Das Zeitalter der Ultra-Premium-Smartphones

Fast alle großen Smartphone-Hersteller haben ihre Flaggschiff-Linie in ein Premium und ein Ultra-Premium Segment geteilt. Man bezahlt dabei allerdings oft für das "mitgelieferte" Lebensgefühl und weniger für die Hardware.

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Ungefähr seitdem sich das Ziel vom randlosen Display als neuer Standard der Smartphone-Branche breitenwirksam etabliert hat, also womöglich irgendwann zwischen den ersten Plänen und der offiziellen Ankündigung des Samsung Galaxy S8, scheint auch der Trend einer dualen Flaggschiff-Linie breitenwirksam wahrgenommen zu werden. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass es natürlich schon vor der S8-Serie nahezu randlose Displays bei Smartphones gab, etwa beim chinesischen Xiaomi Mi Mix, oder dem LG G6, das jedoch hoffnungslos im Marketinggetöse um Samsungs “Infinity Display” unterging.

Zweigeteilte Spitze

Bis vor kurzem hatten die meisten großen Hersteller nämlich bloß eine Produktlinie von Premium Geräten, die sozusagen als Referenz innerhalb der eigenen Marke und im besten Fall innerhalb der Branche gelten sollte. Damit sind Geräte, wie das Galaxy S bis zum Galaxy S8, das iPhone 3G bis zum iPhone 8 oder das LG G2 bis zum G6 gemeint. Was sich aber schon in den letzten Jahren und Monaten abzeichnete, ist dieses Jahr noch verstärkt worden: Die ursprünglichen Premium Smartphones werden immer mehr von teureren, noch leistungsstärkeren und vor allem aufwändiger designten Ultra-Premium Smartphones (Anm.: Diese Bezeichnung wurde vor kurzem vom Technik-Journalisten Martin Barcza in einem Gastbeitrag auf “Android Authority”, einem der weltweit führenden Online-Magazine im Bereich Smartphone und Technik, eingeführt.) ergänzt und sogar teilweise verdrängt. Am deutlichsten ersichtlich wurde dieser Trend, als Apple das iPhone X präsentierte. Damit wurde vom Trendsetter aus Cupertino erstmals eine luxuriöse Alternative zu der herkömmlichen iPhone-Serie vorgestellt. Das ist schon alleine aus dem Grund bemerkenswert, weil Apple in der Vergangenheit die eigenen Geräte grundsätzlich als die bestmögliche und angenehmste Variante eines Smartphones überhaupt positioniert hat. Davor hatte man höchstens billigere Versionen, wie etwa das iPhone 5C oder das iPhone SE, eingeführt. Auch Samsung positioniert das aktuelle Note 8 in einer ähnlichen Kategorie und - wie Apple das iPhone X - ebenfalls mit vierstelligen Verkaufspreis.

iPhone hat an Prestige verloren

Mögliche Ursachen für diese Veränderung lassen sich viele finden. So hat beispielsweise das iPhone über die letzten Jahre im Vergleich zu Android-Geräten sehr an Prestige eingebüßt. Während die Smartphones von Steve Jobs früher noch als absolutes Nonplusultra galten, haben Samsung und co. stark aufgeholt und können mit ähnlich anmutigen und ansehnlichen Smartphones aufwarten. Hinzu kommt, dass die wirklich großen Schritte in der Entwicklung der Hardware ausbleiben, zumindest sind es nicht so große Sprünge wie noch vor ein paar Jahren. Das Geschehen verlagert sich so vielmehr auf Neuerungen bei der Software und der Implementierung von künstlicher Intelligenz. Wie viel Arbeitsspeicher ein neues Gerät hat oder welcher Prozessor verbaut ist, rückt immer weiter in den Hintergrund, wohl auch weil längst fast alle Smartphones, auch immer öfter schon im Low-Budget-Bereich, gut genug ausgestattet sind, um das Betriebssystem reibungslos ausführen zu können. Was bleibt also für den High-End-Bereich? Das Design, die Kamera und die Software Features. Zwei dieser Punkte werden fast zur Gänze von den “herkömmlichen” Premium Smartphones abgedeckt. Als einziges Unterscheidungsmerkmal bleibt eigentlich nur das Design.

Smartphone als Luxusobjekt

Im Prinzip ist es nur das, was die Ultra-Premium-Smartphones abhebt. Alle anderen kleinen Unterschiede würden kaum einen Preisunterschied von mehreren hundert Euro zwischen Premium- und Ultra-Premium Smartphones rechtfertigen. Beispiele dafür gibt es neben den oben bereits genannten genug. So unterscheidet sich das Google Pixel 2 XL im Prinzip nur durch das fast randlose Display vom Pixel 2, noch stärker ist der Unterschied zwischen dem Huawei Mate 10 Pro und dem Mate 10 Pro Porsche Design, das sich neben dem erweiterten Speicher nur durch kleinere äußerliche Änderungen unterscheidet. Man bezahlt also immer mehr für das Lebensgefühl und nicht unbedingt für die Hardware an sich. Das ist vollkommen legitim, man sollte sich dessen aber bewusst sein.

Einschränkungen durch Software

Ähnlich verhält es sich mit Software-Features. Ein interessantes Beispiel für Probleme, die durch Software bei gleicher Hardware entstehen können ist das Verhalten von Tesla beim Hurrican "Irma" in den USA. Um den Besitzern der Elektroautos bis zu 65 Kilometer mehr Reichweite zu geben, schickte der Hersteller kurzerhand Software-Updates an die Fahrzeuge, die sich in der Gefahrenregion befanden, aus. Daraufhin musste sich Tesla einiges an Kritik gefallen lassen, denn wer einen größeren Akku für sein Auto will, der muss eigentlich mehrere tausende Dollar bzw. Euro zahlen. Durch den Vorfall wurde aber bekannt, dass Tesla die größeren Akkus ohnehin in allen Autos verbaut hatte, sie aber nur für jene Nutzer gänzlich frei schaltete, die auch dafür bezahlten. Ganz so ist es auf dem Smartphone-Markt noch nicht, zumindest ist kein solcher Vorfall bekannt. Trotzdem werden Preisunterschiede - neben dem besseren Design - immer mehr durch Software-Features gerechtfertigt. Das aktuelle Google Pixel 2 XL hebt sich etwa hauptsächlich durch Anpassungen des Betriebssystem von anderen Smartphones ab. Die Kamera kann beispielsweise die verringerte Tiefenschärfe bei weit offener Blende (Portraitmodus) mithilfe von Software simulieren, das heißt dieses Feature ist nicht unbedingt vom Sensor an sich abhängig. Trotzdem ist es vorerst nur der neuen Generation von Googles Smartphones vorbehalten.