewohnten und Vor- und Nachteile dokumentierten. „Die Technik soll nicht herrschen“, meint Baars. Sie müsse vielmehr in den Hintergrund treten und gewissermaßen „Benehmen lernen“.
Was den Österreichern im Eigenheim tatsächlich wichtig ist, zeigte eine Umfrage des Forum Hausgeräte. Gefragt, was denn die zentralen Faktoren für den idealen Haushalt seien, nannten die Teilnehmer der Studie zuallererst innerfamiliäres Wohlergehen. „Technik vom Feinsten“ hielten dagegen nur 39 Prozent der Befragten für bedeutend – dieser Faktor landete erst auf Platz neun der Rangliste.