Land am Strom

Autodrom von David Staretz: Land am Strom

10.000 Elektroautos in Österreich angemeldet.

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Was lesen wir daraus? Wenig. Man muss nur die aktuelle Ausgabe der "autorevue“ durchblättern, um die Angelegenheit in klarem Licht zu sehen. So schreibt Rudolf Skarics in seinem Kommentar, dass Österreich geradezu ein Vorzeigeland in Sachen Elektromobilität geworden sei, dank lenkender Maßnahmen wie Steuererleichterung und Förderungen. Kein Sachbezug bei Privatnutzung des Firmenwagens. Selbst der Importeur bezahlt einen Teil der Förderung mit. (Aus eigener Tasche?) Auch die Energiebilanz eines Elektroautos sei sinnvoll. Es benötigt ungefähr 20 Kilowattstunden Energie auf 100 Kilometer, während ein Verbrennungsmotor ungefähr 80 Kilowattstunden für dieselbe Strecke benötigt, also viermal so viel. Freilich benötigt das Elektroauto deutlich mehr Energie bei der Herstellung. Und was Batterieherstellung und -entsorgung betrifft, darüber gibt es immer noch keine klaren Erkenntnisse. Egal, die Energiebilanz fürs Stromern ist deutlich besser. Das Prob-lem, schreibt Skarics, liege allerdings in der Bereitstellung der Energie. Strom lässt sich ja ungern lagern, Wind- und Solarstrom befinden sich in Winterstarre, und wer stolz auf Österreichs Wasserkraft und ihre ökologische Mustergültigkeit verweist, dem (oder der) muss man die aktuelle Broschüre des WWF (Download auf wwf.at) entgegenhalten, worin man erfährt, dass Österreich einen Wasserkraft-Ausbaugrad von fast 70 Prozent hat, womit man sich im EU-Spitzenfeld befindet. Es sind aber weitere Kraftwerke an Österreichs Flüssen geplant. "Die Begehrlichkeiten von Industrie und Energieversorgern auf die letzten Wildflüsse Österreichs nehmen unaufhörlich zu“, mahnt der WWF. Stichworte: bedrohte Auwälder am letzten unverbauten Inn-Abschnitt, die Schwarze Sulm im Oberlauf bei Schwanberg. Dass bedingungsloser Kraftwerksausbau keine Lösung sein kann, liegt auf der Hand. Es gibt kein Ende der Begehrlichkeiten, wenn man den Stromlobbys ihren Willen lässt. Und wenn doch, dann stehen wir wirklich am Ende.

Gut, man kann Strom importieren. Das tut man bereits in hohem Maße, speziell im Winter. Wer allerdings auf ökologischen Frieden hofft, liegt falsch. Meist wird ausländischer Strom aus kalorischen oder Atomkraftwerken gewonnen, der eigentliche Mix, der via Haushaltsstrom in unser Elektroauto fließt, ist nicht nachvollziehbar. Umso nachvollziehbarer sind Zeiten und Wege der Nutzer. Das Elektroauto macht uns zu völlig durchsichtigen Menschen, allein angesichts der erschreckenden Tatsache, dass man, wie Rudolf Skarics schreibt, "Strom nicht mit Bargeld kaufen kann“. Womit man fette Datenspuren hinterlässt, von den verpflichtenden und freiwilligen On-Board-Connectivities einmal abgesehen.

Und blättert man in der "autorevue“ weiter nach hinten, lesen wir, dass Strom, bezogen auf seinen Energie-Inhalt, jetzt schon viel teurer ist als Verbrenner-Kraftstoffe. Diese Feststellung steht vor der Sorge, dass, sobald der Stromanteil signifikant steigt und der Fossilbedarf mitsamt seiner wunderbaren Steuerkonstrukte (die dem Staate allein sieben Milliarden Euro pro Jahr einbringen) entsprechend sinkt, das notwendige Geld anderweitig eingetrieben werden muss. Man kann sicher sein, dass bereits kreative Aushecker zugange sind, um das Stromfahren (das jetzt schon fast so viel kostet wie ein sparsamer Dieselwagen benötigt) auch für den Staat lukrativ zu machen. Das war ja vor 30 Jahren beim Dieselkraftstoff genauso.

Noch einmal zum Sachverständnis: Das Elektroauto per se ist ja ein Rückschritt in vielerlei Hinsicht. Es wird massiv Arbeitsplätze reduzieren und zu Abhängigkeiten führen, von denen wir heute noch gar keine Ahnung haben. Es wird auch eine soziale Komponente haben, denn in Elektroautos mit ihrer geringen Reichweite und ihren eingebauten Überwachungssystemen (wie immer man sie nennen möchte) fühlt man sich grundsätzlich unfrei. Ein spontaner Abstecher über den Packsattel? Leider nicht möglich.

Eigentlich wollte ich etwas Fröhliches schreiben, aber zu mehr als bis zum ersten Satz hat die Energie nicht gereicht. Mit dem Elektroauto kommt Commuten statt Autofahren, es werden ja auch keine Könnerschaften, keine Fähigkeiten mehr verlangt. Auch das wird unterschätzt - dass es der Mensch zuerst nicht so mag, herausgefordert zu werden aus der Bequemlichkeit, aber sobald er Fähigkeiten erworben hat, liebt er es, diese zu verfeinern, im Wettbewerb zu schärfen und zu vergleichen. Was sollen wir beim Elektroauto lernen? Neue Apps entwickeln für Rekuperationswettbewerbe?

Man darf nicht aus den Augen lassen, dass Elektroautos eigentlich Low-Tech sind und dass Autohersteller unter Öko-Zugzwang einfach keine besseren Konzepte besitzen. Allerdings tut sich jetzt beim Thema Wasserstoffauto (Brennstoffzelle) wieder einiges. Daimler, BMW, der Gase-Hersteller Linde und zehn weitere Unternehmen haben sich zum Hydrogen Council zusammengeschlossen. Zusammen wollen sie jährlich 1,4 Milliarden Euro in den Ausbau der Technik investieren. Wasserstoff lässt sich leichter speichern als Strom, wird direkt im Auto in elektrische Energie umgewandelt. Im Auspuff: Wasserdampf. Höhere Reichweiten, schnelleres Betanken. Dennoch ein Rattenschwanz von Problemen. Es kommt halt nichts ans Einsparen heran. Bitte nach Ihnen!