Affäre Vladimir Zago- rec: Jenseits von Eden

Affäre: Jenseits von Eden

Nun rückt Bank Austria ins Visier der Fahnder

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Es gibt fürwahr unwirtlichere Gegenden auf diesem Planeten: Durchschnittstemperaturen knapp unter 30 Grad, üppige Vegetation, kilometerlange Sandstrände und kristallklares Wasser. Die Seychellen: mehr als 100 östlich von Afrika im Indischen Ozean versprengte Inseln.

Wer genug Geld hat, verbringt hier seinen Urlaub.

Wer noch mehr Geld hat, bleibt für immer.

Vladimir Zagorec entschied sich für Letzteres.

Am 7. März 2007 überwies der 43-jährige kroatische Exgeneral von seinem Konto bei der Bank Austria Creditanstalt 10.000 US-Dollar an die Barclays Bank auf den Seychellen.

Das Geldinstitut wird später, in einem Brief an die Behörden mit dem Titel „Verdacht auf Geldwäsche“, Folgendes festhalten: „Uns erschien die Tatsache auffällig, dass unser Kunde eine Überweisung zugunsten eines auf den Seychellen geführten Treuhandkontos namens ‚Eden Islands‘ überwiesen hat.“ Dabei habe es sich um eine Art „Reservierungsgebühr für den Ankauf von exklusiven Liegenschaften in der Gegend Eden Islands auf den Seychellen“ gehandelt.

Deren Folgerung: „Dies ist ein weiteres mögliches Indiz dafür, dass es sich bei unserem Kunden um den von den kroatischen Staatsbehörden gesuchten Vladimir Zagorec handeln dürfte, welcher mit dieser Zahlung seine mögliche Flucht ins Ausland vorbereitet.“ Der Traum, sich auf den Seychellen – fernab der unangenehmen Fragen von Justizbehörden – niederzulassen, platzte für Zagorec. Zwei Tage nach der ominösen Überweisung fehlte er bei einem Anhörungstermin vor Gericht in Zagreb. Die Folge: Die kroatischen Behörden stellten einen internationalen Haftbefehl gegen Zagorec aus, der während des Bürgerkriegs den Waffeneinkauf für die junge kroatische Armee organisierte – unter anderem über Bankkonten in Österreich. Während der ehemalige Kriegsheld in Österreich (er wurde nach seiner Festnahme Mitte März gegen eine Kaution von einer Million Euro wieder auf freien Fuß gesetzt) auf die Entscheidung über seine Auslieferung nach Kroatien wartet – konkret wird er wegen Veruntreuung von Edelsteinen im Wert von fünf Millionen US-Dollar belangt –, interessiert man sich auch hier zunehmend für den General a. D. Die kroatische Staatsanwaltschaft hatte nämlich auch schwere Vorwürfe wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen Zagorec und die Hypo Alpe-Adria erhoben. Nun hat – nach dem Kärntner Geldinstitut – plötzlich auch die Bank Austria Creditanstalt gegenüber der Justiz erhöhten Erklärungsbedarf. Der Vorwurf: Die Bank hätte viel zu spät Meldung über verdächtige Transaktionen auf dem Konto mit der Nummer 50070288800 gemacht. Über diese Bankverbindung von Vladimir Zagorec sollen nämlich seit Jahren verdächtig hohe Bargeldbeträge transferiert worden sein.

Ladehemmung. Alarmiert durch die Prüfung der Hypo Alpe-Adria, interessiert sich allerdings auch der parlamentarische Banken-Untersuchungsausschuss für die Geldgeschäfte des Herrn Zagorec. Am 2. Juli soll der Kroate vom Ausschuss befragt werden. Den zunächst für Freitag vergangene Woche anberaumten Termin wollten Zagorec und sein Anwalt Michael Dohr platzen lassen. „Ich habe von der Ladung nur aus den Medien gehört. Wir haben keine Verständigung bekommen“, sagte Dohr noch am Mittwoch vergangener Woche. Die Vogel-Strauß-Taktik ging jedoch nicht auf: Die Parlamentsdirektion stellte Dohr persönlich eine Einladung zu. Zuvor waren bereits zwei an die beiden Meldeadressen von Zagorec in Wien-Innenstadt und nach St. Marein im Mürztal ergangen.

Im Ausschuss driften derweil die Fronten auseinander. Während die Opposition aufgrund immer brisanterer Akten für eine Fortführung eintritt, befürworten die Koalitionsparteien sein baldiges Ende – der vorerst letzte Untersuchungstag ist der 2. Juli. Am Mittwoch, knapp vor Mitternacht, kochten abseits der Öffentlichkeit die Emotionen hoch. „Ihr wollt die immer öfter auftauchenden Fälle von Geldwäsche vertuschen“, warf der Grüne Werner Kogler den Vertretern der Regierungsparteien vor. Ausschussvorsitzender Martin Graf (FPÖ) sprang ihm bei: „Bei dem Zeitdruck können wir nicht einmal mehr die Akten ordentlich lesen.“ Jan Krainer (SPÖ) konterte mit einem Seitenhieb auf die ÖVP: „Nehmen Sie sich ein Beispiel am Kollegen Stummvoll. Der liest auch nie was und stellt trotzdem Fragen.“ Günther Stummvoll, amüsiert: „Wo er Recht hat, hat er Recht.“

Der Opposition ist das Schmunzeln vergangen. Ausgerechnet jetzt, wo die Nationalbank der Hypo-Bank in ihrem Prüfbericht „wesentliche Gesetzesverletzungen“, darunter die „Verletzung der Sorgfaltspflicht im Rahmen der Geldwäschebestimmungen“, vorwirft (siehe Faksimile); jetzt, wo der Kauf des bulgarischen Handynetzbetreibers Mobiltel durch ein Konsortium um Martin Schlaff erstmals ernsthaft durchleuchtet wird; jetzt, wo auch noch der Geldwäscheverdacht von der Hypo auf die Bank Austria Creditanstalt überschwappt, stehen die Zeichen auf Ende der Tagungen.

Dabei wäre es im Zusammenhang mit Vladimir Zagorec nicht uninteressant zu überprüfen, wie streng die geltenden Geldwäschebestimmungen bei der BA-CA in der Vergangenheit umgesetzt wurden. „Das würden wir uns gerne näher anschauen“, so ein Abgeordneter.

Cash Cow. In ihrem Schreiben an die Meldestelle Geldwäsche im Innenministerium vom 13. März 2007 räumt die Bank ein, dass Zagorec auf einem Nummerndepot über Wertpapiere im Wert von insgesamt 903.389 Euro verfügt. „Das Vermögen wurde in den letzten Jahren hauptsächlich durch Barerläge aufgebaut“, stellt die BA-CA fest. Trotzdem sah offenbar niemand eine Veranlassung, den zuständigen Behörden Meldung zu erstatten, wie dies das Bankwesengesetz bei Verdacht auf Geldwäsche vorsieht. Dass die Bank ihrer Sorgfaltspflicht bei Bareinzahlungen von insgesamt beinahe einer Million Euro nicht nachgekommen ist, ist verwunderlich. Denn zu übersehen waren die Bargeldtransaktionen von Zagorec beim besten Willen nicht, wie etwa die Kontobewegungen im März vergangenen Jahres beweisen:

Am 13. März 2006, also exakt ein Jahr bevor die Bank von sich aus aktiv wurde, überwies Zagorec von Konto 50070288800 auf Konto 50071626003 – beide lauten auf seinen Namen – 200.000 Euro. Dabei blieb es nicht. In den Tagen darauf schien der Kroate besonders flüssig zu sein. Am 16., 17., 18., 24. und 25. März deponierte er dort jeweils 50.000 Euro – in bar. Von den 600.000 Euro, die sich so binnen kürzester Zeit angehäuft haben, wurde laut Angaben der BA-CA der Großteil kurz darauf per Eilüberweisung oder Barauszahlung wieder abgehoben.

Offenbar noch kein Grund zur Skepsis.

Erkenntnis. Die Zweifel der Banker mehrten sich erst, als sie feststellen mussten, dass ein gewisser Vladimir Zagorec mit fragwürdigen Geschäften in den Medien Furore machte. „Da der abgebildete Vladimir Zagorec von den Gesichtszügen her mit unserem Kunden ident zu sein scheint, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die ... Gelder möglicherweise dubiosen Ursprungs sein könnten“, zog die Bank gegenüber dem Innenministerium messerscharf ihre Schlüsse.

Spät, aber doch.

Gegenüber profil wollte BA-CA-Sprecher Peter Thier mit Verweis auf das Bankgeheimnis keine Stellungnahme über den prominenten Kunden abgeben.

Verschwiegenheit war zuletzt auch vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss en vogue. Ex-Hypo-Vorstand Günter Striedinger weigerte sich vergangene Woche, Fragen zu den Geschäften der Bank mit dem kroatischen Exmilitär zu beantworten. Dabei vermutet die kroatische Staatsanwaltschaft, dass Striedinger gemeinsam mit Zagorec über nicht ausreichend besicherte Kredite in der Höhe von 260 Millionen Euro Geldwäsche betrieben haben soll.

Gegen Striedinger, der im Gefolge der Affäre um Verluste aus Swap-Geschäften als Hypo-Vorstand gehen musste, laufen in dem Zusammenhang Vorerhebungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (profil berichtete bereits im April). Unter Verweis auf diese Ermittlungen konnte sich der 47-Jährige der Aussage entschlagen. Eine Taktik, die möglicherweise auch Vladimir Zagorec am 2. Juli wählen wird. Wenn er erscheint. Laut profil vorliegenden Informationen wird nämlich bereits am kommenden Mittwoch vor dem Landesgericht für Strafsachen in Wien über die Auslieferung des Kroaten entschieden. Möglicherweise ist der Ausschusszeuge dann gar nicht mehr im Lande.

Von Josef Redl und Ulla Schmid