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Lebensqualität

Als Standort für Life Sciences und Pharma hat sich Österreich einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Doch es braucht Anstrengungen, um diese Position zu verteidigen.

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von Robert Prazak

Vorgezogen oder zusätzlich? Impfpass oder Freitesten? Öffnungsschritte oder Verlängerung des Lockdowns? Politische Debatten um Corona-Impfungen und Impfstoffe dominieren die Schlagzeilen. Davon abgesehen steht aber fest: Ohne die Forschung gäbe es keine Aussicht auf ein Ende oder zumindest eine Abschwächung der Pandemie. Und das wiederum zeigt, wie wichtig Life Sciences (der moderne Begriff für Biowissenschaften, unter anderem Medizin und Biologie) für Wirtschaft und Gesellschaft sind – und Österreich spielt in diesem Sektor weltweit eine wichtige Rolle. So arbeitet die Wiener Pharmafirma Marinomed an einem Nasenspray als Schutz gegen Corona, das Grazer Start-up Innophore kann mithilfe künstlicher Intelligenz Mutationen des Virus vorhersagen, das Biotech-Unternehmen Apeiron Biologics des Genetikers Josef Penninger will ein neues Medikament gegen Covid-19 herstellen und verschiedene hochwirksame Corona-Tests wurden hierzulande entwickelt.

Der französisch-österreichische Pharmakonzern Valneva wiederum verhandelt gerade mit der EU über eine Zulassung seines Impfstoffs; Großbritannien hat sich bereits große Mengen davon gesichert. Dieses Unternehmen betreibt in Wien einen Forschungsstandort, auch die Studien zum Corona-Impfstoff wurden von Österreich aus koordiniert. Und das US-Pharmaunternehmen Pfizer, das gemeinsam mit seinem deutschen Partner Biontech insgesamt 600 Millionen Corona-Impfstoffdosen an die EU liefert, produziert in Orth in Niederösterreich etwa Impfstoffe gegen FSME – dort werden gerade neue Labors für ein Qualitätskontrollzentrum errichtet. Pfizer-Österreich-Chef Robin Rumler lobt den Standort Österreich, es bestehe aber in einigen Bereichen Aufholbedarf – etwa bei der Grundlagenforschung. Ginge es nach dem Schulnotensystem, bekämen wir ein „gut“, müssten aber ein „sehr gut“ werden, meint er. „Die Spitzenforschung im Grundlagenbereich ist unterfinanziert, hier muss angesetzt werden.“ Davon abgesehen: Das Wettrennen um die Covid-19-Impfstoffe haben seiner Meinung nach den Life Science-Bereich und die Leistungen der pharmazeutischen Industrie stärker in den öffentlichen Fokus gerückt; zudem sei die das Ansehen faktenbasierter Wissenschaft gestiegen. „Es wird deutlicher wahrgenommen, welche negativen Folgen es haben kann, wenn der Wissenschaft kein Glauben geschenkt wird und sich Fake News verbreiten.“

3,18 Prozent betrug die Forschungsquote (Anteil der Forschungsausgaben am BIP) in Österreich im Jahr 2019 – das war die zweithöchste Quote in der EU nach Schweden. Für 2020 wurde keine Quote erhoben.

Österreichs gutes Image als Life-Sciences-Standort kommt also nicht von ungefähr. „Grundsätzlich ist der Bereich Life Sciences ein Stärkefeld der österreichischen Industrie – und dieser Fokus hat sich nun noch verstärkt“, meint Marion Biber, Managing Director bei der Ansiedlungsagentur Austrian Business Agency (ABA). Österreich punkte vor allem mit der starken Kooperation zwischen Unternehmen und Universitäten, mit bestens qualifizierten Fachkräften sowie mit attraktiven Förderungen für Unternehmen, etwa der Forschungsprämie. Dabei hat sich der Wettbewerb zwischen den einzelnen Standorten gerade wegen Corona nochmals verschärft. „Viele Länder wollen in dieser Hinsicht etwas tun“, meint Biber. Die Vorreiterrolle Österreichs sei aber nicht gefährdet. Ein Pluspunkt sind die erwähnten Kooperationen mit Universitäten. „Die Forschung sitzt in Österreich nicht im Elfenbeinturm“, meint Biber. Dazu kommt: Die Verschmelzung von Life Sciences mit der IT – etwa der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Diagnostik oder E-Health – erhöht nochmals die Chancen Österreichs, dass innovative Unternehmen hierher expandieren. „Die Grenzen zwischen einzelnen Branchen verschwimmen immer mehr und es entwickeln sich Technologiefelder“, meint Biber.

Was macht die Ansiedlungsagentur ABA, um Unternehmen und Forschungseinrichtungen nach Österreich zu holen? „Wir begleiten die Unternehmen während des gesamten Standortevaluierungs- und Ansiedlungsprozesses mit Informationen, Argumenten für Österreich sowie Kontakten und organisieren auch Standortbesuche mit allen notwendigen Terminen“, sagt Biber. Zuletzt wurde von der Regierung angekündigt, Österreich als Standort für Arzneimittelforschung und -produktion zu stärken. Dazu gelte  nun, entsprechende Rahmenbedingungen zu etablieren, sagt Rumler: „Und zwar langfristig und in eine europäische Gesamtstrategie eingebunden.“ Faktoren wie Erleichterungen im Steuerbereich oder das Bekenntnis, mehr klinische Forschung ins Land zu holen können dazu beitragen, den Standort Österreich weiter zu stärken.

Forschungsdrang

Rund 22 Milliarden Euro werden in Österreich jährlich im Bereich Life Sciences und Pharma umgesetzt, Tendenz steigend. So zählt das Vienna Biocenter als Zusammenschluss von Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu den wichtigsten Zentren für Life Sciences in Europa. Zudem betreibt das deutsche Unternehmen Otto Bock ein großes Forschungszentrum in Wien – hier werden unter anderem neue Hightech-Prothesen entwickelt. Aber auch in Tirol (Life Sciences Tirol), der Steiermark (Human Technology Styria), Niederösterreich (Technopol Krems) und Oberösterreich (Medizintechnik-Cluster) wird etwas für die Gesundheit getan.