Dives im Interview: "Die Musik hat uns gerettet"

"Teenage Years Are Over" schüttelt Unsicherheiten ab und verweist Mansplainer auf die Bank.

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Das Jugendalter verlassen heißt nicht gleich erwachsen werden: Das Wiener Trio Dives hat ihren eingängigen Sound gefunden und bleibt dennoch offen für Neues. In den bald vier Jahren ihres Bestehens haben sich Dora De Goederen, Tamara Leichtfried and Viktoria Kirner durch Indie-, Surf-, Garage- und Punkrock gespielt und die heimische Gitarrenschrammelszene ein Stück neu belebt.

Ihr Debütalbum „Teenage Years Are Over“ macht Spaß, bleibt aber stets angriffig. So macht die Nummer "Chico" klar: Es braucht weder lupenreine Sexisten noch scheinbar gutgemeintes Mansplaining. Im Falle von Dives wird Musik nicht aus einer Rockstar-Laune heraus gemacht, man scheint einfach keine andere Wahl zu haben.

Gerade hat sich das Trio zur Deutschland- und Schweden-Tour aufgemacht. Zuvor war aber noch Zeit für ein paar drängende Fragen.

profil: Offiziell ist „Teenage Years Are Over“ euer Debütalbum. Wie hat sich die musikalische Herangehensweise seit dem Minialbum von 2017 verändert? Dives: Die Songs entstehen immer noch gemeinsam im Proberaum. Manchmal ist zuerst eine Bassline da, eine Gitarrenmelodie oder ein Drumbeat. Dann wird darüber gejammt und das Ergebnis wird bestenfalls ein Song. Wir sind immer noch sehr offen, wohin unser Sound gehen kann, setzen uns selten Grenzen und probieren viel aus.

profil: Ist es gemäß dem Titel des Albums wirklich schon an der Zeit, erwachsen zu werden? Dives: Nein. Vielmehr geht es darum, die Unsicherheit abzulegen, die einen häufig gerade in den Teenagerjahren begleitet, und unsere Findungsphase als Band ein Stück weit abzuschließen; zu wissen wer wir sind und was wir können – und letztlich unsere Stärken zu (er-)kennen. Aber tatsächlich war eine von uns zum Zeitpunkt der Bandgründung noch ein “Teenie“.

profil: Ihr beschreibt die ersten Gehversuche von Dives als schwierig und konfliktbeladen. Was hat euch als Band erhalten? Dives: Das klingt vielleicht kitschig, aber tatsächlich hat uns die Musik gerettet. Wir haben es oft selbst gar nicht glauben können, aber man kann mit den basalsten musikalischen Skills schon einen coolen Jam machen und dann entsteht etwas Magisches, das niemand geplant oder erwartet hat.

Aber es gab einige Faktoren, die unseren Anfang als Band erschwerten. Kennengelernt haben wir uns am pink noise Girls* Rock Camp. Teilweise wurden die Instrumente, die wir jetzt spielen, erst dort oder danach erlernt. Wir wussten nicht, welche Musikrichtung überhaupt entstehen soll. Und wir hatten alle drei unterschiedliche Vorstellungen davon, was „poppig“ klingt. Seit wir den Begriff aus dem Proberaum verbannt haben, streiten wir viel weniger.

profil: Einer der frühen Dives-Songs, „Tomorrow“, erscheint jetzt auch auf dem Debütalbum. Eine bewusste Entscheidung? Dives: „Tomorrow“ entstand in einem dieser magischen Jam-Momente. Der Song war auf einmal da. Er ist so wichtig, weil er uns damals einen neuen Weg eröffnet und soundmäßig einen neuen Abschnitt eingeläutet hat. Der Song war so richtungsweisend für alles danach, dass von Anfang an klar war, dass er auf unser Debütalbum kommt.

profil: Wenn ihr an eure Teenagerzeit denkt: War es früher besser, schlechter, oder doch nur anders? Dives: War früher nicht immer alles besser?

Albumdebüt: Teenage Years Are Over

profil: Ihr habt in den letzten Jahren viel live gespielt, wart mit unterschiedlichsten Künstlern und Bands wie Bilderbuch oder dem Indierock-Star Courtney Barnett auf Tour. Wie hat euch das beeinflusst? Dives: Auf Dauer ist man gezwungen, sich ein Stück weit zu professionalisieren. Wir haben jetzt unsere eigene Tontechnikerin, eigenes Equipment und werden routinierter. Auch zwischenmenschlich haben wir viel mitgenommen: Etwa unser gemeinsames Idol Courtney Barnett zu treffen und von ihr Zuspruch zu erfahren, war enorm empowernd.

profil: Welche Erwartungen habt ihr mit dem neuen Album? Dives: Menschen mit unserer Musik zu begleiten, vielleicht eine gewisse Zeit zu prägen, und der Soundtrack für jemandes schöne, traurige und lustige Momente zu sein. Und natürlich in neuen Städten und Ländern spielen zu können.

Interview: Philip Dulle

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.