eatdrink von Klaus Kamolz: Fischerl baden

Bagna Cauda: mehr als eine warme Dusche für Gemüse.

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Sie sagen, es sei ein Winteressen. Ich aber sage Euch: Es wäre viel zu schade drum. Woher soll man im Winter Spargel nehmen? Oder Artischocken? Nun gut, in Italien zumindest gibt's die schon sehr früh im Jahr. Wer hat im Winter Lust auf Grillen (nein, nicht Insekten)? Wir sind, nach der Salsa tonnata der vergangenen Woche, bei der zweiten Sauce aus dem kulinarischen Schlaraffenland Piemont gelandet: der Bagna Cauda; übersetzt: warmes Bad. In der klassischen Version ist sie auch genau das: ein warmes Bad für Gemüse aller Art, allerdings kein vegetarisches, denn die prägende Zutat neben Unmengen von Knoblauch sind eingesalzene Sardellen - Anchovis. Sonst ist außer Olivenöl und eventuell etwas Butter nichts drin, italienische Küche eben: zwei, drei Zutaten, gemma, geht schon.

Traditionell wird die Bagna Cauda in einer Schüssel auf dem Rechaud serviert, der im Piemont Fojòt genannt wird. Man taucht das in Stifte, Spalten, Scheiben oder Blätter geschnittene Gemüse mit der Hand darin ein (meist Wurzelgemüse, Stangensellerie, Chicorée, Fenchel, Paprika und Jungzwiebeln, mitunter auch Topinambur, Karfiol und Kohlrabi) und führt es zum Mund, wobei man ein Stück Weißbrot drunter hält, damit man sich nicht mit der öligen Flüssigkeit anpatzt. Sobald das Brot nach mehreren Bissen von der Bagna Cauda durchtränkt ist, verspeist man es und nimmt ein neues Stück.

So viel zur Orthodoxie der Bagna Cauda. Gemäßigt abgewandelte Varianten enthalten neben Olivenöl auch etwas Walnussöl; und manche lassen die Sauce durch Aufmixen emulgieren oder rühren sie mit Rahm, Milch oder Crème fraîche zu einer sämigen Creme.

Etwas Ähnliches tut auch der britische Grand Chef Heston Blumenthal, der sich vom Molekularfuzzi zum Erneuerer von Küchenklassikern gewandelt hat. Er hat schon vor einigen Jahren eine Version entwickelt, die nicht mehr allzu viel mit dem Original zu tun hat und auch gar nicht mehr cauda, also warm, serviert wird. Dennoch: eine überaus gelungene Sauce, finde ich. Blumenthal empfiehlt, sie auch einmal als Dressing für einen Caesar's Salad zu verwenden, als Creme auf Crostini zu schmieren oder zu gegrilltem Schwein zu reichen. Ich habe mich für rosa gegrillte Kalbsleber entschieden. Und dabei, so denke ich, nichts falsch gemacht.

Klassische Bagna Cauda

Für eine Vorspeise für 4 Personen: In einer Pfanne 3 EL Butter aufschäumen und 10 bis 12 allerfeinst gehackte Knoblauchzehen einrühren. Sanft anschwitzen (der Knoblauch darf nicht braun werden) und nach und nach 150 ml Olivenöl und 1 Schuss Walnussöl dazuträufeln. Den Knoblauch garen, aber weiterhin darauf achten, dass er nicht braun wird. Pfanne kurz vom Herd ziehen und ca. 70 g kurz gewaschene Anchovis von bester Qualität (in Italien werden meist acciughe rosse verwendet) dazugeben. Die Sardellen mit der Gabel sehr fein zerdrücken. Pfanne wieder auf den Herd stellen und die Sauce garen, bis die Anchovis sich aufgelöst haben und die Bagna Cauda leicht cremig wird. Warm, wenn möglich auf einem Rechaud, zum Gemüse servieren. Spargel, Artischocken oder Karfiol werden vorher gegart, Wurzelgemüse, Sellerie, Kohlrabi oder Zwiebeln serviert man roh.

Bagna Cauda nach Heston Blumenthal

Für 4 Personen: 70 g Knoblauchzehen halbieren, grüne Keime entfernen und in einem Töpfchen mit etwas Milch und einem Schuss Wasser langsam aufkochen. Knoblauch durch ein Sieb gießen, abspülen und erneut mit Milch und Wasser aufkochen. Diesen Vorgang insgesamt drei Mal wiederholen. Dann den Knoblauch mit 200 ml Milch und einem Schuss Wasser aufkochen und ca. 10 Minuten weichköcheln. Alles in einen Mixbecher geben und mit dem Pürierstab kurz aufmixen. 2 EL Semmelbrösel und 50 g feinste Anchovis dazugeben und weitermixen. Dabei langsam ca. 50 ml Olivenöl und 2 EL Zitronensaft dazugießen. Mit etwas Wasser und mehr Zitronensaft wird die Sauce flüssiger und kann als Dressing für Salat verwendet werden. In diesem Rezept wird sie zu Kalbsleber, gekochtem Topinambur und Kalamata-Oliven serviert.