Kuschelrock

Nur selten geben sich Menschen so offen der modischen Lächerlichkeit preis wie rund um Weihnachten.

Drucken

Schriftgröße

Seine Schneemann-Krawatte füllte die ganze tolle Kinoleinwand aus. Da war nur mehr dieser überlebensgroße rote Seidenschlips, bedruckt mit niedlichen weihnachtsmannbemützten weißen Fettwänsten. Schlimmer konnte man einen Mann nicht zum Nichts degradieren, als dies mit dem armen Marc Darcy (Colin Firth) in dem Blockbuster „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ geschah. Aber man schrieb das Jahr 2001, und seither hat sich modisch doch einiges getan. Keiner stammelt heute angesichts einer geschmacklich diskutablen Krawatte: „Die hat mir meine Mutter geschenkt.“ Eher sagt er so etwas wie: „Vor Kurzem bei Gucci in Mailand erstanden.“ Oder: „Von Moschino – über mrporter im Internet bestellt.“

Denn so lieb und jungenhaft, wie sich die Herrenmode diesen Winter präsentiert, hat sie sich ihm, dem Mann, schon lange nicht an den Leib gekuschelt. Bei Gucci trägt er Teddybär-Strickweste und Tiger-Pullover; bei Fendi Plüschschuhe und einen Pu-der-Bär-Plüschmantel. Moschino zieht ihm Sweater mit Comicfiguren an. Und bei Versace gibt er im silberfarbenen Astronauten-Anzug den Helden. In der modischen Fachsprache nennt man das „Gender-Bending“ – Geschlechterbiegung, also das Zusammenwürfeln von Mann und Frau. In Wahrheit handelt es sich dabei um Generation-Bending. Um einen Textil gewordenen Brief ans Christkind mit Wünschen nach Wärme, Fröhlichkeit und großen Momenten. Nur selten geben sich Menschen so offen der modischen Lächerlichkeit preis wie rund um Weihnachten. Das ist das Schreckliche daran, aber auch das Schöne.