Der Insiderverdacht bei JoWooD hat sich erhärtet

Affäre. FMA-Bericht belastet Ex-Aufsichtsratschef

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Michael Sares gilt als sicherer Lenker seines 1973er Porsche 911 RSR. Der Wiener Fondsmanager konnte sich bereits mehrfach in die Siegerlisten einschlägiger Oldtimer-Rennen eintragen. Im Geschäftsleben dürfte Sares indes von der Strecke abgekommen sein.

Gegen den 44-jährigen Ex-Investmentbanker laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Mehrere prominente Kunden der Sares Invest AG haben Klage auf Schadenersatz wegen verspekulierter Gelder eingebracht. Dar­über hinaus hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) vor wenigen Wochen der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption das Ergebnis ihrer Ermittlungen wegen des Verdachts auf Insidergeschäfte beim insolventen Computerspielehersteller JoWooD übermittelt.

Der profil vorliegende und mit 8. Februar 2012 datierte FMA-Bericht umfasst inklusive Beilagen 190 Seiten und ist die ­akribische Aufarbeitung einer fragwürdigen Geschäftsbeziehung. Auf der einen Seite: Michael Sares, der über die in seinem Eigentum stehende Sares Invest AG in mehreren Fonds das Vermögen seiner betuchten Kundschaft verwaltet. Auf der anderen Seite: Michael Sares, Aufsichtsratsvorsitzender des an der Wiener Börse notierten Computerspielentwicklers JoWooD Entertainment AG, die im Jänner 2011 Insolvenz anmelden musste.

Das Problem an der Doppelrolle von Michael Sares: Seine Investmentgesellschaft handelte im großen Stil mit Aktien von JoWooD. Und das, obwohl der Aktie seit Jahren ein schlechter Ruf anhaftete (siehe Kasten). Für den Investmentprofi und JoWooD-Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Sares war das offenbar kein Hinderungsgrund. Laut Erkenntnissen der FMA waren nicht weniger als sechs der acht von Sares verwalteten Fonds im Jahr 2010 in Aktien und Anleihen von JoWooD investiert. Und zwar nicht eben in geringem Ausmaß.

Bei fünf Fonds war JoWooD die mit Abstand größte Einzelposition. Der Sares-Fonds „EDGAR“ beispielsweise hatte per Stichtag 30.12.2009 exakt 8,02 Prozent des Fondsvolumens von rund 30,5 Millionen Euro in JoWooD investiert. Der „Active Equity Select“ hatte Ende 2009 8,13 Prozent der damals 14,5 Millionen Euro direkt in JoWooD-Papieren angelegt. Damit nicht genug, war dieser Fonds auch noch in hohem Maße in den vorhin genannten Fonds „EDGAR“ investiert. Kurz: Einige von Sares’ Anlagevehikeln waren mit mehr als der Hälfte des Kapitals entweder direkt bei JoWooD oder bei einem weiteren Sares-Fonds (und damit indirekt wieder in JoWooD) investiert. Laut Investmentfondsgesetz dürfen einzelne Aktientitel übrigens mit nicht mehr als zehn Prozent im Portfolio gewichtet sein. „Alle unsere Klienten waren stets umfassend über ihr Portfolio informiert. Man muss das auch in der Gesamtheit sehen: Diese Fonds sind für unsere Kunden ja nur ein kleiner Bestandteil einer Anlagestrategie“, so Sares gegenüber profil. Dass nun von zwei Kunden Schadenersatzklage wegen der Fondsgebarung eingebracht wurde, kann Sares nicht nachvollziehen.

Ende des Jahres 2010 erkaltete Sares’ Vorliebe für JoWooD schlagartig. Wie aus den von der FMA sichergestellten Orderbüchern hervorgeht, begann am 3. November 2010 der Ausverkauf. Von diesem Datum an warf die Sares Invest AG plötzlich jeden Tag Tausende JoWooD-Aktien auf den Markt. Bis Jahresende war beinahe der gesamte Bestand getilgt.

Was war geschehen? JoWooD war wirtschaftlich in existenzielle Nöte geraten. Im Herbst 2010 jagte eine Krisensitzung des Aufsichtsrats unter dem Vorsitzenden Michael Sares die nächste. Und die Berichte wurden immer dramatischer, die Anleger erfuhren davon allerdings nichts. Bereits am 21. September 2010 stellte der Aufsichtsrat laut einem (von Sares nicht unterzeichneten) Sitzungsprotokoll fest, „dass in der Halbjahresbilanz ein Verlust in der Höhe des halben Grundkapitals wahrscheinlich ist“, „die Gesellschaft wird bereits zu diesem Zeitpunkt in Form eines Notprogramms geführt, es fehlen ca. drei Millionen Euro Liquidität“. Ein eigens hinzugezogener Rechtsanwalt erläuterte die Möglichkeit einer Insolvenz.

Und Sares? „AR-Vorsitzender Sares merkt an, dass ‚er Angst hat, dass die Aktie nach den News weiter fällt‘“, heißt es im Protokoll. In der Aufsichtsratssitzung vom 29. Oktober 2010 wurde das Ausmaß der Katastrophe offenbar: Alle Kreditrahmen waren ausgeschöpft oder überzogen, die Gesellschaft musste Millionen-Abwertungen in der Bilanz vornehmen. Der Wirtschaftsprüfer erklärte laut Protokoll, „dass bis zur Hauptversammlung am 9. November 2010 keine positive Fortbestandsprognose vorliegen wird“.

Wenige Tage später begann Sares mit dem Verkauf der JoWooD-Aktien. Die Finanzmarktaufsicht kommt in ihrem Bericht an die Staatsanwaltschaft zu einer simplen Conclusio: „Es besteht der Verdacht, dass Herr Sares Informationen über die insolvenzgefährdete JoWooD Entertainment AG missbräuchlich an seine Portfoliomanager (…) weitergegeben hat, damit diese die Verkaufstransaktionen (…) durchführen.“ Und an anderer Stelle: „Die FMA ist der Meinung, dass Michael Sares als Primärinsider gegen das Insiderhandelsverbot (…) verstoßen hat.“

Michael Sares selbst bestreitet dies in seiner Einvernahme bei der Finanzmarktaufsicht. Vielmehr hätten zwei Mitarbeiter aus eigenem Antrieb und ohne jede Weisung die JoWooD-Titel so plötzlich abgestoßen. „Grundsätzlich versuche ich meinen Portfoliomanagern die größtmögliche Freiheit zu geben. Vor allem wenn ich ein Amt in einem Unternehmen innehabe, wo in den Fonds der Sares Invest Aktien­titel gehalten werden. Gerade dann habe ich mich einfach gar nicht eingemischt“, so Sares. „Ich habe den Portfoliomanagern keine Anweisungen gegeben, die JoWooD zu verkaufen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir die Aktien behalten. Ich habe an eine positive Zukunft von JoWooD geglaubt“, behauptet Sares gegenüber profil. Die FMA hält diese Schilderungen für „nicht nachvollziehbar“.

Die beiden Portfoliomanager waren zum Zeitpunkt der fragwürdigen Aktiendeals übrigens 24 und 31 Jahre alt, verfügten über keine nennenswerte Berufserfahrung und hatten erst seit Kurzem die Zeichnungsberechtigung, um solche Orders durchzuführen.
Dafür waren sie aber schon recht selbstständig.