Richard Lugner: "Die Roten oder die Schwarzen mit den anderen“

Richard Lugner, Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl, beklagt sich gerne, dass er nie über Politik reden darf. profil unternahm einen Versuch.

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INTERVIEW: ROSEMARIE SCHWAIGER

profil: Warum wollen Sie Bundespräsident werden? Richard Lugner: Ich wollte nie wieder politisch etwas machen. Dann hat mich eine Tageszeitung angerufen und gesagt: "Herr Lugner, es gibt Leute, die Sie wählen wollen.“ Ich habe darauf gesagt: "Ich will aber nicht mehr.“

profil: Die Zeitung war "Österreich“. Lugner: Ja. Meine Frau hat mich überzeugt, dass ich doch antrete und dass man was tun muss. Wir haben in Österreich eine Zweiparteiendiktatur. Die können miteinander nicht. Und weil sie immer mehr Stimmen verlieren, machen sie immer mehr ideologische Parteipolitik.

profil: Welche Regierung hätten Sie gerne? Lugner: Die Roten mit den anderen oder die Schwarzen mit den anderen, das ist egal.

profil: Mit den anderen meinen Sie die FPÖ? Lugner: Wenn man nach der derzeitigen Umfragesituation geht, wird man es mit den Blauen machen müssen.

Ich hab in meinem Leben schon viele verschiedene Parteien gewählt. Und ich kann nicht sagen, dass der Strache zu meinen Freunden zählt.

profil: Der Bundespräsident kann sich die Regierung nicht einfach aussuchen. Lugner: Aber der Bundespräsident führt Sondierungsgespräche. Und da wird man sicher auch den Herrn Faymann überzeugen müssen, dass er sich dem Zug der Zeit stellen und akzeptieren muss, dass die Blauen viele Stimmen haben. Heute habe ich in der Zeitung mit Staunen gesehen, dass der Faymann mit dem Niessl, den er so kritisiert hat, und dem Doskozil beim Fußball-Länderspiel war. Das deutet schon darauf hin, dass er vielleicht seine Meinung ändert, genauso wie bei den Zäunen an der Grenze.

profil: Wählen Sie selbst FPÖ? Lugner: Ich hab in meinem Leben schon viele verschiedene Parteien gewählt. Und ich kann nicht sagen, dass der Strache zu meinen Freunden zählt. Die FPÖ hat mich jetzt wegen einer Wahlveranstaltung sogar geklagt.

profil: Derzeit wird viel über die Höhe von Sozialleistungen debattiert. Welche Position haben Sie? Lugner: Ich glaube, dass man die riesigen Lohnnebenkosten reduzieren sollte. Diese soziale Hängematte wird von vielen ausgenützt. Oder nehmen Sie die Pensionen: Da hat die Schüssel-Regierung eine Reform gemacht, damit man weniger Geld bekommt, wenn man früher in Pension geht. Daraufhin wird dann die Hackler-Regelung erfunden, damit wieder alle früher gehen können. Jetzt wollte man wieder eine Pensionsreform machen, und es ist nix passiert.

profil: Soll die Mindestsicherung gekürzt werden? Lugner: Für die Ausländer ja. Sonst nein.

Die Regierung macht momentan gar nichts außer streiten. Man muss doch auch einmal an die Zukunft des Landes denken und sich trauen, den Gürtel enger zu schnallen.

profil: Wenn wir jetzt in Ihr Einkaufszentrum gingen, würden wir viele Zuwanderer treffen, die nur bei Ihnen einkaufen können, weil sie Mindestsicherung bekommen. Lugner: Das Problem ist, dass wir momentan eine hohe Arbeitslosigkeit haben und davon nicht wegkommen. Seit 2008 haben wir diesen Einbruch in der Beschäftigung, und da muss man sich was einfallen lassen. Eine Ursache ist, abgesehen von der Bankenkrise in Amerika, dass heute die Chinesen und andere mit Hungerlöhnen und Kinder- und Sklavenarbeit billiger produzieren. Wir kaufen das, und dadurch gehen bei uns Arbeitsplätze verloren.

profil: Was sollte die Regierung dagegen tun? Lugner: Die Regierung macht momentan gar nichts außer streiten. Man muss doch auch einmal an die Zukunft des Landes denken und sich trauen, den Gürtel enger zu schnallen. Österreichische Firmen lagern nach Ungarn und in andere Nachbarländer aus, weil dort die Löhne billiger sind. Das muss man verhindern. Oder nehmen wir TTIP: Da kriegen wir Gen-Gemüse und Gen-Fleisch. Und das Ganze wird geheim in Brüssel verhandelt. Aber die Politik ist nur auf Stimmenmaximierung aus und denkt nicht wirtschaftlich. Deshalb brauchen wir einen unabhängigen Bundespräsidenten, der auch etwas von Wirtschaft versteht.

profil: Glauben Sie, dass man ein Land wie ein Unternehmen führen kann? Lugner: Das kann man sicher nicht. Aber der Bundespräsident kann eine Regierung ins Amt setzen und mit den Parteien ein Regierungsprogramm ausarbeiten. Falls ich gewählt werde, bin ich am 8. Juli im Amt. Dann würde ich mir die zwei derzeitigen Regierungschefs herholen und ihnen sagen: Bitte hört auf zu streiten und regiert das Land.

profil: Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner würden wahrscheinlich nicht auf Sie hören. Lugner: Der Bundespräsident hat die Macht, die Regierung zu entlassen.

profil: Und wie würde es nachher weitergehen? Lugner: Dann wird man versuchen, eine neue Regierung zu bilden. Aber das muss man halt vorher sondieren.

profil: Was hätten Sie als Bundespräsident in der Flüchtlingskrise gemacht? Lugner: Ich wäre nicht hinter der Tapetentür sitzen geblieben wie Heinz Fischer, sondern hätte die Schengen-Länder bereist und mit den Politikern dort gesprochen. Immerhin haben alle Schengen-Länder Militär, das gegen feindliche Angriffe eingesetzt werden kann.

profil: Es war aber kein feindlicher Angriff, es waren Menschen auf der Flucht. Lugner: Na eben. Da frag ich mich, wie es sein kann, dass Hunderttausende Flüchtlinge einfach über die Grenze kommen. Es wäre ja nur darum gegangen, die Schengen-Grenzen zu sichern.

Ich war zu Kriegsende zwölf Jahre alt, ein Sitzenbleiber aus meiner Klasse war schon beim Volkssturm. Das war keine lustige Zeit.

profil: Und was ist mit dem Asylrecht? Lugner: Die Genfer Konvention und die Menschenrechtskonvention muss man einhalten. Da bin ich auch nicht der Meinung der Regierung, dass man irgendwelche Höchstgrenzen einführt. Die Flüchtlinge sollen an der Außengrenze um Asyl ansuchen. Es war nicht richtig, die Leute zügeweise durch Österreich zu transportieren. Da verstehe ich die Deutschen, dass sie sich aufregen. Wenn wir jetzt lauter Zäune und technische Sperren errichten, zerbricht das EU-Konzept. Das würde ich als schlimm empfinden.

profil: Sie sind EU-Fan? Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Lugner: Es ist keine Frage, dass die EU ein bürokratischer Moloch ist. Aber eine Zeit, wo in Europa 70 Jahre Frieden war, hat es noch nie gegeben. Ich war zu Kriegsende zwölf Jahre alt, ein Sitzenbleiber aus meiner Klasse war schon beim Volkssturm. Das war keine lustige Zeit. Ein paar Tage, bevor die Russen in Wien einmarschiert sind, sind meine Mutter, mein Bruder und ich mit dem letzten Zug aus Wien rausgefahren. Hinter uns haben sie die Tullner Donaubrücke gesprengt. Ich hatte echt Angst. Meinen Vater habe ich zum letzten Mal gesehen, als ich zehn war.

profil: Halten Sie Heinz Fischer für einen guten Bundespräsidenten? Lugner: Im Prinzip schon. Nur die echte Unabhängigkeit geht mir bei ihm ab.

profil: In den nächsten Tagen wird Heinz Fischer nach Moskau fliegen und dort Wladimir Putin treffen. Nehmen Sie es mir übel, wenn ich mir Richard Lugner bei so einem Staatsbesuch nicht vorstellen kann? Lugner: Warum nicht? Der Bundespräsident hat ein großes Büro, wo ihm alles aufbereitet wird. Mit dem Wissen im Hintergrund kann man sicher Gespräche führen. Als Unternehmer macht man das auch.

profil: Kennen Sie einen der jetzt aktiven Politiker persönlich? Lugner: Momentan wenige. Mit dem Einkaufszentrum ergibt sich das nicht. Aber einer meiner Schulkollegen war der Karl Blecha. Wir waren ein Jahr lang gemeinsam am Semmering in der Mittelschule.

profil: Haben Sie noch Kontakt? Lugner: Nicht intensiv. Aber früher waren wir sehr befreundet.

profil: Macht Ihnen der Wahlkampf eigentlich Spaß? Lugner: Ich bin jemand, dem Erfolg Spaß macht.

profil: Im Moment sind Sie in allen Umfragen weit abgeschlagen. Welches Wahlergebnis wäre ein Erfolg für Sie? Lugner: Wenn ich nicht Letzter werde.

Rosemarie Schwaiger