Blick auf das Szenelokal "Flex" am Wiener Donaukanal

Wien: Die Neuordnung der Flaniermeile Donaukanal sorgt für Unbehagen

Intransparente Vereinskonstruktionen, Rügen des Rechnungshofes: Mit der Freizeitmeile Donauinsel hatte die Stadt Wien ihre liebe Not. Bahnt sich Ähnliches am Donaukanal an?

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Wien und die Donau, das ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Städte wie Budapest sind prachtvoll rund um die Donau gebaut, in Wien hingegen bleibt die Donau „immer an der Peripherie“, wie der Schriftsteller Egyd Gstättner formulierte. Über die Jahrhunderte wurde der Fluss aus Gründen des Hochwasserschutzes immer weiter vom Stadtzentrum wegreguliert, erst durch den Bevölkerungsschub im 20. Jahrhundert rückte die Metropole wieder näher an den Strom. Doch die Ufer fristeten lange ein Mauerblümchendasein, erst spät entwickelte sich die Donauinsel vom „Entlastungsgerinne“ zur Freizeitzone, noch länger dauerte es, bis der zentrale Donaukanal zur Flanier- und Lokalmeile mutierte.

Mittlerweile sind beide Ufer beliebte und belebte urbane Erholungs- und Ausgehzonen – und die Stadt Wien hat mit ihren Versuchen, die anfangs handgestrickte Beislszene und das Konzertgelände Donauinsel zu ordnen, gehörige Kalamitäten. Bei der Donauinsel wurde jahrelang mit einem Pächter prozessiert, nun sind auch mehrere Lokalflächen am Donaukanal neu ausgeschrieben. Dass die Neuordnung notwendig ist, bestreitet niemand: An der Donauinsel standen teils Baracken, an Kanal und Insel kritisierte der Rechnungshof das Wirrwarr von völlig undurchsichtigen und unterschiedlichen Verträgen mit Pächtern. Nur: Das Wie der Neugestaltung sorgt für Unmut.

Der Hintergrund ist kompliziert – und teils veritabel undurchsichtig. Für das Management der Ufer sind umständliche Konstruktionen zuständig: die Magistratsabteilung 45 (Wiener Gewässer) und deren Leiter Gerald Loew. Dazu: die Wiener Gewässer Management GmbH (WGM), eine 2007 gegründete 100-Prozent-Tochter der Stadt Wien, die ursprünglich am Hochwasserschutz werkte und seit dem Jahr 2011 auch für die „Bewirtschaftung der Flächen“ entlang von Donau und Donaukanal verantwortlich zeichnet. Für die Ufer des Donaukanals ist die „Donauhochwasserschutz-Konkurrenz“ (DHK) zuständig, je zu einem Drittel Bund, Stadt Wien und Land Niederösterreich. Vertreter der Stadt Wien ist Gerald Loew.

Stadtrechnungshof prüft

Nicht zuletzt: 2013 wurde der „Verein der Freunde der Donauinsel“ gegründet, der sich um Veranstaltungen auf der Donauinsel kümmert. Als Vereinsvorstand-Stellvertreter fungierte Gerald Loew. Der Verein, eng mit Stadt und der SPÖ Wien verwoben, kümmert sich um die Freiflächenvermietung – gegen Geld, versteht sich. „Über die Einnahmen werden Infrastrukturmaßnahmen auf der Donauinsel finanziert, etwa Bänke“, sagt die zuständige SPÖ-Umweltstadträtin Ulli Sima. Mag sein – eine transparente Aufstellung von Ausgaben und Einnahmen existiert aber bisher nicht, der Stadtrechnungshof prüft derzeit gerade. Und auf die Frage, warum sich die Stadt Wien überhaupt Konstrukte wie der WGM bedient, antwortet Sima so: „Wien ist von seiner Organisation her eine Gemeinde. Für mehrjährige Großprojekte braucht es Tochter-GmbHs.“

ÖVP und FPÖ war die Existenz dieser Vereine nie geheuer, auf ihre Urgenz prüfte der Stadtrechnungshof, wie die WGM die Neugestaltung der „Copa Cagrana“ an der Donauinsel abwickelte. Das Ergebnis, in der lapidaren Sprache des Stadtrechnungshofes: „Insbesondere Verbesserungspotenziale hinsichtlich der Dokumentation über den Einsatz von finanziellen Mitteln, wirtschaftlicher Überlegungen sowie das Fehlen einer Endabrechnung (…) waren festzustellen.“ Übersetzt und im Klartext: Transparenz schaut anders aus.

Eben diese WGM ist nun mit der DHK für die Neugestaltung des Donaukanals verantwortlich. Der Koalitionspartner der Stadt-SPÖ, die Wiener Grünen, wetterte gegen die Pläne, Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou sagte: „Ich hege große Skepsis, welche Art von Gastronomie begünstigt wird.“ Und einer der bisherigen Pächter am Donaukanal fürchtet „dass sich die Geschichte der Donauinsel am Donaukanal wiederholt, abseits von öffentlicher Kontrolle“.

Die Ausschreibung für die neuen Pachtverträge ist bereits beendet, die DHK führt das Verfahren durch. Und Stadträtin Sima versichert: „Eine Jury schaut sich die Bewerber an. Das ist keine politische Entscheidung – und die Stadt Wien nur zu einem Drittel zuständig.“ Zusatz: „Nach der Entscheidung wird man sehen, dass die Aufregung umsonst war.“

Man darf gespannt sein.

Eva   Linsinger

Eva Linsinger

Innenpolitik-Ressortleitung, stellvertretende Chefredakteurin