Die Salzburger sorgten zuletzt gegen Dortmund für Furore
Die guten Bösen

Fußballkolumne: Die guten Bösen

Warum der ungeliebte Konzernverein Red Bull Salzburg den österreichischen Fußball auf Jahre hinweg positiv prägen könnte.

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Es fällt wirklich nicht leicht, sie zu mögen: Um darüber hinwegzusehen, dass es sich bei Red Bull Salzburg nach wie vor um ein relativ seelenloses Marketing-Konstrukt eines Multi-Milliardärs handelt, muss man als Fußballfan mit halbwegs traditionalistischen Anwandlungen schon beide Augen zudrücken. Und trotzdem: Irgendetwas scheint sich in den letzten Wochen in der Wahrnehmung gegenüber dem Konzernverein geändert zu haben. Der Bösewicht wirkt nicht mehr ganz so böse. Sogar Fußball-Puristen können sich angesichts von Erfolgen wie zuletzt in der Europa League gegen Dortmund ein anerkennendes Kopfnicken nicht verkneifen.

Was hat sich also geändert? Nun, zu allererst vertritt Salzburg den österreichischen Klubfußball in dieser Saison so gut und erfolgreich, wie es seit einer gefühlten Ewigkeit keine heimische Mannschaft mehr vermochte. Dabei geht es vor allem auch um die Art und Weise, wie internationale Hürden wie Marseille, Real Sociedad und Borussia Dortmund überwunden wurden. Man trat bissig, dominant und spielstark auf – statt zaudernden Verteidigungsschlachten oder dem Vertrauen auf Spielglück gab es extremes Pressing und aktive Spielgestaltung. Dass die, durch dieses selbstbewusste Auftreten eingefahrenen Resultate Österreich schließlich einen Fixplatz in der Champions League-Gruppenphase 2019/2020 bescheren werden, ist viel mehr als ein angenehmer Nebeneffekt: Es ist der eigentliche Sensationserfolg.

Die Salzburger Nachwuchsabteilungen werden auch in Zukunft einen nicht unwesentlichen Anteil an ÖFB-Teamspielern hervorbringen.

Durch diesen Coup wird nämlich nicht nur die nächste Bundesligasaison zur wohl interessantesten seit Jahren (der österreichische Meistertitel 2019 ist damit quasi gleichbedeutend mit einem Ticket zur Königsklasse) – es steht dadurch sogar eine (zumindest kurzfristige) Neujustierung der Red Bull-internen Fußball-Hierarchie im Raum. Denn es ist für den - stets ökonomisch denkenden - Konzern wohl der weitaus einfachere und billigere Weg, in Salzburg eine Mannschaft zusammenzustellen, die den Meistertitel und so den CL-Fixplatz einfahren wird, als darauf zu vertrauen, dass sich ein mit viel Aufwand aufgepäppeltes RB Leipzig in der Deutschen Bundesliga unter den ersten Vier platziert (Anm.: was ebenfalls für eine direkte Champions League-Qualifikation reichen würde). Diese Tatsache wird auch Konzernchef Didi Mateschitz nicht verborgen bleiben. Die Frage ist nur, ob die Verantwortlichen an der Salzach (allen voran der oft kleinlaut wirkende Sportdirektor Christoph Freund) schlau und ambitioniert genug sind, diesen Trumpf auch auszuspielen. Dass ein Champions League-Fixplatz für eine Liga und ihre Teams jedenfalls einiges Positives bewirken kann, haben zuletzt etwa die Beispiele Belgien oder die Schweiz gezeigt.

Last but not least gibt es noch einen weiteren triftigen Grund, warum das ungeliebte Konstrukt Red Bull Salzburg dem österreichischen Fußball in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mehr nützen als schaden wird: Die Vereins-interne Akademie produziert österreichische Talente am laufenden Band, die zum Teil schon jetzt mit ihren Leistungen für internationale Furore sorgen. Dazu gehören unter anderem Stefan Lainer und Xaver Schlager, die sich zuletzt gegen Dortmund derart abgeklärt und omnipräsent gezeigt haben, dass man sich verwundert die Augen rieb. Die Salzburger Nachwuchsabteilungen werden auch in Zukunft einen nicht unwesentlichen Anteil an ÖFB-Teamspielern hervorbringen. Mit Youngstern wie Hannes Wolf, Luca Meisl oder Romano Schmid steht schon die nächste (größtenteils bereits UEFA-Youth-League-erprobte) Generation in den Startlöchern. Viele von ihnen werden den österreichischen Fußball der nächsten Jahre und Jahrzehnte prägen.

Es stimmt schon: Es fällt tatsächlich nicht leicht, Red Bull Salzburg zu mögen. Es ist aber auch nicht immer angebracht, alles an ihnen schlecht zu finden.