EKH: Brennt seit 25 Jahren

25 Jahre EKH: Besetzung, Bier und Bobos

25 Jahre EKH: Besetzung, Bier und Bobos

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Auch Autonome sind nicht vor Bürokratie gefeit. „Das hätten wir zuerst im Plenum besprechen müssen“, meint ein Bewohner des Ernst-Kirchweger-Hauses auf die kurzfristige Anfrage, die Feier zum 25-jährigen Bestehen des Hauses fotografisch festhalten zu können. Obwohl kurzfristig hier eher situationselastisch verstanden werden kann.

Weg mit dem Fotoapparat, und ab zur Bar

Eine wenige Tage zuvor per E-Mail abgeschickte Anfrage scheint dann doch in den unendlichen Weiten des ehemals besetzten Hauses in der Wielandgasse 2-4 in Wien-Favoriten verloren gegangen zu sein. Aber wenn ein Haus wie das EKH in einer Stadt wie Wien nach 25 Jahren immer noch lebendig ist, dann können auch ein paar lästige Besucher den gewohnten Rhythmus nicht stören.

Also weg mit dem Fotoapparat, und ab zur Bar in den Innenhof. Bier um zwei Euro, knapp 50 Punks, Studenten, ein paar versprengte Bobos und ehemalige Bewohner tümmeln sich im Schatten eines Baumes und plaudern wie bei einer gemütlichen Grillerei an der Donau. Das heutige Programm zum Geburtstag? Lesung der Wiener Anarcho-Callcenter-Autorin Stefanie Sargnagel („Binge Living“) und Konzerte ausgewählter Krawall-Coverbands von Ton Steine Scherben bis Iron Maiden.

Stefanie Sargnagel, Bier im Anschlag und rote Baskenmütze am Kopf, berichtet munter aus ihrem prekären Leben zwischen Kunststudium und Mindestlohn

So ruhig und gemütlich ging es hier inmitten des 10. Wiener Gemeindebezirks aber nicht immer zu. Am 23. Juni 1990 wurde das ehemalige Arbeiterhaus der KPÖ von einer autonomen Szene besetzt und als antifaschistisches Kultur- und Sozialzentrum mit Wohnräumen genutzt. 2004 verkaufte die KPÖ die Liegenschaft, das EKH stand kurz vor dem Aus. Nach Protesten konnte das nach dem Antifaschisten und Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger benannte Haus gerettet werden. 2008 endete schließlich offiziell die Besetzung.

„Bitte alle reingehen!“, ruft eine junge Frau um 22 Uhr im beschaulichen Innenhof. Die Aufforderung gilt nicht nur für alle, die die Lesung nicht verpassen wollen, sondern auch die Nachbarn wollen hier in Favoriten langsam ihre Nachtruhe genießen. Von Ruhe kann in einem zum Bersten vollen Raum im EKH nicht die Rede sein. Stefanie Sargnagel, Bier im Anschlag und rote Baskenmütze am Kopf, berichtet munter aus ihrem prekären Leben zwischen Kunststudium und Mindestlohn. Dabei geht es nicht nur um die unerträgliche Leichtigkeit einer Endzwanzigerin, sondern vor allem auch um Tränen, Schweiß und Mundgeruch. Den Punks (und allen Gästen) gefällt’s.

Von der gemütliche Studentenfeier zur ordentlichen Geburtstagssause

Ein Stockwerk tiefer wird zeitgleich bereits die Bühne für einen anderen Geburtstagkracher vorbereitet. Zunächst unterhält ein Musiker im klassischen Bad-Religion-Shirt das Publikum, bevor kurze Zeit später eine Iron-Maiden-Coverband, blonde Perücken inklusive, den vollen Saal gehörig durchschüttelt. Mittlerweile, es ist kurz vor Mitternacht, hat sich die gemütliche Feier zu einer ordentlichen Geburtstagssause gemausert.

Und langsam bekommt man ein Gefühl dafür, warum das EKH auch nach 25 Jahren immer noch für Aufregung gut ist.

Das erste Mal live im EKH: Iron Maiden mit Perücken
Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Seit 2009 Redakteur bei profil. Hat ein Herz für Podcasts, Popkultur und Basketball.