In Roswell kokettiert man gerne mit dem Image der "Alien-Stadt".

Verschwörungstheorien: Was geschah 1947 in Roswell?

Serie. In regelmäßigen Abständen nimmt profil gängige Verschwörungstheorien genauer unter die Lupe. Teil 4: Was geschah tatsächlich im Sommer 1947 in der Nähe der Kleinstadt Roswell im US-Bundesstaat New Mexico?

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Eine Verschwörungstheorie, die seit Jahrzehnten für Gesprächsstoff sorgt und zu den Klassikern seiner Zunft gehört: Stürzte 1947 bei Roswell wirklich ein außerirdisches Raumschiff ab?

These:

Anfang Juli des Jahres 1947 soll in der Nähe der Kleinstadt Roswell, New Mexico, eine "fliegende Untertasse" abgestürzt sein. Es habe sich dabei um ein Flugobjekt außerirdischer Herkunft gehandelt. Die US-Regierung habe das Raumschiff daraufhin geborgen, alle Teile eingesammelt und sei sogar auf Leichen außerirdischer Lebewesen gestoßen. Diese seien ebenfalls konfisziert, heimlich untersucht und bis zum heutigen Tage auf einer geheimen Militärbasis versteckt worden.

Für den Zwischenfall gab es zahlreiche Augenzeugen, die davon überzeugt waren, dass es sich bei den gefundenen Trümmern um Materialien nicht-irdischen Ursprunges handelte. Einige Wrackteile seien mit unidentifizierbaren Zeichen beschriftet gewesen. Manche Zeugen wollen am Schauplatz des Vorfalles zudem "kleine, tote Körper" gesehen haben. Viele Betroffene gaben an, von der Militärpolizei eingeschüchtert und zum Schweigen gezwungen worden zu sein.

In einem ersten Bericht hatte der lokale Militärstützpunkt Roswell Army Air Field (RAAF) selbst vom Absturz einer "fliegenden Untertasse" gesprochen. Nachdem erste Zeitungsberichte diese Version der Geschehnisse aufgegriffen hatten, korrigierte das Militär die Meldung: Es habe sich lediglich um den Absturz eines Wetterballons gehandelt.

Hintergrund/Herkunft:

Die Legende basiert auf den Aussagen des Farmers William Brazel, der im Sommer 1947 verstreute Trümmer auf der "Foster Ranch" gefunden hatte. Der Farmer informierte den Sheriff, welcher daraufhin die RAAF in Kenntnis setzte. Am 8. Juli 1947 erschien schließlich die Lokalzeitung Roswell Daily Record mit der Schlagzeile „RAAF erbeutet fliegende Untertasse auf einer Ranch in der Gegend von Roswell“ auf der Titelseite. Der Stein kam ins Rollen.

Wiederbelebt wurde die Verschwörungstheorie Ende der 1970er-Jahre, als die Ufologen Stanton T. Friedman und William Moore den US-Soldaten Jesse Marcel zu den Vorfällen befragten. Dieser gab detaillierte Auskünfte zu dem geborgenen Material und beschwörte, dass die Trümmer "nicht von dieser Erde" gewesen seien. In der Folge meldeten sich immer mehr Augenzeugen zu Wort, die sich im Nachhinein davon überzeugt zeigten, dass das abgestürzte Flugobjekt außerirdischer Herkunft gewesen war.

Im Jahr 1995 wurde schließlich der sogenannte "Santilli-Film" (benannt nach dessen Eigentümer, Ray Santilli) im Fernsehen ausgestrahlt. Der in schwarzweiß gedrehte, etwa 16 Minuten lange Film stellte die vermeintliche Autopsie einer Leiche dar, die im Jahre 1947 bei einer angeblichen UFO-Havarie wenige Wochen nach dem UFO-Absturz von Roswell stattgefunden haben soll. Im Jahr 2006 bekannte sich Santilli dazu, das Filmmaterial gefälscht zu haben. Er habe den Film 1995 persönlich gedreht. Das Alien-Modell stammte vom Special Effects-Experten John Humphreys.

Wahrheitsgehalt:

Hierzu muss angemerkt werden, dass es noch andere - durchaus plausible - Theorien gibt, die weder von dem Absturz eines außerirdischen Raumschiffs, noch von dem eines Wetterballons ausgehen. Die Populärste davon ist wohl jene um das "Projekt Mogul", eine angeblich streng geheime Militäroperation zu Beginn des Kalten Krieges. Demnach seien die bei Roswell gefundenen Trümmer Teile einer - zu dieser Zeit völlig unbekannten - Art von Militär-Ballons, die in der Lage sein sollten, Schallwellen etwaiger sowjetischer Atomtests akustisch einzufangen.

"Pros":

- Der Vorfall gilt wohl nicht umsonst als der "Heilige Gral" der UFO-Forschung - zu kaum einem Ereignis ähnlicher Art gibt es dermaßen viele Zeugenaussagen und Berichte. Ist es möglich, dass so viele Menschen zugleich einem Hirngespinst hinterherjagen?

- Fakt ist: Irgendetwas ist im Sommer 1947 bei Roswell abgestürzt - und es dürfte tatsächlich etwas sehr Ungewöhnliches gewesen sein. Mehrere Zeugen gaben an, bereits vor dem Vorfall abgestürzte Wetterballons gesichtet zu haben - diese hätten jedoch nichts mit den Trümmern gemein gehabt, die auf der Foster Ranch gefunden wurden.

- Das US-Militär verstrickte sich im Zuge des Vorfalles wiederholt in Widersprüche. Zunächst sprach man selbst von einer "fliegenden Untertasse", kurz darauf dementierte man dies und erklärte, dass es sich um den Absturz eines normalen Wetterballons handle. Außerdem sind die Berichte, die Regierung habe Zeugen unter Druck gesetzt, zu zahlreich, als dass sie als "komplett unglaubwürdig" abgetan werden könnten.

"Contras":

- es spricht wirklich Einiges für die These, dass es sich bei den gefundenen Trümmern um die Überbleibsel eines streng geheimen Militärprojektes zu Beginn des Kalten Krieges handelte; auch bei diesem Szenario hätte die US-Regierung tatsächlich etwas zu verbergen gehabt: Die Geheimniskrämerei, das Widerrufen von Aussagen und die Einschüchterung von Zeugen wären also auch in diesem Fall im Sinne der "nationalen Sicherheit" gewesen.

- wichtige "Indizien" wie der "Santilli-Film", die zum "Mythos Roswell" einen großen Teil beitrugen, sind nachgewiesenermaßen Fälschungen

- der "Ufo-Tourismus" wurde seit den Geschehnissen von 1947 zu einer wichtigen Einnahmequelle für viele Einheimische in dem Gebiet um Roswell; etwaige spektakuläre Augenzeugenberichte könnten daher auch ganz einfach als "Werbung in eigener Sache" gesehen werden - ähnlich wie es bei den Jahr für Jahr wiederkehrenden Sichtungen des "Monsters von Loch Ness" vermutet wird.

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