DIE LETZTEN TUNFISCHTAGE VON TSUKIJI: Nach 83 Jahren hieß es shoganai: Da kann man halt nichts machen ...

eatdrink von Klaus Kamolz: Tataki Blues

Tsukiji: Requiem für einen Fischmarkt.

Drucken

Schriftgröße

Eigentlich ist es eine traurige Geschichte wie Tausende andere auch. Ganz kurz erzählt: Ende Legende, so wird's nie wieder.

Viele von denen, die diese Legende mit Leben erfüllten, gaben sich dieser Tage betrübt, ratlos, verzweifelt; um der Sache näher zu kommen: so herzzerreißend wehmütig, wie es nur Japaner können, die solche emotionalen Ausbrüche in früheren Zeiten bisweilen sogar mit Harakiri krönten. Immerhin, heute sagen sie nur shoganai, was wir hierzulande mit "kannst eh nix machen" übersetzen würden.

Was ist passiert? Nach 83 Jahren schloss vor einer Woche der größte Fischmarkt der Welt seine Pforten: der Tsukiji in Tokio.

Weinende Fischhändler waren weltweit in den Medien zu sehen; nicht wenige verbrachten ihr Leben hier, sind auf glitschigen Böden zwischen Hunderte Kilo schweren Tunfischen und Becken voller Aale, Seeigeln und beinahe 500 weiteren Arten von Meerestieren aufgewachsen. Mehr als 400.000 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte im Handelswert von 3,3 Milliarden Euro wurden hier im Jahr umgesetzt; davon allein 38.000 Tonnen Tunfisch, hauptsächlich über Auktionen, die täglich bis zu 1,8 Millionen Euro einbrachten.

Tataki ist für mich die beste Art, Tunfisch zuzubereiten.

Ich habe vor Jahren das Glück gehabt, Tsukiji zu besuchen, als einer von nur etwa 100 Touristen, die jeden Morgen zu den Tunfisch-Auktionen zugelassen werden. Nichts geht nämlich leichter, als in diesem Chaos mit geheimer, für Besucher undurchschaubarer Ordnung im Weg herumzustehen. Man konnte im Tsukiji aber noch viel mehr tun: um fünf Uhr früh in einer der zahllosen Ramen-Bars auf die Schüssel zeigen, die gerade ein hungriger Verleihnix ausschlürfte, und mit Händen und Füßen bedeuten: Das will ich auch! Besonders haben mich damals die langen Gänge beeindruckt, in denen sich beidseitig Läden mit Gastronomiebedarf aneinanderreihten, vor denen meterhohe Türme mit Säcken voller Plastik-Maki und -Nigiri standen, die für die Auslagen der Sushi-Buden dieses Planeten bestimmt waren.

In diesen Tagen eröffnet Toyosu, der neue Fischmarkt, auf einem Stück Land, das Bagger in der Bucht von Tokio dem Meer abgetrotzt haben. Man wird dort mit Zähltickets auf einer Galerie den morgendlichen Tunfisch-Auktionen beiwohnen können. Alles wird effizient sein, geordnet und daher auf eine seelenlose Art dem Kommerz untergeordnet. Wie sagt man da, auch als Besucher? Shoganai.

Als Requiem für Tsukiji gibt es deshalb heute ein Tunfisch-Tataki der Marke Eigenbau. Tataki ist nämlich für mich die beste Art, Tunfisch zuzubereiten. Er bleibt dabei fast roh, ummäntelt sich aber mit einer dünnen äußeren Schicht aus appetitlichen Röstaromen.

Tunfisch-Tataki

Für 4 Personen: Für die Marinade je 2 EL Sojasauce und Reisessig, je 1 EL Rohrzucker und Honig sowie den Saft von einer Limette in einem Töpfchen aufkochen, etwas reduzieren und auskühlen lassen. 400 g möglichst quaderförmigen Tunfisch in wenig neutralem Pflanzenöl sehr scharf ca. 10 Sekunden pro Seite anbraten und aus der Pfanne nehmen. Mehrmals gründlich mit der Marinade bestreichen. 3 EL Sesamkörner in einer fettlosen Pfanne hellbraun rösten und mit ca. 1 EL grob geschrotetem Pfeffer in einen flachen Teller geben. Den Tunfisch darin wälzen. Für die Garnituren: aus 2 Dottern, Pflanzenöl und etwas Limettensaft eine kleine Mayonnaise aufschlagen und mit 1 TL Wasabipaste (es gibt in Asia-Shops Produkte auf Basis echter Wasabiwurzel statt gefärbten Rettich) glattrühren. 100 g Edamame (grüne TK-Sojabohnen) knackig kochen. 4 Jungzwiebeln (ca. 10 cm ab der Wurzel) längs halbieren und in etwas Öl anbraten, bis sie bräunen. Tunfisch in 1 cm dicke Scheiben schneiden, überlappend auf Tellern anrichten und mit Blattsenfsalaten, Sprossen, den Sojabohnen und Jungzwiebeln garnieren. Zum Schluss mit feinen Schlieren der Wasabi-Mayonnaise überziehen.

Tunfisch-Tataki