Ohne Not

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Asyl-Verordnung: österreichische EU-Abgeordnete werfen Regierung „Parteitaktik“ vor.

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„Es ist kein Notstand da“, kritisiert Josef Weidenholzer, EU-Parlamentarier der SPÖ. Nach monatelangen Diskussionen zwischen den Regierungsparteien liegt nun der Erstentwurf der Asyl-Notverordnung zur Begutachtung im Nationalrat. Darin wird die Belastung durch die Flüchtlingskrise aufgelistet, etwa für Arbeitsmarkt und Bildungswesen – bis hin zur steigenden Kriminalitätsrate. Abgeleitet wird daraus ein nationaler Notstand, mit der Verordnung will die Regierung internationales Asylrecht aushebeln, was Behörden ermöglichen würde, Flüchtlinge bereits an der Grenze abzuweisen. So wollen SPÖ und ÖVP die Obergrenze von 37.500 Asylanträgen durchsetzen.

Die europäische Lösung gibt es deshalb nicht, weil die Nationalstaaten tun, was sie wollen.

„Die Idee der Verordnung wurde im Frühjahr 2016 geboren, damals hatten wir eine völlig andere Situation“, meint Josef Weidenholzer. Aus seiner Sicht lasse sich der Notstand nicht argumentieren, „nicht einmal die Flüchtlingsquartiere sind voll“. Und: „Das würde europäischen Gerichten nicht standhalten.“ Neben juristischen Fragen ist unklar, wann die Verordnung genau in Kraft treten wird. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) drängt auf sofortige Umsetzung, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) will warten, bis die Obergrenze an Asylanträgen erreicht ist. Othmar Karas, er sitzt für die ÖVP im EU-Parlament, hält die Debatte um die Verordnung für „parteitaktische Überlegungen“. Karas zeigt zwar Verständnis dafür, „dass man über die Integrationsfähigkeit Österreichs diskutiert“. Doch: „Mit großer Wahrscheinlichkeit erreichen wir die Obergrenze von 37.500 Asylanträgen heuer gar nicht. Das ist ja bitte alles kein Spiel, diese Debatte muss man ernsthafter führen.“ Karas und Weidenholzer machen sich weiterhin für eine „europäische Lösung“ stark.

Dass nationale Regierungen vorpreschen, weil sich die EU auf keine gemeinsame Linie einigen kann, lässt Weidenholzer nicht gelten: „Die europäische Lösung gibt es deshalb nicht, weil die Nationalstaaten tun, was sie wollen.“ Karas formuliert es so: „Dasselbe Gehirnschmalz, das wir in solche innenpolitischen Debatten legen, sollten wir in Initiativen zur Stärkung der Europäischen Union setzen. Mit der Verordnung ist das Problem nicht gelöst. Die Flüchtlingskrise bleibt ein Problem der EU und damit eines von Österreich.“ Geht es nach Karas, soll Österreich „bei der Bekämpfung von Fluchtursachen in die Offensive gehen“, etwa mit einem Afrika-Gipfel. Hilfe in den Regionen, aus denen die Flüchtlinge kommen – das schlägt auch Weidenholzer vor: „Von den Politikern, die in Österreich herumschreien, habe ich noch keinen im Irak oder in Syrien gesehen. Ich war dort. Im Nordirak könnte man Schutzzonen errichten. Das ist viel menschlicher und viel billiger.“

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.