profil vor 25 Jahren: Die Privilegien der Kirche

Das profil vom 29. Mai 1993.

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Die Macht der römisch-katholischen Kirche in Österreich analysierte profil in der Titelgeschichte vom 29. Mai 1993 und kam zu dem Schluss, dass die Kirche rechtlich ähnliche staatliche Privilegien genieße wie etwa die Kammern oder der Gewerkschaftsbund, also „einen öffentlich-rechtlichen Status, der auch gewisse steuerliche Begünstigungen mit sich bringt“. Kritiker orteten „ungerechtfertigte Privilegien unter der Schutzpatronanz des Staates“, weil Religion und religiöse Gefühle Privatsache seien.

Der Parteitag der Kanzlerpartei SPÖ stand unter dem Motto „proletarische Gefühle“. Mit einem „neuen Programm, neuen Statuten und alten Grundwerten“ versuchten die Genossen, die Basis zurückzugewinnen, berichtete profil. Jörg Haider habe es möglich gemacht, dass „Kleinverdiener wieder eine umschwärmte politische Klientel“ seien, schrieb Herbert Lackner im Leitartikel. Die SPÖ entdecke „ihre Arbeiterklasse“ wieder, die – aus Angst vor Lohneinbußen und Arbeitsplatzverlust – seit Monaten „mit Haider fremdgehe“. In der FPÖ-Wählerschaft gebe es „prozentuell bereits mehr Arbeiter“ als in jener der SPÖ, in Wien seien „ganze Arbeitersprengel“ übergelaufen und die Freiheitlichen bereits zweitstärkste Kraft. Die SPÖ stehe aber programmatisch vor einer schwierigen Entscheidung, denn, so Lackner, wenn sie sich um die Bedürfnisse der „kleinen Leute“ kümmere, riskiere sie, die ihr dank Franz Vranitzky zugewachsenen „Aufsteiger“ wieder zu verlieren.