#brodnig: Ihr Handy, bitte

Wieso es keineswegs harmlos ist, wenn ein Grenzbeamter das Smartphone durchsuchen will.

Drucken

Schriftgröße

Krass: Ein Ingenieur der NASA wurde neulich bei der Einreise in die USA festgehalten und durfte erst den Flughafen verlassen, als er dem Grenzschutzbeamten den Code für sein Handy gab. Daraufhin wurde sein Smartphone (das der NASA gehört) vom Beamten durchsucht.

Der Betroffene, Sidd Bikkannavar, ist amerikanischer Staatsbürger mit indischen Vorfahren und arbeitet für die Raumfahrtbehörde an hochkomplexer Teleskop-Technologie (die wahrscheinlich kaum jemand außer ihm versteht). Eigentlich wird Bikkannavar als "low-risk traveler", also als unverdächtiger Reisender, eingestuft. Auch hat er keines der muslimischen Länder besucht, die der (aktuell von Gerichten aufgehobene) US-Einreisestopp betrifft. Es ist ein Mysterium, warum der NASA-Techniker festgehalten wurde. Der Fall hat eine Debatte losgetreten: Offensichtlich können US-Grenzbeamte schon seit Jahren Einreisende zwingen, ihren Handycode herauszugeben und das Smartphone durchleuchten zu lassen. Die Logik dahinter: Wenn der Beamte Koffer durchsuchen darf, warum nicht auch elektrische Geräte?

Wenn ich das nächste Mal in die USA fliege, werde ich vorher meine Facebook-und Twitter-App löschen.

Der Vergleich hinkt: Das Handy ist ein viel persönlicheres Gerät. Man speichert dort nicht nur die Infos ab, die man für zwei Wochen im Ausland braucht. Die privatesten SMS sind darauf zu finden neben Fotos, die Wildfremde nicht sehen müssen. Jeder von uns hat etwas zu verbergen - und seien es nur die Fotos vom grausigen Ausschlag am Popo, die man dem Arzt einmal zeigen wollte. Ohne richterlichen Befehl sollten wir solche Informationen nicht offenlegen müssen.

Die "New York Times" rät nun, mit so wenig wie möglich Daten in die USA einzureisen. Wenn ich das nächste Mal hinfliege, werde ich vorher meine Facebook-und Twitter-App löschen: Nicht weil sie große Geheimnisse bergen, sondern weil das Fremde einfach nichts angeht. Doch bereits solche Überlegungen zeigen die Gefahr der Überwachung: Dass sich selbst unbescholtene Bürger vom Staat wie Verbrecher beobachtet fühlen.

Wie denken Sie darüber? Schreiben Sie mir unter [email protected], facebook.com/brodnig, twitter.com/brodnig

Dieser Artikel stammt aus dem profil Nr. 8 vom 27.2.2017. Das aktuelle profil können Sie im Handel oder als E-Paper erwerben.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.