Spart mich aus!
Dröge Defizite, intensive Inflation und räudige Rezession plagen Österreich. Um die Lage in den Griff zu bekommen, müssen wir sparen. Diese bittere Erkenntnis ist mittlerweile wohl bis zu jedem Bürger durchgesickert. Aber weil Notlagen zusammenschweißen und wir ja darüber hinaus zum Glück sowieso ein grundvernünftiges Völkchen sind, haben wir die Notwendigkeit einer Kursänderung breitflächig akzeptiert – und auch, dass diese leider nicht immer ohne Schmerzen abgehen wird. Ich meine, wir sind ja nicht blöd. Wir sehen das ein. Es bleibt uns einfach nichts anderes übrig, wenn wir den Karren wieder aus dem Dreck ziehen wollen. Da sind wir uns einig. Und nicht nur darin: Wir haben sogar schon, fortgeschrittene Gesellschaft, die wir sind, eine ziemlich klare, gemeinsame Vision entwickelt, wo genau wir sparen sollten, um den Effekt möglichst groß und den Schmerz möglichst gering zu gestalten. Sie lautet: Nicht bei mir!!
Sowie jemand in Österreich vorwitzig genug ist, eine konkrete Spar-Idee in die Welt zu setzen, werden andernorts auch schon die Baseballschläger in Position gebracht, um jene gebührend willkommen zu heißen. Wird etwa öffentlich die anstößige Ansicht geäußert, die zwar zweifellos hübsche, aber mitunter doch etwas kostspielige Föderalismusfolklore der Bundesländer könnte man vielleicht auch ein wenig billiger haben, treten sofort diverse politische Landeseltern mit sorgenzerpflügter Stirn vor die Kameras der ORF-Landesstudios und erklären, dass man hier vor Ort ja wohl am besten wisse, wo der Schuh drücke und daher auch, wo Geld gebraucht werde. Wenn jemand von außen glaube, das besser zu wissen, dann sei das wirklich Sparen am falschen Platz – und werde katastrophale Auswirkungen haben.
Verfällt im Unterschied dazu jemand auf die Idee, die Gemeinden könnten vielleicht da und dort bei der Sanierung der öffentlichen Finanzen mithelfen, tritt mindestens ein wichtiger Bürgermeister und ein Städtebundpräsident an, um mit sorgenzerpflügter Stirn zu erklären, dass man hier vor Ort ja wohl am besten wisse, wo der Schuh drücke und daher auch, wo Geld gebraucht werde. Wenn jemand von außen glaube, das besser zu wissen, dann sei das wirklich Sparen am falschen Platz – und werde katastrophale Auswirkungen haben.
Wenn jemand sogar so kühn ist, laut darüber nachzudenken, ob man nicht den letzten Lohnabschluss im öffentlichen Dienst wieder rückgängig machen könne, richten die Beamten aus, sie seien nicht der Bankomat der Nation, und drohen mit einem heißen Herbst. Die Heizungsinstallateure hingegen drohen eher mit einem kühlen, weil sie durch die Streichung der Förderung keine Wärmepumpen mehr verkaufen und es darob auch bald keine Heizungsinstallateure mehr geben wird. Die Pensionisten wiederum, denen die jährliche Erhöhung zum Teil gestrichen wird, haben wenig konkretes Drohpotenzial, außer einen noch ziemlich weit in der Zukunft liegenden Wahlzettel – und in vier Jahren hat sich ja vermutlich schon ziemlich viel jetzt vorhandener Zorn auf, äh, biologischem Weg verflüchtigt. Aber vielleicht wird ja insgeheim eine konzertierte Supermarktkassenblockade angedacht, analog zum Dienst nach Vorschrift der Beamten, wer weiß. Aber jedenfalls: Kein Wunder, dass angesichts des skandalösen Umgangs mit der älteren Generation der Seniorenbund sogar gerichtlich bestätigt nichts mit der ÖVP zu tun haben möchte. Das ist einfach eine Frage des Stolzes, das wird jeder verstehen.
Spart die Gemeinde Wien ebenso zähneknirschend wie zart bei der Mindestsicherung, treten Caritas und Volkshilfe an, um bestürzt vor einer flächendeckenden Hungersnot zu warnen. Im Kultursektor auch nur irgendwo an Einsparungen zu denken, öffnet mindestens der Barbarei, wenn nicht gleich dem Faschismus Tür und Tor. Förderungen im Agrarsektor zu reduzieren, gefährdet mindestens unsere Gesundheit, wenn nicht überhaupt unsere Nahrungsmittelsicherheit und somit unser Leben, Selbiges bei NGOs zu tun, lässt die Zivilgesellschaft in der Sekunde zusammenbrechen – egal wo man sparen möchte, es führt immer geradewegs in nicht weniger als eine veritable Katastrophe. Und es wird also dringend angeraten, es doch lieber irgendwo anders zu tun.
Nun ist das Sparen auf Kosten der anderen natürlich ein sehr tragfähiges Konzept, wenn man zum Beispiel Donald Trump heißt. Ansonsten gestaltet es sich in der praktischen Anwendung mitunter als etwas schwierig – was natürlich sehr schade ist angesichts einer dermaßen bestechenden Idee, auf die sich eigentlich alle einigen können. Wie man aus diesem Dilemma herauskommt, weiß ich leider auch nicht. Am Ende muss aus meiner Sicht nur eines klar sein: Hände weg von der Presseförderung! Das wäre Sparen am falschen Platz.