Rainer Nikowitz: An meine Völker!

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Rainer Nikowitz: An meine Völker!

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Lassen Sie mich, bevor ich Ihre Frage beantworte – die mich im Übrigen Nüsse interessiert, weil jetzt nämlich endlich bald Ordnung herrschen wird in den Redaktionsstuben und mir dann der rot-grün versiffte ORF nur mehr Fragen stellt, die ich vorher genehmigt habe –, zuerst einmal meinen Völkern danken, über die ich jetzt herrsche. Oder besser gesagt: einem von beiden, nämlich dem richtigen. Also klarerweise dem, das mich gewählt hat. Das andere ist zwar leider auch noch da, wird aber, wenn ich Facebook richtig lese, ohnehin demnächst auswandern. Nun ja: Reisende soll man nicht aufhalten, sag ich immer. Außer natürlich, sie wollen zu uns, höhö!

Ohne meine zahllosen freiwilligen Wahlhelfer wäre dieser Triumph des gesunden Menschenverstandes aber natürlich nicht möglich gewesen. Sie haben sicherlich mit ihren Bemühungen den letzten, den möglicherweise entscheidenden Impuls zu diesem Sieg geliefert, der zwar knapp war, aber im Endeffekt dennoch so absolut sein wird wie noch keiner vor ihm, das kann ich Ihnen versprechen, aber hallo! Und ich hatte so überwältigend viele Helfer, da weiß ich ja fast gar nicht, mit wem ich anfangen soll.

Man kann als national Gesinnter nur glücklich sein, so einen an der Spitze in Brüssel zu haben.

Vielleicht einmal, ganz entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten, mit meinen lieben ausländischen Unterstützern. Jean-Claude Juncker zum Beispiel, dem „lecken Lux“, wie wir ihn auf unserer Bude zwischen zwei Mensuren manchmal scherzhaft nennen, kann ich zum Beispiel gar nicht genug danken! Drei Tage vor der Wahl wirft er noch einmal sein ganzes sympathisches Gewicht in die Waagschale und sagt, er mag mich und die FPÖ so überhaupt nicht – und dass er zwar weiß, dass die Österreicher das nicht gern hören, aber dass ihm das scheißegal ist! Das ist schon die ganz hohe Schule. Da merkt man halt gleich, was für ein taktisch kluges Kerlchen der Johann-Klaus nicht ist. Man kann als national Gesinnter nur glücklich sein, so einen an der Spitze in Brüssel zu haben.

Auch Martin Schulz und Sigmar Gabriel haben mit ihren vor Bedeutung bebenden warnenden Worten sehr geholfen. Aber wenn wir schon bei unseren deutschen Brüdern und Schwestern sind, muss ich natürlich vor allem Angela Merkel vor den Vorhang holen. Als sie damals ihren historisch vermutlich bedeutendsten Satz gesagt hat, haben wir in der Parteizentrale ein paar Flascherln geköpft und ihn in immer lauter werdenden Sprechchören ständig wiederholt: „Wir schaffen das!“ Und wie man heute sieht: Es hat gestimmt.

Weiters möchte ich nicht vergessen, ein Land zu rühmen, dessen Fähigkeit, die Dinge auf unserem Kontinent in die richtige Richung zu lenken, bisher viel zu wenig gewürdigt wurde. Also sende ich ein kräftiges „Jamas!“ nach Griechenland! Dem Land der vergemeinschafteten Schulden und des bewundernswert reibungslosen Migranten-Weitertransports – wenn schon zum Glück nicht Schengen-Grenzschutzes. Also eines sag ich Ihnen: Ich bin wirklich der Letzte, der behaupten würde, dass die dort unten gar nichts auf die Reihe kriegen.

Wie? Unterbrechen Sie mich gefälligst nicht, Sie demnächst arbeitsloser Lügenpressler! Und wenn schon, dann rollen Sie dabei wenigstens antifaschistisch frontkämpferisch die Augen wie ihre heldenhafte Kollegin Thurnher, damit ich auch was davon habe. Lassen Sie mir die Ingrid übrigens ganz lieb grüßen. Ich lass ihr dann eh auch noch einen Kornblumenstrauß zukommen, als Dank für ihren nicht genug zu würdigenden Einsatz.

Und jetzt muss ich mich selber ein klein wenig korrigieren … aber gut, ich bin auch der Einzige, der das darf.

Und somit möchte ich jetzt also zu dem Teil der Welt kommen, in dem ich am liebsten bin und den ich in den kommenden sechs Jahren sicherlich auch nicht allzu oft verlassen werde – außer vielleicht für Freundschaftsbesuche in Russland, Ungarn oder Polen: dem Inland! Und jetzt muss ich mich selber ein klein wenig korrigieren … aber gut, ich bin auch der Einzige, der das darf. Ich muss nämlich auch dem anderen meiner Völker, also dem, das mich nicht gewählt hat, sehr herzlich danken. Zumindest dem ganz progressiven Teil von ihm, den linken Gscheiterln. Denen, die es schon für Politik halten, auf jeden, der nicht ganz genau ihre reine Lehre vertritt, mit dem Finger zu zeigen und zu schreien: „Wäääh, ein gschissener Rechter!“ Wenn sie ganz großzügig sind, streuen sie vielleicht noch eine Prise gönnerhaft erzieherischen Paternalismus dazu. Und damit betrachten sie dann auch gleich jedes zugrundeliegende Problem als gelöst.

Ihnen rufe ich zu: Macht bitte genau so weiter! Dann kann ich nämlich ganz bald den HC angeloben – und aus der EU austreten. Und alle, die auch nur im Entferntesten im Verdacht stehen, nicht auf unserer Seite zu sein, werden wir dann … Na ja, das sag ich jetzt lieber doch nicht. Noch nicht. Jedenfalls: Dann werdet ihr euch erst richtig wundern!

So, und jetzt zurück zu Ihnen, Sie Olm. Was war noch einmal Ihre Frage? Ach, wissen Sie was? Mir doch wurscht!

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort