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Ein Wahnsinn, das Ganze!

Guten Morgen!

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Da geht einem das G’impfte auf. Testen vergurkt, Impfstart verschlafen, und dann noch auf den falschen Impfstoff gesetzt. Und überhaupt: Erst kommt der Hammer, dann der Tanz, haben sie gesagt. Will heißen: Nach dem Lockdown-Hammer gibt es wieder ordentlich Bewegung am öffentlichen Parkett, bis zum nächsten Hammer. Aber diese Ziehharmonika-Vorstellung aus softem, hartem und dann wieder halbhartem Lockdown, dazu angekündigten Öffnungen, die dann nicht stattfinden, führt nur dazu, dass die Leut‘ machen, was sie wollen.

Wer kennt sich bei diesem Quetschn-Tanz noch aus?! Schwer, der Regierung noch irgendetwas glauben, wenn der Testzwang erst hinter einem „Freitesten“ versteckt werden soll, dann aber eh nicht kommt, weil schlecht vorbereitet. Es wird keinen Impfzwang geben? Wer’s glaubt, die Hintertür steht bereits sperrangelweit offen. Man kann es nur so sagen: Wenn jemand das Land derzeit regiert, dann die Willkür.

Selten gingen solch kritische Zeilen über die Regierenden leichter von der Hand, selten hingen die Likes dafür tiefer. Und genau das ist das Problem an Kritik in Zeiten von Corona. Denn in der Pandemie kann kein Politiker der Welt alles richtigmachen, nur manches besser und manches schlechter. Journalistische Kritik war selten so unbefriedigend, weil das mulmige Gefühl bleibt, es selbst vielleicht nicht unbedingt viel besser hinzubekommen. Es gibt keine Blaupausen für diese Jahrhundert-Pandemien. Entsprechend vorläufig bis widersprüchlich fällt dadurch auch so manch journalistischer Schnellschuss aus.

In den Seilen hängen Volk, Politiker und Journalisten längst gemeinsam, während das Virus fröhlich vor sich hin mutiert und die Geduld auch der besonnensten Zeitgenossen strapaziert.

Fair gegenüber der Politik zu bleiben, den feinen Unterschied zu finden zwischen billiger Polemik und gebotener Kritik, das ist besonders jetzt die zentrale Herausforderung und auch Verantwortung von gutem Journalismus.

Dem hat sich die aktuelle Cover-Story rund ums Impfen verschrieben, die ein Team quer durch alle Ressorts verfasst hat. Wer ist schuld am zögerlichen Impfstart und warum war Dänemark schneller? Hat Europa auf den falschen Impfstoff gesetzt oder wird die Strategie am Ende goldrichtig sein? Heißt geimpft auch automatisch nicht ansteckend? Wir geben Antwort.

Saubermann und schmutzige Geschäfte

Nicht in den Seilen hängt Marathon-Mann Martin Kocher, der als Arbeitsminister frisch an den Start gegangen ist. Er wirkt top motiviert. Aber ist er auch als Politiker geeignet? Welchen früheren Überzeugungen er in der Krise über Bord werfen muss, an welche Grenzen der auf saubere Fakten versessene Verhaltensökonom stoßen könnte, wenn sein neues Geschäft Politik so richtig schmutzig wird und was Hermann Maier mit seiner Karriere zu tun hat, lesen Sie ebenfalls im aktuellen Heft.

Bleiben Sie kritisch, und fair.

Ihr

Clemens Neuhold

PS: Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen.

Clemens   Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.