Szene aus "Life Guidance"
Welt am Ende

Science-Fiction-Kinotristesse mit Sozialschlagseite

Science-Fiction-Kinotristesse mit Sozialschlagseite: Alexander Paynes "Downsizing" und Ruth Maders "Life Guidance".

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Die Zukunft, sagt der unnachahmliche Karl Valentin, sei früher auch besser gewesen. Das Gegenwartskino hat diese Weisheit gleich zweifach verinnerlicht: Nicht nur die Welt verändert sich in ihm unweigerlich zum Schlechteren -auch die flauen Formen, die es in der Regel dafür findet, wecken eine Sehnsucht nach der längst verflossenen Zeit der großen Science- Fiction-Werke. Zwei neue Arbeiten sehr verschiedener Größenordnung, eine Prestigeproduktion aus Hollywood und ein kleiner Autorenfilm aus Wien, wagen sich nun dennoch erneut an die Druckregler der Dystopie, natürlich um alarmistisch auch vom Grauen der Gegenwart zu berichten, in der sich die möglichen Apokalypsen der nahen Zukunft bereits abzeichnen: Alexander Paynes "Downsizing" lässt Matt Damon, den Jedermann des US-Kinos, erst dramatisch schrumpfen, dann ans buchstäbliche Ende der Welt geraten, während die Österreicherin Ruth Mader in "Life Guidance" das intimere, aber nicht minder pessimistische Bild einer Kontrollgesellschaft zeichnet, in der schon der bloße Gedanke an einen Ausstieg aus der Selbstoptimierung desaströse Folgen haben kann.

Die soziale Gleichschaltung, von der "Life Guidance" fantasiert, trägt die üblichen Insignien: futuristisch-kalte Architektur, abweisendes Design, strenge Uniformierung. Der Schauspieler Fritz Karl probt als Familienvater, nachdem die Obrigkeiten eine "Anpassungsstörung" an ihm diagnostiziert haben, die Revolte gegen das Überwachungsregime im Allgemeinen und gegen den auf ihn angesetzten Ersatz-Mephisto Florian Teichtmeister im Besonderen. Der Film ist prominent besetzt (Katharina Lorenz, Udo Samel, Petra Morzé), gut ausgestattet und fotografiert, aber so etwas wie Spannung will da partout nicht aufkommen. Das Grauen der Welt, in der "Life Guidance" spielt, ist fast parodistisch dick aufgetragen. Payne begegnet seinem Thema differenzierter, satirischer, aber auch wirrer: "Downsizing" verzettelt sich nach einer starken ersten Dreiviertelstunde, in der die Möglichkeit, sich als Mensch aus ökonomisch-ökologischen Gründen auf 12,5 Zentimeter verkleinern zu lassen, spielerisch durchexerziert wird, in melancholischem Endzeitpathos und Erderwärmungswarnungen. Immerhin hat Christoph Waltz eine heitere Nebenrolle, und Hong Chau stiehlt als dreiste vietnamesische Dissidentin allen die Show.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.