Rainer Nikowitz: Schneckenrennen

Rainer Nikowitz: Schneckenrennen

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profil: Herr Khol, Sie haben jüngst in einem Interview in der Zeitschrift „Biber“ einen Mindestlohn von stolzen 2400 Euro netto gefordert. Das kommt doch etwas überraschend, finden Sie nicht? Khol: Nur, wenn man meine bisherige Politkarriere nicht verfolgt hat.

profil: Wie darf ich das verstehen? Khol: Schauen Sie: Früher war ich ja zum Beispiel auch für Wolfgang Schüssels Pensionsreform. Ja, sie ist mir sogar nicht einmal weit genug gegangen. Allerdings nur so lange, bis ich Obmann des Seniorenbunds geworden bin. Ziemlich genau ab dann konnte mir keine Pensionserhöhung hoch genug sein. Und kein Versuch, Frühpensionierungen einzudämmen, verwerflich genug.

profil: Soll das etwa heißen, Sie sind einfach nur ein grauslicher Opportunist? Khol: Was unterstehen Sie sich, mich dermaßen anzupatzen? Unerhörte linkslinke Propaganda ist das! Ich bevorzuge den Begriff „situationselastisch“. Der stammt zwar von einem roten Gfries, gefällt mir aber trotzdem recht gut. Und ich meine, ehrlich jetzt: Schauen Sie sich einmal meine Umfragewerte an.

profil: Ja. Sie sind völlig unverständlicherweise Letzter. Khol: Und das trotz griffiger Slogans wie „Nächstenliebe statt Fernstenliebe“! Da ist ja wohl klar, dass ich forderungstechnisch ein bissl nachlegen muss. Hofer: Das ist ja völlig unglaubwürdig, dass Sie als Kandidat des Establishments plötzlich so gegen die Landnahme durch muslimische Invasoren wettern. Das kann ich nun wirklich besser. Aber was soll einen schon groß wundern, bei einem Notnagel-Kandidaten.

profil: Nun, Sie sind ja wohl auch ein Notnagel. Und was die Sache bei Ihnen noch schlimmer macht: Sie sind der Ersatz für Ursula Stenzel. Das wäre in etwa so, als würde ein Schauspieler eine Rolle nur bekommen, weil Albert Fortell leider abgesagt hat. Hofer: Albert Fortell ist bitteschön ein ebenso großartiger Künstler wie Ursula Stenzel eine großartige Politikerin ist!

profil: Sag ich ja. Hofer: Ach so … Na dann ist es ja gut.

Van der Bellen: „Wenn ich mich nicht von Glawischnig distanziere, kann ich mir die Stichwahl gleich aufzeichnen.“

profil: Generell scheint es eher schwierig zu werden, mit dieser Wahl irgendjemanden hinter dem Ofen hervorzulocken: Zwei Notnägel, dazu die anderen Kandidaten, die nur aus Parteidisziplin und nicht aus Überzeugung antreten … Van der Bellen: Das stimmt nicht! Ich zum Beispiel bin kein Kandidat der Grünen, sondern unabhängig.

profil: Ja. Eh. Van der Bellen: Ich muss darauf bestehen, dass das auch ausnahmslos so berichtet wird! Weil wenn ich mich nicht von Eva Glawischnig distanziere, kann ich mir die Stichwahl gleich aufzeichnen. Hundstorfer: Und ich will bitteschön überhaupt nichts lieber, als Bundespräsident werden.

profil: Außer vielleicht Sozialminister bleiben. Hundstorfer: Aber das bin ich ja nun nicht mehr. Also hab ich jetzt nur mehr die Wahl zwischen Bundespräsident und Pensionist. Da ist mir Bundespräsident lieber.

profil: Ich habe selten ein dermaßen überzeugendes Bekenntnis zu einem Amt gehört. Griss: Ja, und was ist mir mir? Ich bin die Einzige, die wirklich will.

profil: Ja, stimmt. Aber warum eigentlich? Griss: Weil ich den starken Impuls verspüre, meinem Land etwas zurückgeben zu müssen. Hofer: Dann geben Sie doch einfach die Hälfte Ihrer Luxuspension zurück, und wir reden nimmer drüber. Griss: Noch so eine Frechheit und ich bin die Nächste, die Herrn Strache nicht als Bundeskanzler angelobt. Van der Bellen: He! Das ist mein Alleinstellungsmerkmal! Hundstorfer: Also, ich wollte es ja eigentlich nicht verraten, weil es die SPÖ-Wähler mit der Abgrenzung zur FPÖ ja nicht mehr unbedingt so genau nehmen, aber … Ich tät’s auch nicht. Hofer: Ich kann Sie alle miteinander beruhigen. Sie brauchen das eh nicht. Das mach ich schon selber. Khol: Darf ich endlich auch wieder einmal etwas sagen?

profil: Bitte. Khol: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

profil: Aha. Und was wollen Sie uns damit sagen? Khol: Dass ich Latein kann. Hofer: Damit haben auch Sie endgültig die Chance auf irgendeine blaue Stimme verspielt.

profil: Thomas Klestil hat zumindest versucht, ein „aktiver“ Präsident sein, Heinz Fischer hat es dann eher wieder klassisch angelegt. Welche Art Präsident wären denn Sie? Hundstorfer: Ein voll netter. Khol: Einer, zu dem man aufschauen müsste. Van der Bellen: Ein entschleunigter. Hofer: Einer wie keiner. Griss: Eine für alle. Hundstorfer: Mist! Des hätt i sagen sollen.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort