Kubikov

Kubikov: Klimawandel

Eine Selbstgesprächstherapie.

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Was für ein Wetter!, sage ich und bereue es im selben Moment schon wieder. - Kubikov schnaubt verächtlich: Fällt dir vielleicht etwas noch Banaleres ein? - Da muss ich nachdenken, sage ich und denke nach. Wir schweigen einvernehmlich. Es kann ausgesprochen wohltuend sein, kein Wort mit Kubikov zu wechseln. Allerdings dauern solche Momente nie sehr lange. - Schluss jetzt!, ruft Kubikov irgendwann: Wir sind erwachsene, überdurchschnittlich intelligente Menschen - zumindest, soweit es mich betrifft - und reden hier allen Ernstes über das Wetter. Die Welt geht in den Händen von klinisch oder anderweitig Verrückten zugrunde, die Finanzwirtschaft rast schnurstracks auf den nächsten Crash zu, ganz zu schweigen von Flüchtlingsmisere, Arbeitslosigkeit, Rechtspopulismus - und dir ist einfach nur kalt?! - Mir ist kalt, ja, sage ich ungerührt: Dir nicht?

Man muss sich Kubikov durchaus als cholerisch gepolten Menschen vorstellen. In Situationen wie diesen würde er am liebsten ansatzlos zulangen, woran ihn jedoch weniger sein nobler Pazifismus als eine Reihe unrühmlicher einschlägiger Erfahrungen hindert. Vor Jahren zum Beispiel geriet er mit einem Amateur-Bodybuilder aneinander, der die Bezeichnung "Steroidschleuder“ nicht annähernd so geistreich fand, wie Kubikov erwartet hatte. Es kam zu einem kurzen, vernichtenden Handgemenge. Kubikov wurde noch am selben Tag vorzeitig aus dem Spital entlassen, weil er den Stationsfrieden akut gefährdete. - Mir ist heiß, sagt Kubikov: Das muss am Klimawandel liegen.

Sven   Gächter

Sven Gächter