Ernährungs- und Esskulturwissenschafterin Hanni Rützler

"Sind Vegetarier die besseren Menschen?"

Ein Interview mit der Ernährungswissenschafterin Hanni Rützler

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Dreieinhalb Fragen an: Hanni Rützler, Ernährungs- und Esskulturwissenschafterin, Veranstalterin des "Future of Meat Forum" in Wien (3. bis 5. November, Details und Anmeldung unter: futurefoodstudio.at). Bei dem Symposium wird in verschiedenen Disziplinen über den Schnitzeltellerrand geblickt und über die Zukunft des Fleischkonsums nachgedacht. Ginge es auch anders? Ohne? Besser?

profil: Fleischkonsum hat ziemlich viele Nachteile - für die Umwelt, für die Gesundheit, für Milliarden von Tieren. Sind Vegetarier die besseren Menschen? Rützler: Nein, man ist kein besserer Mensch, wenn man nur Gemüse isst. Verantwortung für Gesundheit, Um-und Tierwelt kann man auch als Fleischesser übernehmen.

profil: Warum ist dem Menschen (in Österreich) Fleisch überhaupt so wichtig? Reine Gewohnheit? Rützler: Für Allesesser ist ein mäßiger Fleischkonsum ernährungsphysiologisch sinnvoll. Für die Mehrheit der Bevölkerung war Fleisch aber jahrhundertelang etwas Besonderes, Edles, Wertvolles und Teures. Braten und Schnitzel gab's, wenn überhaupt, oft nur an Sonn-und Feiertagen. Im Zuge der Globalisierung, an deren vorderster Front -beginnend in den USA - pikanterweise die Fleischbranche stand, wurden Fleischprodukte immer billiger und daher auch für weite Bevölkerungskreise leistbar. In der Folge haben wir uns sehr schnell daran gewöhnt, täglich Wurst und Fleisch zu essen. Fleischessen ist von einem Statussymbol zur Gewohnheit geworden.

profil: Und gutes Gewissen beim Fleischkonsum ist zum Luxusgut geworden. Oder geht es auch ohne handgestreichelte Bioware zum Apothekerpreis? Rützler: Für eine artgerechte Haltung müssen Tiere nicht gestreichelt werden. Und auch bei nicht lebenden Konsumgütern sind handwerklich hergestellte Produkte meist wesentlich teurer als industriell gefertigte. Bei tierischen Produkten - sprich: Fleisch - ist das nicht anders. Es gibt halt kein Menschenrecht auf täglich Schnitzel am Teller. Die Entscheidung, wie viel und welches Fleisch man isst, muss jeder für sich selbst treffen. Meine persönliche lautet: Ich esse wenig Fleisch und fast nur mehr Bioware.