Großdemonstration: Auch Katalenen streben nach Unbabhängigkeit
Nach Schätzung des Rathauses strömten 1,8 Millionen Teilnehmer zusammen und verlangten volle Souveränität für Katalonien, nach Angaben aus Madrid waren es rund eine halbe Million.
Umstrittene Wahl zur Souveränität
Die Regionalregierung will die Katalanen am 9. November über ihre Unabhängigkeit abstimmen lassen, obwohl die spanische Zentralregierung das Vorhaben als illegal betrachtet. "Am 9. November werden wir wählen. Am 9. November werden wir gewinnen", stand auf dem Führungsbanner des Demonstrationszuges, der zwei zentrale Verkehrsadern in Barcelona blockierte. "Unsere Kultur, unsere Sprache und unsere Traditionen müssen respektiert werden", forderte ein mitmarschierender Student. "Aber wir haben erkannt, dass das in diesem Staat unmöglich ist."
Im Windschatten Schottlands
Die Forderung nach Unabhängigkeit ist nicht neu, so brisant wie dieser Tage war sie aber noch nie: In Schottland wird am kommenden Donnerstag über die Frage abgestimmt, ob es zu einer Loslösung von Großbritannien kommt. Sollten die Schotten das Vereinte Königreich Großbritannien verlassen, worauf jüngste Umfragen hinzudeuten scheinen, erhoffen sich die Katalanen unter anderem Aufschluss darüber, was das für die EU-Mitgliedschaft bedeutet.
Der katalanische Präsident Artur Mas hatte am Mittwoch im AFP-Interview abermals für einen Volksentscheid über die Loslösung der autonomen Region von Spanien propagiert: "Wenn eine Nation wie Schottland wählen darf, warum nicht Katalonien?", fragte er. "Wenn das katalanische Volk über seine Zukunft abstimmen möchte, ist es praktisch unmöglich, es auf ewig daran zu hindern."
Schicksalstag vor 300 Jahren
Die Großdemonstration am Donnerstag in Barcelona fiel zeitlich zusammen mit dem "Nationalfeiertag" (Diada). Der jährliche Termin erinnert an die Eroberung Barcelonas am 11. September 1714 durch spanische und französische Truppen während des spanischen Erbfolgekriegs. Das Datum wird von vielen Katalanen als Schicksalstag betrachtet, an dem sie ihre Selbstbestimmung verloren.
Katalonien liegt im Nordosten Spaniens und verfügt über ein eigenes Parlament und eine Regierung. Die autonome Region, die mit Katalanisch auch eine eigene Sprache hat, erwirtschaftet etwa ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Besonders laut wurden die Rufe nach staatlicher Souveränität, als der spanische Staat im Zuge der Finanzkrise ab 2008 viele Milliarden Euro in den taumelnden Finanzsektor des Landes pumpte.
Widerstand der Richter in Madrid
Zwar hatte sich Katalonien im Jahr 2006 schon zur "Nation" erklärt, doch das spanische Verfassungsgericht erkannte der Region diesen Status wieder ab. Auch der neuerliche Vorstoß für ein Unabhängigkeitsreferendum könnte am Widerstand der Richter in Madrid scheitern.
Die 86-jährige Lourdes Castellseguer, die in Barcelona auf einen Krückstock gestützt mitdemonstrierte, gab sich dennoch optimistisch. "Es wird nicht einfach, weil sie uns jede Menge Knüppel zwischen die Beine werfen werden", sagte die Rentnerin. Trotzdem rechnet sie mit einem Erfolg und hofft, "dass ich den auch noch erleben werde".
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(APA/Red.)