Bilder aus der Vergangenheit plötzlich wieder aktuell

Die EM erlebt das Comeback der Hooligans

Das erste Wochenende der Fußball-EM hat die Rückkehr eines in weiten Teilen der Öffentlichkeit überwunden geglaubten Problems gebracht. Neben spannenden Spielen stand das Turnier bisher auch im Zeichen der Hooligans.

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Bisher gab es in Frankreich mehr als 70 Festnahmen, eigentlich relativ wenige angesichts der Vorkommnisse. Zum Vergleich: Beim Spiel Deutschland-Polen bei der WM 2006 in Dortmund hatte es lediglich am Abend des Spiels Ausschreitungen einheimischer Fans gegeben. Mehr als 400 Festnahmen waren damals die Folge.

In Frankreich befanden sich rund 40 der Festgenommenen am Montagvormittag noch in Haft. Einer war ein 37-jähriger Niederösterreicher, an seiner Tätowierung als Rapid-Anhänger zu identifizieren. Dem 37-Jährigen wird Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Heftiger Alkoholkonsum soll eine gewisse Rolle gespielt haben.

In Marseille war es am Freitag und Samstag rund um das Spiel zwischen England und Russland zu zahlreichen Zusammenstößen zwischen den Fans untereinander und der Polizei gekommen. Auch einheimische Radaubrüder mischten mit. Es gab rund 30 Verletzte, darunter mehrere Polizisten. Ein britischer Fan erlitt lebensgefährliche Verletzungen.

Die Zusammenstöße kamen nicht wirklich überraschend. Auch die UEFA hatte die Begegnung England-Russland als Hochrisikospiel eingestuft. Zwar war es in den vergangenen Jahren in England medial relativ ruhig um den Hooliganismus geworden, das bedeutete aber keineswegs, dass es ihn nicht gab. In der Premier League wurden Hooligans mittels der Preispolitik und rigorosem Vorgehen bei Fehlverhalten aus den Stadien verbannt. In den tieferen Ligen gab es die Auseinandersetzungen aber weiterhin, wenn auch nicht mehr oft in den Stadien.

Leicht nachzuvollziehen ist das Hooligan-Problem in Russland. Auf Youtube existieren Dutzende Videos von organisierten Hooligan-Auseinandersetzungen, oft mitten im Wald. Je 50 junge Männer - Anhänger bestimmter Vereine - schlagen und treten solange aufeinander ein, bis sich eine der Fraktionen nicht mehr rühren kann. Für polnische Hooligans gilt ähnliches.

Ein Veranstalter hat sogar eigene Hooligan-Turniere veranstaltet. Teams zu je fünf Kämpfern schlagen bei der sogenannten TFC nach Mixed Martial Arts-Regeln an einem geheimen Ort aufeinander ein. Wer sich nicht mehr wehren kann, ist ausgeschieden. Dass dann mitunter drei auf einen am Boden liegenden Kontrahenten eintreten, ist keine Seltenheit. Mit dem ungeschriebenen Kodex aus England, dem Mutterland der Hooligans, hat das nicht mehr viel zu tun: "Wer am Boden liegt, ist tabu", hieß es einmal.

Dass das Hooligan-Problem oft auch ein politisches ist, zeigt gerade das Beispiel Deutschland. In vielen Fällen gibt es eine Nähe zum Rechtsextremismus und zu Neonazis. Das zeigte sich beispielsweise in Lille, wo deutsche Hooligans mit der Reichskriegsflagge auftraten. Auch der Hitlergruß wurde nach Medienberichten gezeigt. Nach den Attacken auf ukrainische Fans blicken die Behörden mit einer gewissen Besorgnis auf das Auftreten der deutschen Anhängerschaft rund um das Spiel gegen Polen.

Harmlos muten angesichts dessen die Auseinandersetzungen in Österreich an: Beim Lustenauer Public Viewing beleidigten türkische Fans beim Spiel ihrer Mannschaft gegen Kroatien die Polizei, dann wurden pyrotechnische Gegenstände in der Zuschauermenge gezündet und der Veranstalter bedrängt. Mehrere Personen wurden angezeigt. In Graz gab es eine heftige, aber kurze Auseinandersetzung zwischen 30 türkischen und kroatischen Fans am Karmelitermarkt. Und auch in der Wiener Fanzone am Rathausplatz kam es zu einer kurzen Rauferei. Die Beteiligten flüchteten aber vor der Polizei.