CETA: Feindbild Freihandel

Gegner des Freihandels stellen auch den Binnenmarkt – die Grundfeste der EU - in Frage.

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Das Einlenken der Wallonie macht den Weg zum Freihandelsabkommen der EU mit Kanada frei. Im anderen Fall hätte eine schwere Blamage für die EU gedroht. Wenn sie nicht einmal mehr ein Abkommen mit einem – bei den meisten Standards - gleichwertigen Land wie Kanada schafft, dann würden in Zukunft andere Länder Normen für Freihandelsverträge setzen, etwa China oder Indien.

Freihandel ist auch die Grundbasis für die Europäische Union, den erst 1992 geschaffenen Binnenmarkt. Dafür mussten die bis dahin noch vorherrschenden protektionistischen Handelshürden überwunden werden. Und zwar mit gemeinsamen Vorschriften, die später Kritik an Überregulierung auslösen sollten: Britische Rasenmäher durften wegen ihres lauten Betriebsgeräusches nicht nach Frankreich importiert werden - also legte Brüssel Höchstwerte für die Lautstärke von Geräten fest. Italienische Traktorensitze waren für deutsche Landwirte zu schmal bemessen – also gab es eine Norm für die Größe der Sitze. Italienischer Panettone-Kuchen oder Energy-Drinks aus Österreich wurden in Frankreich als gesundheitsgefährlich eingestuft- also musste eine EU-weite Liste mit erlaubten Zusatzstoffen her.

Das alles war mühsam, aber erst durch diese 300 Richtlinien und Verordnungen wurde der Binnenmarkt tatsächlich funktionsfähig.

Die Angst vor Globalisierung richtete sich gegen CETA und TTIP

Jetzt gilt der Freihandel plötzlich als Hort des Bösen, der nur Konzernen diene. Da die EU in wichtigen Bereichen wie Jobs keine Rezepte vorlegen konnte, wuchs auch der Zweifel an gemeinsamen Zielen. EU-Politiker handelten lieber rein national. Logische Folge: Die Angst vor Globalisierung richtete sich gegen CETA und TTIP. Die Geheimniskrämerei bei den Verhandlungen zwischen der EU und den USA tat ein Übriges. Dabei besteht in manchen Bereichen – bei Schiedsgerichten, bei öffentlichen Dienstleistungen und manchen sozialen Regelungen – tatsächlich Grund zu Nachverhandlungen.

Aber wenn selbst Niederländer, die jahrhundertelang vom Freihandel profitierten, ein simples Abkommen mit der Ukraine per Volksentscheid ablehnen, dann fehlt der Grundkonsens für die Sinnhaftigkeit der EU, die im kommenden März 60 Jahre Römische Verträge feiert.

Eine Rückkehr zu Nationalstaaten löst dabei kein einziges der großen Probleme: Vom Klimawandel, Migration über Terrorismus bis zu fehlenden Arbeitsplätzen. Auch in Österreich wird jeder zweite Euro durch Exporte von Waren und Dienstleistungen verdient. Das lassen Populisten, die jetzt eine Rückkehr zu Grenzen und Protektionismus fordern, gerne unter den Tisch fallen. In Großbritannien kam es deshalb zum Sieg der Austritts-Befürworter.