Achterbahnfahrt der Kamera und der Gefühle. Tom Holland als Spider-Man und Zendaya
Aufgedreht

"Spider-Man – No Way Home": Zusammen ist man weniger allein

Das neue Superhelden-Epos „Spider-Man – No Way Home“ ist der erfolgreichste Kinofilm seit Beginn der Pandemie. Unseren Autor wundert das nicht.

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Den Popstar von heute findet man immer seltener auf großen Bühnen vor, viel öfter schaut er müde durch die Selfie-Linse seiner Follower. So auch zu sehen in den ersten Minuten von „Spider-Man - No Way Home“, dem sehr gegenwärtigen neuen Superhelden-Film, der aktuell in den Kinos Rekorde bricht. Die Helden-Story geht so: Die wahre Identität des spinnenhaften Superhelden aus New York City wurde geoutet, während ein Krawall-Sender („The Daily Bugle“) mit Fake-News und Desinformation gegen den Spinnenmann agitiert. Für Peter Parker (dargestellt von dem 25-jährigen Briten Tom Holland), wie der High-School-Junge von nebenan in den Comics heißt, ist die Demaskierung eine Katastrophe; ein Superheld ohne geheime Identität, ohne Maske und Rückzugsort? Undenkbar. Da bleibt nur noch der Gang zum Zauberer Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), der das Malheur neutralisieren soll und versehentlich ein paar Paralleluniversen öffnet. Der missglückte Zauberspruch öffnet nicht nur Tür und Tor für das neue Multiversum im Marvel-Kosmos (googeln Sie bitte das Marvel Cinematic Universe), sondern ruft auch ein paar überlebensgroße Gegenspieler (gespielt von Alfred Molina, Jamie Foxx und Willem Dafoe) für den nächsten Gut-gegen-Böse-Kampf auf den Plan.

No Way Home“ ist der erste Film, der in der Pandemie ein Einspielergebnis von mehr als einer Milliarde US-Dollar erzielen konnte, und dies wundert kaum. Denn „Spider-Man“ liefert alles, was ein Popereignis am Jahresende 2021 bieten muss: charismatische und TikTok-taugliche Heldinnen und Helden, eine Liebesgeschichte (die sich dank der Hauptdarsteller Holland und Zendaya auch ins reale Leben überträgt), super fiese Gegenspieler, flache Witze und nerdige Popkultur-Referenzen – Popcorn-Kino im besten Sinne. Am Ende dieses zweiten Corona-Jahres sind das immerhin 148 Minuten Ablenkung vom Alltag zwischen Kontaktbeschränkung und neuen Lockdown-Fantasien – und ein Zeichen, dass das Kino als Erlebnis unter Fans noch lange nicht tot ist. „No Way Home” ist zudem der einzige Film seit „Star Wars: The Rise of Skywalker“ aus dem Jahr 2019, der weltweit die magische Milliarden-Marke überschritten hat. Nicht einmal das aktuelle James-Bond-Abenteuer „No Time to Die“, das letzte mit Daniel Craig, kann da mithalten. 

Das Geheimnis des Erfolgs? Der 27. Marvel-Film nimmt sich und das neue Multiversum-Konzept lieber gleich mit Humor und gibt sich betont unernst; neben Holland kehren (Achtung Spoiler!) in dieser Achterbahnfahrt der Kamera und der Gefühle mit Tobey Maguire und Andrew Garfield zwei frühere Darsteller der Spider-Man-Franchise zurück. Als Trio könnten die gelernten Einzelkämpfer dann doch noch die Menschen und die ganze Stadt vor den bösen Machenschaften ihrer Gegenspieler retten. Gemeinsam ist man eben auch unter Pop-Superhelden weniger allein.

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Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.