Berlinale 2015: Jafar Panahi fährt „Taxi“ gegen die Zensur

Berlinale 2015: Jafar Panahi fährt „Taxi“ gegen die Zensur

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„Jeder Film ist es wert, gesehen zu werden“, sagt Jafar Panahi, der unter staatlicher Beobachtung stehende iranische Regisseur, in einer scheinbar beiläufigen Szene seines neuesten Films. Denn ginge es nach der iranischen Regierung, dürfte es seinen neuen, schlicht „Taxi“ betitelten Film, gar nicht geben. Vor fünf Jahren wurde Panahi (zuletzt „Pardé“ und „Dies ist kein Film“), einer der bedeutendsten und kritischsten Regisseure seines Landes, der Freiheit beraubt. Hausarrest, Berufsverbot. Panahi darf keine Filme mehr drehen. Seither nimmt er sich seine Freiheit einfach selbst.

Mit dem Taxi durch Teheran

Bei Panahi klingt Freiheit zum Beispiel so: Ein gelbes Taxi bewegt sich durch die Straßen der iranischen Hauptstadt. Menschen steigen in das Taxi. Als der Fahrer sie befragt, sagen die Passagiere offen, was sie über ihr Land, die Politik und die allgegenwärtigen Repressalien denken. Kein anderer als der Regisseur selbst sitzt am Steuer des Taxis; das Auto wird zum mobilen Filmset umfunktioniert. Während der heiteren Episoden (ein DVD-Raubkopierer geht auf Kundenfang) und den dramatischeren Fahrten (ein verletzter Motorradfahrer) fängt Panahi die Stimmung in der iranischen Gesellschaft mit der am Armaturenbrett eingebauten Kamera ein.

Auf der Berlinale läuft „Taxi“, eine zwischen satirischer Pseudo-Doku und fiktionalen Alltagsgeschichten changierende Mockumentary, neben Filmen von Terrence Malick und Werner Herzog im Wettbewerb um den Goldenen Bären. Dass dies von der Festivalleitung als politische Ansage verstanden werden darf, scheint auch in der Heimat des Regisseurs angekommen zu sein. Die iranischen Behörden zeigten sich bereits im Vorfeld des Filmfestivals verstimmt.

Mit „Taxi“ gelingt Jafar Panahi nicht nur ein jauchzend komisches und farbenfrohes Stimmungsbild seiner Heimat, sondern das wahrscheinlich subversivste Mittel gegen die Gängelungen eines diktatorischen Regimes; ein Film als letztes Mittel im Kampf um das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dass Panahi dabei auf eine seelenvolle und lakonische Komödie setzt, darf als großer Sieg des Kinos gefeiert werden.

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.