Die "Roten Teufel" können ihr Ausscheiden nicht fassen

Belgiens goldene Generation wartet weiter auf großen Wurf

Beim 1:3 gegen Wales am Freitagabend offenbarte sich, dass eine starke Offensive alleine nicht ausre

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Beim 1:3 gegen Wales am Freitagabend offenbarte sich, dass eine starke Offensive alleine nicht ausreicht, um auf höchstem Level zu bestehen. Die Briten straften Belgiens Abwehrschwächen ab. Vor allem die beiden 21-jährigen Verteidiger Jason Denayer und Jordan Lukaku waren überfordert. Bezeichnend war das Gegentor zum 1:2, als der Waliser Hal Robson-Kanu gleich drei Belgier mit einem Trick ins Leere laufen ließ und völlig frei abschließen konnte.

Wilmots, der mit dem verletzten Jan Vertonghen (Tottenham) und dem gesperrten Thomas Vermaelen (Barcelona) zwei Verteidiger vorgeben musste, musste seine Taktik postwendend erklären. Unmittelbar nach der Partie wurde er auch mit der Frage konfrontiert, ob er denn als Coach der "Roten Teufel" überhaupt weitermachen werde. "Ich werde jetzt einmal auf Urlaub gehen. Ich werde keine Entscheidung treffen, solange das Adrenalin in mir pumpt", sagte der sichtlich angeschlagene Ex-Internationale darauf.

Dass die Spieler sich nach diesem bitteren Abend vor Wilmots stellten, konnte man wahrlich nicht behaupten. Wie schon nach der 0:2-Auftaktniederlage gegen Italien schwang sich Thibaut Courtois zum Wortführer der Aufständischen auf. "Wir hatten die gleiche taktische Aufstellung wie gegen Italien - und wieder hat es nicht funktioniert", wetterte der Chelsea-Torhüter. Ob Wilmots geht? "Das müssen Sie ihn selbst fragen", meinte Courtois und klagte: "So eine Chance bekommen wir nie wieder."

Der Geheimfavorit, Belgiens "goldene Generation", muss nach Hause fahren. Keine 20 Kilometer sind es von Lille zur belgischen Grenze, über die rund 150.000 Fans am Spieltag in die französische Stadt geströmt waren. Im und um das Stade Pierre Mauroy gab es statt belgischer Partystimmung am Ende aber nur hängende Köpfe. Dabei hatte Radja Nainggolan (13.) die zunächst starken Belgier sogar in Führung gebracht. Doch Wales bestrafte deren Fehler eiskalt.

In der Heimat ist der Stab über Wilmots bereits gebrochen. "Die EM ist für die Teufel ein Reinfall: Wilmots muss gehen!", schrieb "La Derniere Heure". Der 47-Jährige hatte sich nach dem Fehlstart gegen Italien schon während des ganzen Turniers immer wieder mit Medienvertretern gezankt. Nur nach dem 4:0 gegen Ungarn im Achtelfinale war es im Umfeld des EM-Zweiten von 1980 für ein paar Tage ruhig. "Het Laatste Nieuws" schrieb nun: "Es ist eine Schande, dass all dieses Talent sich selbst überlassen wird. Nach diesem blamablen Aus kann Wilmots als Trainer nicht weitermachen."

Dessen Vertrag läuft noch bis 2018, wenn die WM in Russland ansteht. Auf der Welt-Bühne kann Belgien - das in Brasilien vor zwei Jahren ebenfalls im Viertelfinale an Argentinien gescheitert war - erneut Großes bewirken. Stars wie Eden Hazard (25), Kevin de Bruyne (25), Axel Witsel (27), Romelu Lukaku (23) oder Courtois (24) werden dann gereifter sein. "Wir müssen uns als Mannschaft weiterentwickeln bis zur WM 2018 in Russland", sagte De Bruyne. Ob Wilmots dann noch dabei ist? "Schwierig zu sagen im Moment."

Der als Profi vor keinem Zweikampf zurückschreckende Wilmots zeigte teils Verständnis für die Kritik aus den eigenen Reihen. "Ich kann ihn verstehen, wenn er das kurz nach dem Spiel sagt. Ich bin aber jemand, der nach dem Spiel erst einmal die Temperatur sinken lässt", sagte Wilmots über Courtois. Aus dem Torhüter hätte der Frust über den verpassten Titel gesprochen.

Er selbst sei "kein Zauberer", meinte Wilmots, verwies auf ein "Kommunikationsproblem" und die Ausfälle in der Abwehr. "Man muss manchmal eben Risiken eingehen und auf die jungen Spieler setzen. Man lernt aus harten Zeiten, also ist nicht alles verloren", erklärte der Teamchef.