Ist NBA-Star LeBron James der wichtigste Sportler unserer Zeit?

Sport und Aktivismus: Wenn sich der beste Basketballspieler unserer Zeit zu Diskriminierung und sozialer Ungleichheit zu Wort meldet, hört die Welt zu - auch US-Präsident Donald Trump.

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Die NBA ist zurück! Und damit auch LeBron James, der beste Basketballspieler der Welt. Aber der 33-Jährige ist nicht nur am Court eine Ausnahmeerscheinung, sondern hat sich in den letzten Jahren durch seinen politischen Aktivismus zum wichtigsten Sportler der Welt entwickelt.

Man darf es gerne Zufall nennen: Am 16. Oktober beginnt die diesjährige NBA-Saison mit dem Spiel Boston Celtics vs. Philadelphia 76ers. An genau diesem Tag vor 50 Jahren, am 16. Oktober 1968, streckten die beiden afroamerikanischen Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung des 200-Meter-Laufes bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt ihre rechte bzw. linke Faust in die Luft. Der Grund: Sie wollten mit dieser Geste gegen Diskriminierung und Rassismus gegenüber schwarzen US-Amerikanern protestieren. Ihr Protest wurde zu einem der wichtigsten Symbole des politischen Aktivismus im 20. Jahrhundert. Für Tommie Smith und John Carlos hatte er jedoch negative Konsequenzen. Auf Druck des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mussten sie die Spiele verlassen. Der Präsident des IOC nannte die Geste eine "üble Demonstration gegen die amerikanische Flagge durch Neger.“

Tommie Smith (Mitte) und John Carlos strecken die Faust in den Himmel über Mexiko-Stadt.

50 Jahre später ist der politische Aktivismus von NBA-Star LeBron James in dieser Tradition zu sehen. Eine Tradition, die von Tommie Smith und John Carlos über Muhammad Ali bis aktuell zum NFL-Spieler Colin Kaepernick reicht. James ist momentan nicht nur der bekannteste NBA-Spieler der Welt, sondern auch der bekannteste schwarze Sportler unserer Zeit. Und er mischt sich ein, meldet sich zu Wort und kritisiert. Die Worte und Taten von "King James", so sein Spitzname, bekommen Aufmerksamkeit in den USA. Viel Aufmerksamkeit. Derart viel, dass sich sogar US-Präsident Donald Trump bemüßigt fühlte, ihn auf Twitter zu beschimpfen.

"LeBron James wurde gerade vom dümmsten Mann im Fernsehen interviewt, Don Lemon. Er hat ihn (James, Anm.) schlau dastehen lassen, was nicht so einfach war. Ich mag Mike!", schrieb Trump im August dieses Jahres und machte keinen Hehl daraus, dass dem Präsidenten der unpolitische Michael Jordan lieber ist als der unbequeme LeBron James. Im Sommer hatte der NBA-Champion aus dem US-Bundesstaat Ohio in seiner Heimatstadt Akron eine öffentliche Schule finanziert und eröffnet, die sozial schwache Kinder den Weg auf das College ermöglichen soll. Dabei hatte er Trump und dessen Politik kritisiert.

Aber LeBron James, der im Sommer von den Cleveland Cavaliers zu den Los Angeles Lakers gewechselt ist, setzt sich nicht erst seit Trump US-Präsident geworden ist für Gleichberechtigung, Chancen für sozial Schwache und gegen Polizeigewalt gegenüber Schwarzen ein. Zum ersten Mal meldete sich James im Jahr 2012 zu Wort. Am 26. Februar wurde in Florida der 17-jähre Afroamerikaner Trayvon Martin von einem Polizisten erschossen. Der junge Mann sei eine Gefahr gewesen, so sie Polizei, weil er einen Kapuzenpullover getragen hatte. Daraufhin posierte James mit seinen Mannschaftskollegen seines damaligen Vereins Miami Heat mit Kapuzenpullover. Das Statement sorgte für großes Aufsehen. Und für James war es der Beginn, seine Social-Media-Kanäle auch als politische Plattform zu nützen. Derzeit hat er rund 50 Millionen Follower auf Twitter und 43 Millionen auf Instagram. In der Sportwelt haben nur die Fußballer Ronaldo, Messi, Neymar und David Beckham mehr. Die NBA hat mittlerweile einen weltweiten Markt - und der schwarze Ausnahmespieler James ist ihr bekanntester Vertreter.

Zwei Jahre nach dem Tod von Trayvon Martin setzte der dreifache NBA-Champion erneut ein Zeichen. Am 17. Juli 2014 wurde der 43-jährige asthmakranke Afroamerikaner Eric Garner beim gewaltsamen Anlegen von Handschellen in New York durch mehrere Polizisten während seiner Festnahme getötet. Am Boden liegend rief Garner mehrmals "I can't breathe“ ("Ich kann nicht atmen“). Beim nächsten Spiel in New York verlieh James seinem Protest Ausdruck. Beim Aufwärmen trug er ein T-Shirt mit der Aufschrift "I can't breathe". In den nächsten Tagen folgten viele NBA-Spieler seinem T-Shirt-Protest und der Satz "I can't breathe" wurde zu einem Schlüsselsatz im Protest gegen Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern.

Seither folgten immer wieder Interviews oder Preisverleihungen, bei denen sich James kritisch zu gesellschaftlichen und politischen Missständen äußerte.

LeBron James mit seinem Protest-T-Shirt beim Aufwärmen

Das Signal, das der 33-Jährige mit seinen Statements und sozialen Projekten setzt, schlägt stets große Wellen und vermittelt vor allem eines: Sportler haben eine Plattform und damit eine Verantwortung. Dieser sollten sie sich bewusst werden, wahrnehmen und für Gleichberechtigung einsetzen. Dabei wird jedoch immer wieder versucht, James als politische Stimme zu diskreditieren. Im Februar dieses Jahres, nachdem James sich in einem Tweet über Trump lustig gemacht hatte (Trump lud einen Spieler von der jährlichen Meisterfeier im Weißen Haus aus, obwohl dessen Team - die Golden State Warriors - gar nicht kommen wollte), empfahl eine "Fox"-Journalistin im Fernshen James, er solle den Mund halten und sich auf Basketball beschränken ("Shut Up and Dribble"). "King James" ließ sich dadurch aber nicht beirren. Im Gegenteil: Er produzierte daraufhin gemeinsam mit "Showtime" eine Basketballdokumentation über die Rolle von Sportlern im derzeitigen politischen Klima der USA. Der Titel der Doku? "Shut Up and Dribble".

Wenn am 16. Oktober die diesjährige Basketballsaison beginnt, dürfen wir also nicht nur gespannt sein, wie weit es LeBron James mit seinem neuen Team schafft. Sondern auch, wie er sich zu gesellschaftlichen Entwicklungen äußert. Denn eines ist mittlerweile klar: Wie werden davon hören. Spätestens, wenn Donald Trump wieder über den NBA-Star twittert.