"Harry Potter-Sport": Österreich erstmals bei Quidditch-EM dabei

Wenn rund 15 Studenten auf Besen durch den Prater jagen, kann es sich nur um die Vienna Vanguards handeln.

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Sie spielen - wie so viele andere weltweit - Muggle Quidditch, also Quidditch für Menschen ohne Zauberkräfte, und sind damit die erste Wiener Mannschaft in dem ursprünglich fiktiven Sport. Im April werden sie Österreich beim European Quidditch Cup in Oxford vertreten.

Wer mit der Fantasiewelt rund um Harry Potter vertraut ist, dem wird auch Quidditch ein Begriff sein: Im Universum, das Joanne K. Rowling in ihren Büchern erschaffen hat, ist es die beliebteste Sportart unter Zauberern. Dabei brausen sie auf Besen durch die Lüfte und versuchen Tore zu erzielen. Bis auf das Fliegen läuft das beim Muggle Quidditch genauso ab.

"Quidditch ist äußerst interessant, weil das Spiel auf mehreren Ebenen stattfindet und nicht alle nur einem Ball hinterher jagen", sagte Chris Gassner, Captain der Vienna Vanguards und Mitinitiator des Sportvereins Muggle Quidditch Wien. "Wir würden den Sport deswegen auch gerne populärer machen und weitere Teams aufbauen. Wir nehmen das Ganze wirklich ernst", bekräftigte der 26-Jährige, der während seines Auslandssemesters in Sydney erstmals mit der Sportart in Berührung gekommen ist. Gassner trainiert das Studenten-Team zusammen mit zwei Coaches mittlerweile zwei Mal wöchentlich. Außerdem findet jeden zweiten Samstag ein Training statt, bei dem sich auch Quidditch-Neulinge auf den Besen versuchen können.

Sieben Spieler, vier Bälle, drei Ringe

Um Quidditch spielen zu können, braucht man insgesamt sieben Spieler und vier Bälle, drei Ringe auf jeder Seite des Spielfeldes und - im besten Fall - eine gegnerische Mannschaft, mit der man sich messen kann. Jedes Team besteht aus drei Jägern, zwei Treibern, einem Hüter und einem Sucher. Das ganze Spiel ist darauf ausgelegt, dass "Runde ins Runde" zu bringen, sprich den Quaffel (einen Volleyball) durch die Ringe auf der gegnerischen Seite des Feldes zu schießen. Dies ist die Aufgabe der Jäger.

Im Idealfall werden diese Pläne aber von den gegnerischen Treibern vereitelt, bevor der Hüter - also der "Tormann" - zum Einsatz kommen muss. Die Treiber haben die Aufgabe, die Jäger der Kontrahenten am Punkten zu hindern, indem sie diese mit einem der drei Klatscher (Dodgebälle) abschießen. Wird man von einem solchen getroffen muss man von seinem Besen absteigen und zu seinen eigenen Ringen zurück laufen. Dadurch wird der "Fall" vom Besen "bestraft".

Während die Jäger am Feld um Punkte ringen - jedes Tor ist zehn wert - und die Treiber und Hüter das zu verhindern versuchen, ficht der Sucher seinen ganz eigenen Kampf. Seine Aufgabe ist es, den Schnatz zu fangen. Im Harry-Potter-Universum ein kleiner, goldener Ball mit Flügeln, der - von Zauberhand angetrieben - eigenständig durch die Lüfte zischt, wird der Schnatz beim Muggle Quidditch von einem unparteiischen, ganz in gelb gekleideten Snitch (Schnatz) Runner verkörpert, dem ein Tennisball in einem Socken an der Hose befestigt wird. Zwar fliegt der Schnatz beim realen Quidditch nicht über das Spielfeld, sondern läuft, das Ergattern des Tennisballs ist für den Sucher trotzdem kein Kinderspiel, denn der Schnatz-Ersatz ist der einzige Spieler ohne Besen und hat dadurch einen enormen Vorteil. Schafft es der Sucher jedoch, so bringt das seiner Mannschaft nicht nur 30 weitere Punkte, es beendet auch das Spiel.

Verletzungen keine Seltenheit

"Quidditch ist taktisch, es ist schnell und man muss es einfach lieben", schwärmt Lukas Linser, einer der beiden Trainer der Vienna Vanguards. Für ihn ist es nicht nur Fan-Kult, der mit Quidditch teilweise praktiziert wird, es ist vor allem echter Sport. Wie in der fiktiven Version auch, handelt es sich bei Muggle Quidditch um einen Vollkontaktsport. Tackle, unter anderem bekannt von American Football, sind ebenso erlaubt wie das direkte Attackieren des Gegners. Verletzungen sind da keine Seltenheit. Auf Turnieren wird deswegen zumindest meist mit Mundschutz gespielt. "Das ist immer noch billiger als neue Zähne", erklärte Gassner schmunzelnd.

Im Vergleich zu herkömmlichen Mannschaftssportarten weist Quidditch auch abseits der Besen einige Besonderheiten auf. So stehen sich beispielsweise immer gemischtgeschlechtliche Teams gegenüber. Reine Frauen- oder Männerteams darf es gar nicht geben. Außerdem ist das natürliche Geschlecht der Spieler generell unbedeutend. "Quidditch ist wahrscheinlich der einzige Sport, bei dem auch Menschen außerhalb der klassischen Geschlechterrollen keine Steine in den Weg gelegt werden. Relevant ist nicht, ob man als Mann oder Frau geboren wurde, sondern mit welchem Geschlecht man sich identifiziert", erklärte Annette Köppl, die als Jägerin bei den Vanguards spielt. Besonders sei auch, dass es so viele unterschiedliche Positionen gibt, wie Trainer Max Liebetreu schilderte. "Es ist einfach für jeden etwas dabei. Zudem ist die Kombination aus Körperkontakt und Strategie wirklich faszinierend."

Ausgehend von Amerika, wo die Idee 2005 geboren wurde, schwappte die Welle bisher auf mehr als 20 Länder über. Mittlerweile existieren über 300 Teams, die sich unter anderem in den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Frankreich, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, der Türkei, dem Vietnam oder Brasilien formierten. Quidditch wird immer populärer und das nicht ohne Grund, wie Gassner findet: "Abgesehen vom Fliegen ist es wirklich magisch."

Hier der Link zur offiziellen Seite des Vienna Vanguards-Muggle-Quidditch-Teams: http://univiequidditch.blogspot.co.at