Udo Lindenberg: Stärker als die Zeit

Neue Alben: Udo Lindenberg, Tim Hecker, Deftones, Imarhan

Neue Alben: Udo Lindenberg, Tim Hecker, Deftones, Imarhan

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Tim Hecker: Love Streams (4AD)

Forscherdrang: Der kanadische Ambient-Tüftler Tim Hecker entführt geneigte Elektrojünger mit seinen Synthie-Flächen-Puzzles in ein musikalisches Abenteuer aus Geräusch, Dissonanz und Melodie. Überforderung gehört hier zum Arbeitsprinzip. Es gibt keinen Anfang und kein Ende; Hecker spielt mit seinem Publikum und lässt uns auch mal einsam zurück. (7.6/10) Ph. D.

Udo Lindenberg: Stärker als die Zeit (Warner)

Zu seinem bevorstehenden Siebziger hat sich der ewige Lindenberg-Coversänger Udo Lindenberg noch einmal einen großen Gefallen getan. Auf „Stärker als die Zeit“ vollführt der ewige deutsche Rockstar das Kunststück, nach Jahren des Suffs, mieser Alben und des Daseins als eigene Blaupause, ein Album zu veröffentlichen, das nicht nur alles richtig machen will, sondern auch die guten Töne trifft. In den 15 Lindenberg-Songs geht um die großen Fragen des Lebens, die innere Zerrissenheit, um Abschied. Lindenberg klingt hier immer wieder traurig, resigniert und nachdenklich; mit den ewigen Happy Ends seiner bisherigen Karriere hat das wenig zu tun. Die neue innere Einkehr, das Ablegen der Kunstfigur, steht ihm gut. Dafür gebührt Udo Lindenberg volle Aufmerksamkeit – bevor der Vorhang womöglich endgültig fällt. (8.3/10) Ph. D.

Deftones: Gore (Warner)

Am 14. November hätten die Deftones eigentlich im Pariser Club Bataclan auftreten sollen. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Terroristen hatten am Vorabend, während eines Konzertes der Eagles Of Death Metal, ein Massaker angerichtet. Die US-Band um Mastermind Chino Marino war auch vor Ort; überlebte den Anschlag nur knapp. Jetzt, fünf Monate nach der Horrornacht und vier Jahre nach „Koi No Yokan“, veröffentlichen die Nu-Metal-Zerstreuer ein überzeugendes Comeback-Album, klassische Deftones-Dramaturgie inklusive. Einordnen lassen sich die elf Titel von „Gore“ eben nicht. Man spürt Wut, Angst, Verzweiflung und Enge, aber auch die unerschöpfliche positive Kraft der Musik; Sommerfestivals, In-der-Sonne-liegen, tanzen im Freibad. Merke: Nach dem Regen komm immer wieder der Sonnenschein. Auch bei den Deftones. (6.9/10) Ph. D.

Imarhan: Imarhan (City Slang)

Band der Stunde? Auf jeden Fall. Die algerische Band Imarhan verschmilzt auf ihrem selbstbetitelten Debüt trockene Gitarrenriffs, Pop-Melodien, panafrikanische Rhythmen mit traditionellen Tuareg-Klängen. Öffnet nicht nur die Ohren, sondern auch Herzen. (7.8/10) Ph. D.

Playlist:

Astronautalis: Cut The Body Loose (Cargo Records) Ernst Molden: schdrom (Monkey) Brian Eno: The Ship (Warp/Rough Trade) Heron: Oblivion (Sub Pop) The Ladies Of Too Slow To Disco (HDYA)

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.