Rainer Nikowitz: Die waren’s!

Rainer Nikowitz: Die waren’s!

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Wie sich die FPÖ als Siegerin aufgeführt hätte, das mochte eine einigermaßen deutliche Mehrheit dann doch nicht so genau wissen. Also durften wir ersatzhalber bewundern, wie elegant die Blauen mit einer Niederlage umgehen – und wurden nicht enttäuscht. Schuld sind nämlich – und das kommt jetzt angesichts der Partei der Vielschichtigkeit und Differenziertheit doch überraschend – alle anderen. Das „Sysdähm“, wie HC Strache zu sagen pflegt. Dort sind sie alle dabei, diese Schweinepriester. Aber sicher keiner, der quasi sein gesamtes Erwerbsleben über Berufspolitiker war und karge 15.000 Euro verdient – womit sich zum Beispiel transporttechnisch gerade noch ein Rasentraktor und ein Postlermoped daheim in Pinkafeld ausgehen. Ich meine, wer von uns Anti-Establishmentlern kennt das nicht?

Das Sysdähm. Alle gegen einen. Genau so war es natürlich. Und dann trotz der widrigsten Umstände dieses in Wirklichkeit sensationelle Ergebnis! Der Kandidat der Grünen, also der laut jüngsten Umfragen mit zwölf Prozent mit Abstand größten Parlamentspartei, brachte es gerade einmal zum vorletzten Platz. Lachhaft! Wohingegen es die Kleinstpartei FPÖ mit ihren 35 Prozent wieder einmal allen zeigte und hervorragender Zweiter wurde. Und berichtet das vielleicht der ORF so? Ha? Natürlich nicht. Auch Sysdähm.

Im Besonderen war aber offenbar die ÖVP an allem schuld.

Weiters muss man, es hat ja keinen Sinn, da irgendwas zu beschönigen, die himmelschreiende Dummheit vieler Wähler beklagen. Die Partei selbst hielt sich diesbezüglich zurück, da könnte man als FPÖ schließlich schnell auf doch etwas dünnes Eis geraten. Also übernahmen das die blauen Facebook-Sturmtruppen. Die waren zwar anfänglich sehr damit beschäftigt, den nächsten Wahlbetrug aufzudecken, weil es ja auch wirklich sauschwer ist, ein Detailergebnis von einer Hochrechnung zu unterscheiden. Unglaublich, was sich das Sysdähm da wieder geleistet hat! Aber nachdem das geklärt war, konnte man sich allgemeineren philosophischen Betrachtungen widmen, schließlich kennt man die Facebook-Portale der FPÖ als Hort der hochgeistigen Auseinandersetzung, quasi als digitale Wiederauflage der altgriechischen Agora. Die Ergebnisse der dort abgehaltenen Nachwahlanalyse sind denn auch am ehesten so zu subsummieren: „Ollas Trotteln! Außer mir.“

Im Besonderen war aber offenbar die ÖVP an allem schuld. Aber nicht etwa durch die unverlangte Heranschmeißung von Reinhold „McCarthy“ Lopatka. Den hat nämlich keiner durchschaut. Weder der darob sogar noch geschmeichelte Kandidat selbst, noch Reinhold Mitterlehner. Aber Lopi, in Negative Campaigning geschult wie kaum ein anderer, wusste natürlich genau, was für eine ungeheuer Dicke Berta er mit seinem öffentlichen Eintreten für den Nobby im blauen Vorgarten platziert hatte. Die Schläge kassierte dann sein Obmann. Der ja, wie vom nunmehrigen blauen Subhäuptling „Geweckter Bär“ aufgedeckt, im Nebenberuf Selbstmordattentäter ist – weil er lieber den linken Atheisten unterstützte. Stilsicher, das. Man freut sich richtig mit Hofer, dass er jetzt, endlich von der Last befreit, krampfhaft sympathisch wirken zu müssen, wieder ganz er selber sein kann. Reden darf, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und beweisen kann, dass er das richtige Format für vielerlei politische Positionen in diesem Land hat. Zuvorderst wäre hier wohl Obmann-Stellvertreter der FPÖ-Bezirksgruppe Oberwart zu nennen.

Auf gar keinen Fall schuld am Wahlergebnis waren, in zufälliger Reihenfolge: Paranoia, NLP, Sowjetspionage, Naziväter, Fakenews und Hasspostings.

Der zweite Schwarze, der sein Fett wegbekam, war interessanterweise Sebastian Kurz. Der hatte nämlich eigentlich nicht wirklich etwas angestellt, außer in einem Interview zu sagen, dass er schon vorher auf einen Sieg Van der Bellens getippt und Freunden sogar geraten habe, Geld darauf zu setzen. Wieso schon das so verwerflich ist, dass Strache den Mann, dem eine gewisse Schwäche für die schwarz-blaue Option nach der nächsten Nationalratswahl nachgesagt wird, auf Facebook zum Abschuss freigab, darüber kann man nur mutmaßen. Möglicherweise in der Reihenfolge der Farben, die Kurz dabei bevorzugen würde. Oft einmal braucht’s nicht viel. Auf gar keinen Fall schuld am Wahlergebnis waren, in zufälliger Reihenfolge: Paranoia, NLP, Sowjetspionage, Naziväter, Fakenews und Hasspostings. Das braucht man nämlich alles, wenn man sich in der Mitte des politischen Spektrums angekommen wähnt.

Und natürlich auch nicht schuld war die von der FPÖ selbst angezettelte Wahlwiederholung. Denn die war ja schließlich ein Dienst an der Demokratie, durchgeführt mit reinstem Herzen und lautersten Absichten. Und wenn jemand jetzt auch noch finden sollte, dass die bei den Blauen offenbar gewälzten Pläne, sich ihre durch die Wiederholung gestiegenen Wahlkampfkosten – die Rede ist von sechs Millionen Euro – auf dem Klagsweg von den Steuerzahlern zurückzuholen, ein weiteres schönes Beispiel dafür sind, wie originell man in dieser Partei den Begriff „Anstand“ definiert, dann ist das bitteschön wieder einmal übelste Hetze. Vom Sysdähm.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort