7_profan_134

Auf und davon

Auf und davon

Drucken

Schriftgröße

Liebe atemberaubende und geistreiche Leserin, lieber Leser! Sie wissen, dass diese Seite noch niemals leichtfertig die Vokabel „exklusiv“ verwendet hat. Anders als gewöhnliche Druckerzeugnisse (wir schreiben dieses Wort nobel mit zwei u), deren exklusivste Veröffentlichungen sich im Wesentlichen auf die Interpunktion reduzieren, anders als herkömmliche Gehirnwaschmittel, die ihren Gedanken in Einzelhaft halten und darum unter Ausschluss des Ganglienwegs erscheinen, hat profan selbst seinen verwegensten Enthüllungen nur zögernd eine gewisse Ausschließlichkeit zugestanden.

Diesmal aber findet sich wohl kein anderes, trefflicheres Wort als „exklusiv“. Denn nur im folgenden Beitrag können Sie lesen, wie es sich in jenen beiden Fluchtautos fährt, mit denen am vorvergangenen Sonntag der dreisteste Einbruch bei einem Wiener Juwelier seit Goldschmieds-Gedenken bewerkstelligt wurde.

Dieser Bruch, wie derlei im Unterwelsch heißt, war, befand die Tagespresse in selten so übereinstimmendem Lob, „filmreif“ und dauerte nur knapp zwei Minuten. Während zur Stunde der noch völlig verdatterte Pechvogel zusammenzählt, welchen Wert die „teuren Markenuhren“, die anstelle preiswerter Prater entwendet worden waren, besitzen, und während die Wiener Sicherheitsbehörden fieberhaft & feinsinnig wie immer der nicht ganz unmüßigen Frage nachgehen, aus welchem Land die wie von der Atmosphäre verschluckten Mitglieder der Gattung: „Ost-Mafia“, Konfession: Rammbock-Methodisten wohl stammen könnten, beschäftigen wir uns mit sinnvolleren Fragen.

Wer nämlich jene Entmenschten waren, die ein schmuckes Schaufenster diabolisch in der Fußgängerzone (!) zuschanden fuhren, ist für den Kenner nicht schwer zu erraten; es sind natürlich Angehörige der alten Handumdrehnitzki-Bande. Viel bedeutsamer aber scheint, zu wissen, was in den entscheidenden Stunden davor und danach in den Köpfen der Fahrer und Komplizen vorging. Was fühlten sie, als sie in die beiden Autos einstiegen?

Der eine Wagen, der in die Auslage hineinpreschte, war ein gängiger VW-Transporter, ein äußerst vielfältig verwendbarer Kombi, wie ihn die stolzen Mannen in Wolfsburg jährlich millionenfach glückbringend verscherbeln. Dieses allzeit bereite Gefährt springt in jedem Gelände (ein bloß gemsenbreiter Saumpfad vielleicht ausgenommen) ohne zu murren an und bahnt sich bullig seinen Weg. Mag auch der Motor mitunter so klingen, als vereinigte sich wollüstig eine singende Säge mit einem beruhigend entschlossenen Baumax, nie verfehlt die wuchtige Fronthaube ein Ziel, dessen Ausmaß einem Scheunentor ähnelt. Das Niedermähen achtloser Passanten oder das Entfernen hinderlicher Glasfassaden bereitet ihm keinerlei Schwierigkeiten. Auf der Flucht ist er ebenso erfreulich spritzig wie praktisch unauffällig – wer würde an einem Sonntagmorgen mit einem Lieferwagen etwas anderes assoziieren als den mitmenschlichen Einsatz eines der bekannt prompten Installateure?

Da ist das zweite Auto, das üblicherweise von vollkommen unbescholtenen Menschen pilotiert wird, schon aus anderem Blech geschweißt. Vor allem deshalb, weil sein hervorstechendster Werkstoff Aluminium ist.

Wer in einen Audi A8 einsteigt, hat sofort das Gefühl, vier sehr strapazfähige Räder unter sich zu wissen. Dazu trägt auch der für eine sportliche Limousine der Oberklasse exorbitant breite Radstand von 2844 Millimetern bei. Der Wagen, kaum achtzehnhundert Kilogramm schwer, ist ein hauptsächliches Alu-Leichtgewicht, das Versprechen „Vorsprung durch Technik“ wurde durch die Fabelformel „Space-Frame“ souverän eingelöst.

Klar ist, dass die elektrischen Fensterheber auch funktionieren, wenn das ABS-System versagen sollte, und dass sich die Klima-Automatik sofort abschaltet, sobald die Zentralverriegelung mittels Fernbedienung die Türen alibi-dicht verschließt.

Die Luftfederung ist je nach Gusto entweder speedy härter oder kommod bequemer so flugs einstellbar, dass der Fahrer während eines Einbruchs etwa fünfzigmal wechseln kann.

Der Innenraum des A8 lässt so gut wie keine Wünsche mehr offen, obwohl der Aschenbecher etwas größer und der Schmink-Spiegel auf der Flucht nicht so Züge-verzerrend sein könnte; ein Mini-TV im Fond und die Polizeifrequenz im Radio wären zuvorkommend. Bestechend in seiner Klarheit, differenziert er aber deutlich, was zu lenken und was zu schalten ist, die verführerisch leuchtenden Anzeigen sind sonder Zahl luxuriös verteilt und nehmen dem Cockpit die verschwitzte Strenge eines Rennwagens. Indes: Da wiehern 280 Pferde unter dem Chassis, die in der Hand eines kundigen Flüsterers in 7,3 Sekunden auf 100 km/h sind!

Mit 250 Sachen ist er, animalisch geschmeidig, beim Auf-und-davon-Brausen Spitze und vermittelt in Haarnadeln ein knuspriges Kamikaze-Kribbeln. Stehend wurde er schon um knapp 83.000 Euro gesehen. Wenn Sie schon zuschlagen müssen, dann greifen Sie zu!