13 Millionen Euro an Waffenlobbyisten

13 Millionen Euro an Waffenlobbyisten: Die Verhaftung Alfons Mensdorff-Pouilly

Die Verhaftung Alfons Mensdorff-Pouilly

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Von Josef Barth, Ulla Schmid und Martin Staudinger

Es sollte kein Höflichkeitsbesuch werden, der die Herren aus Wien am Freitagnachmittag vergangener Woche ins Burgenland nahe an die ungarische Grenze führte. Sie peilten ein konkretes Ziel an: das prachtvolle Schloss in Luising. Dessen Besitzer ist Alfons Mensdorff-Pouilly, Waffenlobbyist und Berater des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems. Den Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Wien hatten die Ermittler mitgebracht. Noch am Abend wurde der Gatte von Ex-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat in die Justizanstalt in Wien-Josefstadt gebracht.

Der Verdacht wiegt schwer: Es geht um mutmaßliche Geldwäsche im Zusammenhang mit untitulierten – also nicht zuordenbaren – Zahlungen des britischen Waffenkonzerns BAE Systems an Mensdorff. Und es geht um die sagenhafte Summe von 13 Millionen Euro, „die von BAE an Mensdorff geflossen sein sollen“, wie Michaela Schnell, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, profil gegenüber angibt.

BAE steht im Verdacht, im Zuge militärischer Beschaffungsvorgänge Schmiergeld gezahlt zu haben. In den vergangenen Monaten haben Ermittler nun verschiedenste Konten geöffnet, Geld-Ein- und -Ausgänge gecheckt, Empfänger überprüft. Dabei stieß man auf Zahlungsflüsse, die von BAE über diverse Firmen ihren Weg zu Mensdorff fanden. Mensdorff seinerseits war für BAE seit 1992 als Berater in Tschechien tätig gewesen. Im Zuge von Einvernahmen sei der Waffenlobbyist mit den Zahlungsflüssen konfrontiert worden, sagt Michaela Schnell. Der Waffenlobbyist habe daraufhin „versucht, die Zahlungseingänge zu rechtfertigen – und zwar indem er unter anderem gefälschte Zahlungsbelege vorlegte“. Die Ermittler befürchteten „Verdunkelungs­gefahr“ und „Tatbegehung“ und erwirkten einen Haftbefehl. „Es gab kein Rechtshilfeansuchen. Der Haftbefehl basiert auf Ermittlungsergebnissen heimischer Behörden“, so Schnell. Für Alfons Mensdorff-Pouilly gilt die Unschuldsvermutung.

Firmennetzwerk. Am Anfang der Affäre stand ein profil-Bericht im Februar 2007. Recherchen in Zusammenarbeit mit dem schwedischen TV-Sender SVT hatten Hinweise auf ein weit verzweigtes Firmennetzwerk ergeben, über das BAE – der viertgrößte Rüstungskonzern der Welt – bei Abfangjäger-Deals Schmiergelder verteilt haben soll. So etwa als BAE im Jahr 2003 versucht haben soll, Gripen-Abfangjäger – die Briten sind zu 20 Prozent am schwedischen Saab-Konzern beteiligt – an Tschechien zu verkaufen. Aus einer geheimen Vereinbarung aus dem Jahr 2003 geht zudem hervor, dass Mensdorff für ein in der französischen Schweiz domiziliertes Unternehmen aus Panama tätig war: die Valurex International S.A. Die Valurex wiederum wurde im Zusammenhang mit der Anbahnung des Gripen-Geschäfts in Tschechien von BAE mit Geldmitteln bedient. Mensdorff stritt gegenüber profil ab, dabei in unsaubere Geschäfte verwickelt gewesen zu sein. Für Valurex habe er erst ab 2005 gearbeitet. Und: „Ich habe niemals Provisionen oder Schmiergelder angeboten, um den Gripen zu verkaufen. Ich habe auch nie mit einem tschechischen Politiker oder Parlamentarier über den Gripen-Verkauf gesprochen.“

Zumindest diese Behauptung geriet im vergangenen Dezember ins Wanken. Damals berichtete profil von einer Anzeige, die ein Verwandter Mensdorffs bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht hatte. Darin schildert der Mann, wie er im Auftrag des Grafen ein Treffen mit dem damaligen tschechischen Premier Milos Zeman sowie dessen Finanzminister Ivo Svoboda organisiert habe. Mensdorff habe sich erhofft, die von Tschechien eigentlich schon anders (nämlich für den US-Hersteller Lockheed-Martin und dessen Kampfjet F-16) getroffene Entscheidung „noch zugunsten BAE Systems plc umdrehen zu können“, heißt es in der Anzeige.

Faktum ist: Die tschechischen Ermittler bestätigten zumindest Bestechungsversuche während der Verhandlungen über einen Leasingvertrag. Was umso bemerkenswerter ist, als sich die dortigen Behörden nie sonderlich eifrig um Aufklärung bemüht haben. BAE soll im Jahr 2003 Regierungsvertreter mit verdeckten Zahlungen in Höhe von 8,7 Millionen Euro dazu gebracht haben, einen Leasingvertrag für 14 Jagdflugzeuge des Typs JAS39 Gripen abzuschließen. Über einen österreichischen Geschäftsmann – der natürlich nicht Mensdorff-Pouilly heißen muss.

Faktum ist auch: Im Jahr 2005 landeten die ersten Gripen in Tschechien. Die dortige Regierung hatte den Amerikanern ab- und den mit BAE verbandelten Schweden zugesagt. Allerdings: Mensdorff wollte plötzlich nichts mehr mit dem Erfolg zu tun haben. Sein Verwandter vermutet hinter dieser Kindesweglegung rein pekuniäre Motive. Immerhin hatte ihm Mensdorff einen Anteil von einer Million Euro versprochen, sollte der Deal durch seine Vermittlung im gewünschten Sinne zustande kommen.
Der Anwalt Mensdorffs war Freitagabend für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Er stand seinem Mandanten bei der Einvernahme zur Seite.