Mit Reim, Charme und Melone: Jan Delay, Denyo und DJ Mad (v.l.n.r.) sind die Beginner.

Sie sind wieder da: Das Comeback der Beginner

Nach 13 Jahren feiert das Hamburger HipHop-Trio Beginner ein Comeback - musikalisch zwingend, aber politisch zurückhaltend.

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Ihrem Namen machen die Beginner inzwischen keine Ehre mehr. Die Rapper Jan Delay und Denyo, beide 39, sowie ihr Partner DJ Mad, 45, - eigentlich Jan Phillip Eißfeldt, Dennis Lisk und Guido Weiß - standen mit ihrer Band bereits Ende der 1990er-Jahre an vorderster Front, als deutschsprachiger HipHop aus der Subkultur in den Mainstream übersiedelte. Heute lassen die Beginner Journalisten an den Badestausee Forchtenstein bei Wiesen kutschieren, wo sie unter einem Baum entspannt vor ihrem Headliner-Konzert beim HipHop Open Austria Interviews geben.

Die Beginner - vormals: Absolute Beginner - verkörperten stets humorvollen, aufgeklärten Rap aus der Mittelschicht. Ihr zweites Album "Bambule“ (1998) war wegweisend für die HipHop-Szene, ihr hypnotischer Song "Liebes Lied“ eroberte die Charts. Zum Teenie-Tanz-Event "The Dome“ schickten sie Freunde in Fuchsmasken, die sich auf der Bühne als Beginner ausgaben. Wie verkrafteten die damals 20-Jährigen das plötzliche Popstar-Dasein? "Es war ein Schock, nicht mehr zu wissen, wer die richtigen Freunde waren, wer die falschen, und sehr viel Geld zu haben, nicht zu wissen, wie viel Steuern man zahlen muss“, sagt Rapper Denyo, der unter dem Rummel am meisten litt. "Der Erfolg hat die Beginner als Team eine Zeit lang geschwächt. Verstanden wir uns eigentlich noch? Ich war schlecht gelaunt, weil alles zu groß und zu viel war.“

Jan Delay erging es ähnlich. Als Frontmann war er die Zielscheibe des Hasses, der vor allem aus dem Straßenrap-Epizentrum Berlin über sie hereinbrach, als Rap aus Hamburg zu stark wurde. "Diese Zeit war nicht schön, aber das Gute war, dass es uns nicht umgehauen hat. Weil wir aus einer geilen Szene kommen, die immer schon kritisch mit Erfolg umging. Daher waren wir vorbereitet.“

Es ist viel effektiver, wenn innerhalb eines Songs, in dem sich alles darum dreht, wie cool du reimen kannst, plötzlich der Satz kommt:, Monsanto ist der Feind.‘ Die Kritik an dem US-Konzern und seinem gentechnisch mutierten Saatgut steht so viel mehr im Rampenlicht. (Denyo)

Als deutschsprachiger HipHop vor zehn Jahren auf die schiefe Bahn geriet und vorwiegend Sido, Bushido mit ihrem Gangster-Image den harten Ton vorgaben, startete Jan Delay seine Solokarriere. Auf vier Alben experimentierte er abwechselnd mit Reggae, Funk und Soul. "Hammer & Michel“ (2014), sein Versuch am Rock-Genre, fiel bei der Kritik durch, verkaufte sich aber passabel. Delay hält es für notwendig, zwischendurch Abstand zu gewinnen: "Eine Band ist wie eine Monokultur: Säe deinen Acker nicht öfter als dreimal mit der gleichen Saat, sonst werden die Böden unfruchtbar. Daher lassen wir sie immer wieder brachliegen, um neue Saat zu streuen.“

Denyo versuchte sich indes als Singer/Songwriter, TV- und Radio-Moderator, machte auf dem Album "Derbe“ (2015) Erfahrungen mit elektronischer Musik, konnte den Erfolg des Beginner-Albums "Blast Action Heroes“ (2003) aber bei Weitem nicht erreichen. DJ Mad legte in Clubs auf, sammelte Schnipsel und Rare Grooves für ein neues Beginner-Album, an dem 2010 die Arbeit aufgenommen wurde. Allerdings fehlte vorerst die Vision für große Beats und starke Texte.

Das neue Produktionsteam um Fiji Kris und Symbiz trimmte die Musik auf gegenwärtige Sounds - das mit Spannung erwartete vierte Studio-Album erscheint diese Woche. Der Titel "Advanced Chemistry“ ist eine Hommage an die gleichnamigen Rap-Pioniere aus Heidelberg, die mit "Fremd im eigenen Land“ 1992 einen politischen Klassiker schrieben, dessen Rassismuskritik aktuell wie nie erscheint. So wundert es ein wenig, dass die Beginner dagegen kaum klare Worte zum Rechtsruck in Deutschland und zur AFD gefunden haben. Jan Delay kontert: Klartext sei ihnen wichtig, man müsse nur näher hinhören. Aber: "Wir sind Entertainer, wir machen Kunst, die unterhalten soll. Wir bringen die klaren Worte lieber in Interviews oder auf der Bühne - wo sie angebracht, wo sie mehr wert sind, weil wir in dem Moment die Leute besser erreichen können“, sagt er: "Wenn wir in unserer Musik stumpfe Phrasen unterbringen, hören nur die hin, die das alles ohnehin schon wissen. Es geht darum, Leute zu erreichen, die vielleicht am Scheideweg stehen und politisch noch nicht überzeugt sind.“

Denyo schmuggelt politische Botschaften lieber im Trojanischen Pferd des Entertainment ein: "Es ist viel effektiver, wenn innerhalb eines Songs, in dem sich alles darum dreht, wie cool du reimen kannst, plötzlich der Satz kommt:, Monsanto ist der Feind.‘ Die Kritik an dem US-Konzern und seinem gentechnisch mutierten Saatgut steht so viel mehr im Rampenlicht.“ Auch mache es deutlich mehr Spaß, kreative Metaphern zu schreiben, musikalisch frei zu sein, erfinderisch zu unterhalten, ohne verbissenen politisch korrekten Anspruch.

Beim ersten Hören denkst du, dass wir Heimweh haben. Beim zehnten Mal checkst du, dass es ein politischer Song ist, in dem es um die Flüchtlingsdebatte, um AFD, CSU und die widersprüchliche Flüchtlingspolitik geht. (Denyo)

"Kein AFD-Wähler soll sich auf unser Konzert verirren, weil er nicht gerafft hat, dass wir gegen ihre Partei sind“, sekundiert DJ Mad. "Aber das wird nicht passieren, weil uns die Leute ohnehin links der Mitte verorten.“

Sind die Beginner in der Flüchtlingsthematik deshalb kaum konkret geworden? Denyo führt den Song "Nach Hause“ als Beispiel an, der - als finaler Höhepunkt des Albums - in poetischen Metaphern das Thema Migration berührt: "Zuerst habe ich versucht, aus der Perspektive eines Flüchtlings zu schildern, wie man nach Tausenden Kilometern Strapazen in einer Turnhalle leben muss, wieder nach Hause möchte. Das wurde mir dann aber zu schwierig. Man muss aufpassen - viele klappen schnell die Ohren zu und laufen weg, wenn es zu kompliziert wird.“ Auch Jan Delay sieht das so: "Mich interessiert ein politischer Song nicht, wenn er nicht extrem gut gemacht ist.“ Im Fall von "Nach Hause“ sei dies erfüllt, meint Denyo: "Beim ersten Hören denkst du, dass wir Heimweh haben. Beim zehnten Mal checkst du, dass es ein politischer Song ist, in dem es um die Flüchtlingsdebatte, um AFD, CSU und die widersprüchliche Flüchtlingspolitik geht. Ich finde es schöner, wenn du einen Song erst tiefer erfassen musst, ehe du verstehst, wie er gemeint ist.“

Das Interview am Badesee ist zu Ende, und die Beginner zeigen auf dem Festivalgelände Wiesen, was sie immer noch am besten können: unterhalten.