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US-Wahl 2020: Noch kein Ergebnis - USA vor Machtvakuum

Noch kein Ergebnis in den USA: Präsident Donald Trump beansprucht Wahlsieg für sich und will Supreme Court einschalten.

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Die US-Präsidentenwahl droht zu einer Hängepartie mit juristischen Folgen zu werden. Bis Mittwochmittag (MEZ) standen die Ergebnisse in entscheidenden Staaten, allen voran Pennsylvania, noch aus. Dessen ungeachtet erklärte sich der amtierende Präsident Donald Trump zum Wahlsieger. "Die Ergebnisse heute waren phänomenal", sagte Trump vor Anhängern in Washington. "Ehrlich gesagt, haben wir gewonnen." Zugleich kündigte Trump an, notfalls den Obersten Gerichtshof einzuschalten.

Sein Herausforderer Joe Biden von den Demokraten, äußerte sich zuversichtlich, die Wahl für sich zu entscheiden. "Behaltet den Glauben, Leute", richtete er sich an seine Anhänger. "Wir werden das hier gewinnen."

In den Staaten Nevada, Georgia, North Carolina, Michigan und Wisconsin wurde noch ausgezählt. Pennsylvania könnte mit seinen 20 Wahlleuten am Ende der entscheidende Staat sein. Gouverneur Tom Wolf erklärte auf Twitter, dass noch mehr als eine Million Briefwahl-Stimmen ausgezählt werden müssten. Trump warf er vor, mit seinem Auftritt die Demokratie in den USA zu beschädigen. Bis zum Mittag hatte Trump nach offiziellen Zählungen 213 Wahlleute auf sich vereinigen können und Biden 220. Für den Wahlsieg braucht ein Kandidat mindestens 270.

"Wir stehen GROSS da, aber sie wollen die Wahl STEHLEN. Wir werden das nicht zulassen", schrieb Trump auf Twitter. "Stimmen können nicht mehr abgegeben werden, wenn die Wahllokale geschlossen sind." Da noch ausgezählt wurde, versah Twitter diesen und andere Beiträge mit einem Warnhinweis: "Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess." Auch Facebook teilte mit, Posts der beiden Kandidaten zum Ausgang der US-Wahl mit dem Hinweis zu versehen, dass die Auszählung der Stimmen in einigen Staaten noch andauere.

Kontrahent Biden setzte Trump entgegen, dass es einzig die Entscheidung des amerikanischen Volkes sei, wer neuer Präsident werde. Auf Twitter erklärte er, sobald jemand vor einem Wahllokal anstehe, könne die Person ihre Stimme noch abgeben, auch wenn das Wahllokal offiziell bereits geschlossen sei. Auch er drohte mit juristischen Schritten. Trump ist zudem die Briefwahl ein Dorn im Auge, mehrfach hat er vor Unregelmäßigkeiten gewarnt. Umfragen zufolge machen vor allem Anhänger der Demokraten davon Gebrauch, während Republikaner bevorzugt klassisch am Wahltag selbst ihre Stimme abgeben.

Trump schürte mit seinen Äußerungen die Sorgen vor einer langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzung, die das Land in eine Verfassungskrise stürzen könnte. Befürchtet werden auch Unruhen und eine noch tiefere Spaltung eines Landes, das bereits schwer erschüttert ist durch die Coronavirus-Pandemie, die damit einhergehende Wirtschaftskrise und monatelange Anti-Rassismus-Proteste. Auch an den weltweiten Finanzmärkten wird eine Hängepartie mit Sorge gesehen. Am Mittwoch tendierten die Aktienindizes in Europa leicht im Minus.

Der 74-jährige Trump konnte zwar den überaus wichtigen sogenannten Swing State Florida und Ohio für sich entscheiden und gewann auch in Texas, wo Biden vor der Wahl durchaus Chancen zugestanden worden waren. Nachwahlbefragungen in Florida zufolge konnte Trump vor allem bei der rasant wachsenden und damit immer wichtiger werdenden Wählergruppe der Latinos im Vergleich zu 2016 Boden gutmachen. Der 77 Jahre alte Biden erklärte, er sei zuversichtlich, vor allem auch in den industriell geprägten Staaten Pennsylvania und Michigan sowie in Wisconsin. 2016 konnte Trump diese "blaue Wand" im Rostgürtel der USA knacken. Das sicherte ihm damals den Sieg über Hillary Clinton. Zudem könnte sich der Demokrat in Arizona durchsetzen, wo Trump vor vier Jahren noch gewonnen hatte.

In der Regel werden alle Wahlleute eines Bundesstaats dem Kandidaten zugeteilt, der dort am besten abschneidet. So kann es kommen, dass der erfolgreiche Kandidat zwar die meisten Wahlleute hinter sich vereinen kann, aber nicht landesweit die meisten Stimmen. Zuletzt war dies 2016 der Fall, als Trump die Demokratin Clinton besiegte, obwohl er drei Millionen Wählerstimmen weniger bekam.

Bei den parallel ausgetragenen Kongresswahlen konnten die Demokraten Hochrechnungen zufolge ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Im Senat blieb die Sitzverteilung indes zunächst noch unklar. Im Vorfeld konnten sich die Demokraten Hoffnung machen, hier die Kontrolle zu übernehmen, allerdings müssen sie den Republikanern dafür mindestens drei Sitze abjagen. Dies zeichnete sich zunächst aber nicht ab. Fünf Wahlergebnisse standen im Senat bis zum Mittwochmittag noch aus, zudem gibt es am 5. Jänner eine Stichwahl in Georgia. Gewählt wurde das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel der 100 Senatoren.

Die Wahl stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Wirtschaftskrise. Es war eine Abstimmung, wie es sie so in der Geschichte der USA noch nicht gegeben hat. Mehr als 100 Millionen Amerikaner stimmten schon im Vorfeld ab. Nicht zuletzt um sich vor einer Virus-Ansteckung in den Warteschlangen vor den Wahllokalen zu schützen, nutzten sie die Möglichkeit, ihren Stimmzettel früher abzugeben oder per Brief einzusenden. Die USA sind das weltweit am stärksten von der Pandemie betroffene Land. Berichte über gewaltsame Zwischenfälle an Wahllokalen, die im Vorfeld befürchtet wurden, lagen zunächst nicht vor.