Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer ist noch kurz Aufsichtsratsvorsitzender der Signa Prime Selection.
Signa

Gusenbauer-Video von Signa-Event: Situation ist „beschissen“

Ende 2022 machte Signa mit Mitarbeitern und Investoren drei Tage lang Party in einem Tiroler Luxushotel. Die Firmengruppe stand damals schon unter Druck. Ex-Signa-Aufsichtsrat Gusenbauer bezeichnete die Situation als „beschissen“, versprühte aber doch Zuversicht. Videomitschnitte liegen profil vor.

Drucken

Schriftgröße

Man soll Feste feiern, wie sie fallen. So hielt man das offenbar auch bei Signa.  Gefeiert wurde auch noch, als zumindest befürchtet  werden musste, dass das Immobilien- und Handels-Imperium von René Benko auf harte Zeiten zusteuerte . Mitte Dezember 2022 lud Signa zu einem dreitägigen Fest ins Tiroler-Luxushotel Interalpen. Das gesamte Hotel wurde gebucht. Es sollte eine rauschende Party werden - auch die deutsche Bild-Zeitung veröffentlichte Videomitschnitte: Tänzerinnen, viel Gin Tonic und ein noch von allen umjubelter René Benko.

Zu feiern gab es zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon nichts mehr. Offenbar war es aber der Signa-Führung wichtig, zumindest noch den Anschein eines wachsenden, zukunftsträchtigen Unternehmens zu wahren: „Aus deiner Sicht: die Situation, in der wir uns jetzt befinden und wo geht’s hin?“, fragt ein Moderator den damaligen Signa-Aufsichtsratschef und ehemaligen SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer bei einer Art internen Talk-Runde. Gusenbauer meinte: „Da gibt es eine kurze und eine lange Antwort.“ Die kurze: „Beschissen.“ In der längeren Ausführung ging der damalige Signa-Aufsichtsrat und -Berater auf das schwierige internationale Umfeld ein, auf den Ukraine-Krieg, die damals horrend hohen Energiepreise, die gestiegenen Zinsen. 

Nur zwei Wochen später, zum Bilanzstichtag am 31. Dezember würde die Signa Holding, also so etwas wie die Dachgesellschaft des Firmengeflechts, eine halbe Milliarde Euro Verlust verbuchen müssen. Die Signa Prime Selection, in ihr waren und sind auch nach der Pleite die schillerndsten und wertvollsten Signa-Immobilien gebündelt, musste 1,2 Milliarden Euro abwerten. Auch die Bankenaufsicht begann langsam, sich speziell für die Signa-Kredite der einzelnen Finanzinstitute zu interessieren.

Party statt Kater

Gusenbauer versuchte dennoch, gegenüber Mitarbeitern und Investoren Optimismus zu versprühen: Für den Ex-Kanzler stellten die damals im Eiltempo steigenden Zinsen zwar ein Ärgernis, aber kein Hindernis dar. „Wir merken bereits, dass sich am langen Ende die Zinssituation wieder verbessert“, meint Gusenbauer dazu. Er ging sogar von einer Entspannung in „zwei bis drei Jahren“ aus.

Und bis dahin gebe es für Signa ja noch genug zu tun. „Wir haben eine gefüllte Pipeline“, sagte Gusenbauer - also eine Reihe von Projekten, die noch fertiggestellt werden müssen. „Ich finde, es war gut, dass wir so bullish (sic) waren und unsere Auftragsbücher so gefüllt haben und wir uns aussuchen können, zu welchem Zeitpunkt wir welches Projekt realisieren und zu welchen Kosten“, pries Gusenbauer laut vorliegendem Video den rasanten Expansionskurs. Zur in Aussicht gestellten Realisierung wichtiger Immobilienvorhaben kam es dann bekanntlich nicht mehr. Zu den angesprochenen Projekten gehörten etwa das halbfertige Lamarr auf der Wiener Mariahilfer Straße und die Elbtower-Baustelle in Hamburg. Sie müssen jetzt als Bauruinen verwertet werden. 

Es bleibt nun die Frage, warum Signa am Ende eines alles andere als erfolgreichen Geschäftsjahres ein derart rauschendes Fest feierte – und das in einem teuren Luxushotel. Gusenbauer ließ eine profil-Anfrage unbeantwortet.  Mittlerweile wurde aus der „beschissenen“ Situation endgültig eine aussichtslose. 

Marina  Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).

Anna  Thalhammer

Anna Thalhammer

ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.