Biomedizin: Die Altersfrage

Biomedizin, Altersfrage: Die Anti-Aging-Medizin will den Alterungscode knacken

Die Medizin ist dabei, den Alterungscode zu knacken

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In jeder Sekunde und zu jeder Stunde sind in unserem Körper verschiedenste Kräfte am Werk, die versuchen, das Altern des Organismus zu verzögern. Ein ganzes Heer von biochemischen Verbindungen ist tagtäglich an der Aufrechterhaltung dieses Bremsmechanismus beteiligt – ein Vorgang, der sich durch Änderungen im Lebensstil, aber auch durch medizinische Invention von außen beeinflussen lässt.

Ohne dass wir es kurzfristig spüren oder unmittelbar registrieren, nagt tagtäglich der Zahn der Zeit an unseren Körperzellen – im Gehirn, im Herz-Kreislauf-System, in der Leber, in den Muskeln und in den Sinnesorganen. Und tagtäglich stemmt sich der Organismus mit Gewalt und auch mit Erfolg gegen diesen ihm innewohnenden Alterungsprozess: Er repariert fortwährend die Erbsubstanz DNA, baut veraltete Proteinkomplexe aus und ersetzt sie durch neue. Er sorgt pausenlos dafür, dass Anzahl und Beschaffenheit der Zellen in einem balancierten Gleichgewicht gehalten oder in geordneter Form den Körperfunktionen angepasst werden.

Dass sich unser Körper immer wieder erneuert, lässt sich mit Beispielen belegen: Erst vor wenigen Wochen berichtete der schwedische Stammzellenforscher Jonas Frisen vom renommierten Stockholmer Karolinska Institut im Fachjournal „Cell“, es sei ihm gelungen, das Alter der Zellen im Körper von Erwachsenen zu messen. Demnach beträgt das biologische Alter der Zellen eines 50-Jährigen im Durchschnitt nicht mehr als zehn Jahre, mit großen Schwankungen, je nach Art der Zellen. Hautzellen zum Beispiel erneuern sich alle zwei Wochen, Magenzellen werden nur fünf, Leberzellen hingegen bis zu 400 Tage alt. Das Skelett erneuert sich komplett alle zehn Jahre.

Sogar ein Herztransplantat kann sich komplett erneuern, wie das Medizinjournal „The Lancet“ im Vorjahr berichtete. Frauen, denen nach einem Herzinfarkt das Herz eines männlichen Spenders eingepflanzt worden war, wurden Jahre später nachuntersucht. Die Zellen eines männlichen Spenderherzens sind durch einen XY-Chromosomensatz, ein weibliches Herz hingegen durch einen XX-Chromosomensatz gekennzeichnet. Zum großen Erstaunen der Forscher hatte sich das männliche Spenderherz im Körper der Empfängerin zu einem weiblichen Herzen umgebaut, was an dem veränderten Chromosomensatz unschwer erkennbar war.

Diese Beispiele zeigen, dass in unserem Körper offenbar viel umfassendere Regenerations- und Umbauvorgänge ablaufen als bisher angenommen. Das weckt Hoffnungen, dass diese Vorgänge unterstützt oder genutzt werden können, um den Alterungsprozess zu bremsen oder nachhaltig hinauszuzögern. Doch warum altern wir überhaupt, und warum gibt es in unserem Körper neben den normalen, alternden Zellen auch solche, die niemals älter werden – nämlich die Keimzellen? Diese dauerhaft in jugendlichem Zustand verharrenden Zellen werden von Lebewesen zu Lebewesen weitergegeben, über viele Generationen und Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg. Wie bewerkstelligt es die Natur, dass diese Zellen niemals altern? Was unterscheidet diese Zellen von normal alternden Zellen?

Dolly-Experiment. Indem die Medizin den Antworten auf diese Fragen immer näher rückt, beginnt sie den Alterungscode zu knacken – mit möglicherweise weit reichenden Konsequenzen. Einer der Schlüsselpunkte ist das Klonschaf Dolly: Beim Klonen von Dolly ist den Forschern etwas Unerwartetes, völlig Unbeabsichtigtes passiert, dessen Tragweite noch gar nicht absehbar ist. Die Forscher um Ian Wilmut vom Roslin Institute im schottischen Edinburgh wollten eigentlich nur transgene Schafe züchten, damit diese als lebende Biofabriken große Mengen eines humanen Blutgerinnungsfaktors produzieren. Zum Zweck dieses beabsichtigten „Gene Pharmings“, wie es die Fachwelt nennt, entnahmen sie den Zellkern aus der Euterzelle eines erwachsenen Schafs und transferierten ihn in eine zuvor entkernte fremde Eizelle. Doch anstatt den erhofften humanen Blutgerinnungsfaktor zu produzieren, nahmen im Zellplasma der Eizelle vorhandene Proteine eine Reprogrammierung des alten Zellkerns vor. Das ihm innewohnende Programm des Lebens spulte sich zurück an seinen Ausgangspunkt, sodass sich aus dem alten Zellkern im Zusammenwirken mit dem Eizellplasma ein neuer Embryo entwickelte – zur größten Überraschung der Forscher. Seither sind Ian Wilmut und Kollegen darum bemüht herauszufinden, wie und warum das überhaupt möglich war.

Diese Forschungen führen ins Allerheiligste der Biologie – in die Geheimnisse des entstehenden Lebens, der Regeneration eines lebendigen Organismus, seines Alterns und der möglichen Reprogrammierung bis zum Neustart zu neuer Jugendlichkeit. Sie berühren eine ganze Reihe essenzieller Fragen nach den Bedingungen, unter denen Zellen länger oder kürzer leben, warum sie rascher oder weniger rasch oder am Ende gar nicht altern. Und sie zeigen, was die Biomedizin lernen kann, um degenerative Alterskrankheiten besser behandeln und den Alterungsprozess hinauszögern und womöglich auf eine kurze Zeitspanne komprimieren zu können, wie das Anti-Aging-Mediziner bereits im Auge haben.

Eines der Geheimnisse offenbart sich bei näherer Betrachtung der niemals alternden Keimzellen. Ob im Eierstock der Frau oder im Hoden des Mannes, die Keimzellen sind durch schützende Zellpanzer von der Umwelt und möglichen schädlichen Einflüssen besonders abgeschottet. Vor allem aber – und das scheint eines der Geheimnisse ihres Nichtalterns zu sein – verrichten sie keine schwierigen, stoffwechselintensiven und energieverzehrenden Aufgaben im Körper. Sie beteiligen sich nicht an den Schwerstarbeiten des Organismus und meiden jede Art von Belastung und Stress. Darüber hinaus verfügen sie über ein diskretes Abwehrsystem, das sie vor dem Zugriff durch freie Radikale schützt – das sind beim Stoffwechselvorgang der Zelle frei werdende Elektronen, die sich mit anderen Molekülen zu vielfach schädlichen Radikalen verbinden. Indem sich die Keimzellen all diesen Abnützungsprozessen entziehen, bleiben sie jung und unverbraucht.

Im Fall der Hoden, die ja eines zeitlich viel länger dauernden Schutzes bedürfen, weil die Zeugungsfähigkeit des Mannes länger anhält als die Fruchtbarkeit der Frau, kennt die Natur noch einen zusätzlichen Schutz – die Auslagerung aus dem Körper in Form des Hodensacks. Dadurch sind die darin verpackten Keimzellen des Mannes nicht mehr der im Inneren des Körpers herrschenden Temperatur ausgesetzt. Denn je höher die Temperatur, desto größer die Gefahr der so genannten Thermolabilität. Darunter versteht man biologische Vorgänge, welche die Zelle in Unordnung bringen und ihren Alterungsprozess beschleunigen können. Um die Keimzellen nur ja vor jedem schädlichen Einfluss zu schützen und sie nicht zu sehr einem möglichen thermodynamischen Irrtum auszusetzen, kühlt der Mann seine Spermien produzierenden Organe im Hodensack um etwa drei bis fünf Grad ab. Dadurch werden viele biochemische Reaktionen verlangsamt, sie laufen dort gewissermaßen im Schongang ab, was die biologische Irrtumsanfälligkeit erheblich verringert.

Die Natur kennt diese Strategie der Ruhigstellung, Schonung, des geringen Energieverbrauchs und der Temperaturabsenkung noch in einem anderen Zusammenhang – in Form des Winterschlafs mancher Tierarten. In dieser Zeit laufen alle Lebensfunktionen wie in Zeitlupe ab, die Stoffwechselprozesse werden auf ein unbedingt erforderliches Minimum reduziert, die Körpertemperatur sinkt ab. Besonders interessant ist aber für die Forschung in diesem Zusammenhang, dass der tierische Organismus während des Winterschlafs auch die Alterungsprozesse verlangsamt und auf ein Minimum zurückschraubt.

Tiefschlaf. Natürlich denkt niemand daran, Menschen in einen Winterschlaf zu versetzen, wenngleich sich die High-Tech-Medizin dieses Prinzips temporär bedient, etwa wenn sie Unfallopfer nach einem Hirntrauma in Tiefschlaf versetzt, um weitere Schädigungen des Gehirns zu vermeiden und bessere Voraussetzungen für den Genesungsprozess zu schaffen. Auch die Transplantationsmedizin bedient sich des Prinzips der extremen Schonung, indem sie Spenderorgane zwischen Entnahme und Transplantation kühlt, um mögliche Schädigungen während des Transports auszuschalten.

All dieses Wissen wäre für die Altersvorbeugung beim Menschen noch nicht verwertbar, hätte die Natur nicht noch eine weitere wertvolle Information parat – und zwar die, dass auch der menschliche Organismus eine Art kleinen Winterschlaf kennt: nämlich dann, wenn wir fasten. Denn die Evolution hat unseren Körper eher für das Überleben in kärglichen Zeiten ausgestattet als für die heute oft praktizierte Völlerei. Nie zuvor in der Evolution hatte der Mensch dauerhaft eine derartige Fülle von Nahrungsmitteln zur Verfügung, wie es bei Angehörigen moderner Wohlstandsgesellschaften der Fall ist. Folgen dieses Überangebots sind potenziell lebensverkürzende Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und teilweise auch Krebs.

Seit tausenden von Jahren wird in nahezu allen Kulturen und Religionen zeitweiliges Fasten als ein Akt der Selbstreinigung von Körper und Geist praktiziert. Aber was dabei im Organismus wirklich vor sich geht, konnte erst die moderne biomedizinische Wissenschaft klären: In zwei mittlerweile oft zitierten Studien (der Primaten-Alternsstudie des amerikanischen National Institute on Aging und der Baltimore Longitudinal Study of Aging) konnte gezeigt werden, dass durch Kalorienreduktion die Körpertemperatur um bis zu ein Grad Celsius absinkt. Auch der Insulin-Level im Blut sinkt ab, während der Anteil des DHEA-Hormons im Blut steigt – Vorgänge im Organismus, die laut diesen Studien eine deutlich lebensverlängernde Wirkung haben. Getestet wurde mittlerweile auch, wie der menschliche Organismus auf das Weglassen der Abendmahlzeit reagiert: Auch dabei kommt es zu einer Absenkung der Körpertemperatur und zu einem deutlichen Anstieg des Schlafhormons Melatonin, wodurch viele Körperfunktionen ruhig gestellt und damit Alterungsvorgänge gebremst werden.

Langlebigkeitsgene. Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) unter der Leitung des Biologen Leonard P. Guarente haben darüber hinaus eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht, die zeigt, welche besonderen Vorkehrungen die Evolution für den Fall getroffen hat, dass der Mensch eine längere Hungerphase durchzustehen hat: Dabei werden so genannte Langlebigkeitsgene aktiviert, die ein ganzes Programm zum Schutz des darbenden Lebens in Gang setzen. So bilden diese Langlebigkeitsgene beispielsweise so genannte Sirtuine, das sind Korrekturmoleküle, welche die Erbsubstanz DNA permanent ausbessern und so Alterungsprozesse verhindern.

Natürlich verlangt keiner der Forscher, dass wir uns künftig in hungergeplagte Asketen verwandeln, nur um ein paar Jahre länger zu leben. Ihre Botschaft an jene, die dafür empfänglich sind, lautet lediglich: Wer weniger isst und manchmal das Abendessen streicht, kann auf einfache und billige Weise sein Krankheitsrisiko senken und das Fortschreiten des Alterungsprozesses dämpfen. Dass dem so ist, wurde in zahlreichen Tierversuchen, auch an Primaten, bestätigt. Unter anderem zeigte sich, dass die Tiere nicht nur deutlich länger lebten, sondern auch weniger anfällig für Krebserkrankungen waren.

Die auf Kalorienreduktion gesetzte Zwergmaus „Yoda“ war vier Jahre und zwölf Tage alt, als sie im April des Vorjahres im Labor der University of Michigan School of Medicine in Ann Arbor starb. Sie war damit die bis dahin älteste, unter Laborbedingungen lebende Zwergmaus und erreichte ein etwa doppelt so hohes Alter wie normal ernährte Artgenossen. Der wissenschaftliche Leiter des Experiments, der Pathologe und Gerontologe Richard A. Miller, ist überzeugt, dass das gesammelte Wissen über die Wirkung von Kalorienrestriktion bereits ausreiche, um demnächst ein Medikament zu entwickeln, das die angestrebten Wirkungen beim Menschen auch ohne extreme Kalorienrestriktion hervorrufen könne. Miller glaubt, dass sich mithilfe eines solchen Medikaments die Lebenserwartung des Menschen auf etwa 122 Jahre steigern lassen wird.

Ob erfüllbar oder nicht – Millers Ansatz ist nur einer von vielen, welche die Biomedizin derzeit beforscht. In ein wenigstens teilweise bereits konkretes Stadium treten Bemühungen der Anti-Aging-Forscher, jene Regenerations- und Verjüngungsstrategien zu imitieren, welche die Natur während der Schwangerschaft einsetzt, um für die Reproduktion des Lebens beste Bedingungen zu schaffen. Mit der Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut kommen im Körper der Frau von Schwangerschaftshormonen gesteuerte Prozesse in Gang, die alles daransetzen, die Funktionstüchtigkeit von Körperorganen zu optimieren. Zu diesem Zweck werden in vielen Körperregionen Schwangerschaftsstammzellen mobilisiert und zur Regenerierung, beziehungsweise Verjüngung von Organen losgeschickt – so etwa in die Bauchspeicheldrüse, in die Leber, in die Haut oder auch ins Gehirn. Sogar Stammzellen des Embryos sind an diesem Erneuerungsprozess beteiligt.

Vielen Frauen (oder ihren Angehörigen) fällt auf, dass sie während der Schwangerschaft ein besonders gutes Aussehen entwickeln – einfach deshalb, weil sich in dieser Phase ihre Haut regeneriert, ebenso die Haare. Auch bemerken sie mitunter, dass ihre Sinnesorgane geschärft sind, dass ihr Geruchssinn empfindlicher ist als sonst oder auch dass sie insgesamt auf viele Dinge wacher und empfindlicher reagieren. Der Grund: Angestoßen vom Schwangerschaftshormon Prolaktin bilden sich im Gehirn der Frau vermehrt neue Neuronen. Diese Neubildung von Nervenzellen wird ermöglicht, indem aus verschiedenen Körperorganen – aus der Haut, aus dem Knochenmark, ja auch aus einem gehirneigenen Depot im dritten Ventrikel – Stammzellen abgerufen werden, die sich in Nervenzellen verwandeln. Ein ähnlicher, ebenfalls hormonell induzierter Vorgang läuft übrigens während des Orgasmus im Gehirn des Mannes ab.

Dieses Wissen über die Neubildung von Neuronen im Gehirn hat ein altes medizinisches Dogma umgestoßen, das viele Ärzte noch aus ihrer Studienzeit kennen: Es besagte, das Gehirn sei – im Gegensatz etwa zur Leber – ein Organ ohne jede Regenerationsfähigkeit. Die einmal dort angelegte Milliardenanzahl von Nervenzellen verringere sich im Lauf des Lebens immer mehr, ein ordentlicher Rausch sei imstande, gleich zigtausende davon für immer zu vernichten. Ganze Generationen von Schülern und Studenten sind mit dieser Mär aufgewachsen und waren nicht selten von schlechtem Gewissen geplagt, wie viel von ihrem Gehirn nach einer ausgelassenen Feier für immer verloren sei. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Das Gehirn ist wie andere Organe auch, wenn auch vermutlich nicht in ähnlichem Ausmaß wie die Leber, ein durchaus regenerierbares und trainierbares Organ, in dem Nervenzellen permanent absterben, aber genauso gut auch neu gebildet werden.

Gewebsreparatur. Die biomedizinische Forschung ist nun dabei, die vielfältigen Stammzellendepots, die es im Herzen genauso gibt wie an der Haarwurzel, bis ins Detail auszukundschaften und die Mechanismen aufzuklären, welche dazu führen, dass diese Vorläuferzellen von verschiedenen Organen abgerufen und zur Gewebsreparatur eingesetzt werden. Der Hintergedanke dabei ist, diese Stammzellen zu gewinnen und im Labor zu vermehren, um sie für die Altersprävention, beziehungsweise für die Behandlung von altersdegenerativen Erkrankungen oder auch für die Organverjüngung zu verwenden. In bestimmten Fällen geschieht das bereits.

So werden beispielsweise bereits Stammzellen gezüchtet, um damit das Altersleiden der Anosmie zu heilen, einer durch Verlust des Geruchssinns gekennzeichneten Erkrankung. Auch werden bereits Stammzellen aus dem körpereigenen Knochenmark gewonnen, um sie in einen durch Infarkt geschädigten Herzmuskel zu injizieren. Die Stammzellen verwandeln sich dort in Herzmuskelzellen und können so die Genesung von Infarktpatienten unterstützen. Solche wissenschaftlichen Versuche werden unter anderem auch am Wiener AKH durchgeführt. An der Universität Innsbruck wiederum wird versucht, mithilfe von Stammzellen lädiertes Beckenbodengewebe zu reparieren.

Seriöse Anti-Aging-Mediziner raten jedenfalls dazu, die Regenerationsfähigkeit des Körpers durch eigenes Zutun zu unterstützen, und zwar durch die berühmten drei „L“ der Alternsprävention: Laufen, Lernen, Lieben. Laufen steht für jede Art von Ausdauersport auf vernünftigem, nicht übertriebenem Niveau. Lernen steht für geistige Betätigung und Gehirntraining bis ins hohe Alter. Lieben steht ebenso für die Pflege von Partnerschaft und sozialen Beziehungen wie für Sex. Alle drei L-Tätigkeiten führen dazu, dass überall im Körper Stammzellen mobilisiert und zur Regeneration von Körperorganen eingesetzt werden – bis ins hohe Alter. Neben einer vernünftigen Ernährung (siehe Kasten „Natur pur“) ist das die derzeit beste Medizin gegen das Altern – auch wenn intelligente Medikamente dabei helfen werden.

Lebenserwartung. Die Alternsforschung kennt ziemlich verlässliche Parameter, auf deren Basis sich die statistische Lebenserwartung des Einzelnen berechnen lässt – familiär-genetische ebenso wie Lifestyle-Faktoren. Zwei Schachteln Zigaretten pro Tag beispielsweise bringen ein statistisches Minus von acht Lebensjahren. Tägliche Bewegung ein Plus von vier Lebensjahren (Berechnen Sie Ihre Lebenserwartung: http://test.gesundheit.ch/). Entspannte Menschen leben länger als nicht entspannte. Die Französin Jeanne Calment, die bisher älteste bekannte Frau der Welt, die am 4. August 1997 im Alter von 122 Jahren starb, trank jeden Tag ein bis zwei Glas Wein. Diese Menge senkt das Arteriosklerose-Risiko, ohne andere Organe zu schädigen.

Demografen registrieren eine beständig sinkende Sterblichkeit, besonders im höheren Lebensalter. Laut Angaben des deutschen Bundespräsidialamtes hat sich in Deutschland die Zahl der mehr als 105-Jährigen im Dezennium 1990 bis 2000 nahezu verdreifacht, bei Frauen sogar verfünffacht. Jetzt untersucht die Anti-Aging-Forschung die Faktoren, die zu extremer Langlebigkeit führen. Das gesammelte Wissen wird die Medizin verändern. Der amerikanische Krebs- und Anti-Aging-Forscher Bruce N. Ames glaubt, dass präventiv eingesetzte und angewandte Erkenntnisse der Anti-Aging-Medizin einen Teil der Medizin gänzlich ersetzen werden. Der Innsbrucker Alternsforscher Georg Wick rechnet mit „ganz tollen Durchbrüchen in zehn Jahren“.

Von Robert Buchacher