Von Pauken und Kometen

Ein Kommentar von Sebastian Hofer.

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Kleine Vokabelkunde, Französisch (Unterstufe): déjà-vu. Wörtliche Übersetzung: "schon gesehen". Steht für: den Eindruck, ein Ereignis bereits einmal - oder mehrfach - erlebt zu haben. Psychiatrische Bezeichnung: qualitative Gedächtnisstörung. Live zu erleben: ungefähr einmal im Jahr, meistens im Herbst, im Bildungsministerium: Ein ÖVP-Staatssekretär, nennen wir ihn Harald M., trägt eine blaurotviolett schillernde Krawatte, strahlt eine SPÖ-Bildungsministerin an. Diese - die Erinnerung verschwimmt hier ein bisschen, die Namen wechseln - strahlt zurück, gemeinsam verkündet das Duo einen großen Wurf (franz.: coup de maître), also: eine Bildungsreform. Dem Publikum wird richtig warm ums Herz, es beginnt sogar vorsichtig an eine bessere Welt zu glauben -oder zumindest an eine Gesprächsbasis zwischen Rot und Schwarz -und fragt sich, wo zum Teufel es das schon einmal gesehen hat. Ach ja, genau. Vergangenen Herbst. Die blaurotviolett schillernde Krawatte. Bildungsreformen sind ja ein bisschen wie Kometen. In regelmäßigen Abständen huschen sie über den Nachthimmel, machen die Menschen ganz wurlert - und verschwinden dann in der unendlichen Schwärze. Letztere kündigt sich meistens mit einem farblosen Nebensatz an, der zum Beispiel so lautet: "Der Teufel steckt im Detail." Im aktuellen Fall erklärte das der Lehrervertreter Paul Kimberger (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst). Wann zum Teufel haben wir das schon mal gehört? Ach ja, genau. Merde.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur, ist seit 2020 Textchef dieses Magazins und zählt zum Kernteam von faktiv.