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Buwog: Geschäfte der Grasser-Clique bringen jetzt auch Porr und Raiffeisen Oberösterreich in Verlegenheit

Geschäfte der Grasser-Clique bringen jetzt auch Porr und Raiffeisen Oberösterreich in Verlegenheit

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Ein Wiener Gerichtsgebäude 2002; ein Paket aus 62.000 Bundeswohnungen 2004; eine Wiener Immobilie des Finanzministeriums 2005; ein Linzer Bürohochhaus 2007 – vier Zeitpunkte, vier Schauplätze, ein gemeinsamer Nenner: Karl-Heinz Grasser, Finanzminister der Republik Österreich a. D.
Drei Jahre nach dem Abschied aus der Politik gerät der heute 41-jährige Kärntner immer tiefer in den Sog seiner eigenen Vergangenheit.
Die Staatsanwaltschaft Wien durchleuchtet seit Wochen die Hintergründe mehrerer Immobiliengeschäfte der Ära Grasser, an denen Vertraute und Geschäftspartner des Ministers blendend verdient haben sollen: der Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der frühere FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und der PR-Berater Peter Hochegger. Die Justiz ermittelt unter anderem wegen Steuerhinterziehung, mutmaßlichen Amtsmissbrauchs und der Anstiftung dazu. Für alle Beteiligten gilt ausnahmslos die Unschuldsvermutung.
Je länger die behördlichen Investigationen andauern, umso mehr Abgründe tun sich auf. Wie ausführlich berichtet, sollen Meischberger und Hochegger die Immofinanz-Gruppe als selbst ernannte „Lobbyisten“ beim Verkauf der Bundeswohngesellschaften (Buwog) 2004 mit internen Informationen aus dem Finanzministerium versorgt und so den Verlauf der Privatisierung zugunsten der Immofinanz beeinflusst haben. Beide bestreiten das.
Tatsache ist, dass Meischberger und Hochegger später von der Immofinanz 9,6 Millionen für nicht näher ausgeführte Beratungsdienste kassierten – unversteuert über die ihnen zugerechnete zypriotische Briefkastengesellschaft Astropolis.

Offenbar kein Einzelfall. Nach vorläufigen Erkenntnissen der Justiz sollen Meischberger und Hochegger auch andernorts kräftig zugelangt haben. So könnte es etwa bei der Errichtung des ­
Linzer Bürohochhauses Terminal Tower am Gelände des lokalen Hauptbahnhofs nicht nur mit rechten Dingen zugegangen sein. Das höchste Gebäude der Landeshauptstadt wurde von einem Konsortium aus Porr, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und Raiffeisen Leasing ab 2005 geplant und 2008 fertig gestellt. Irgendwann dazwischen sollen die Lobbyisten auf den Plan getreten sein.
Sie stehen im Verdacht, die Einmietung der damals Karl-Heinz Grasser unterstehenden Finanzlandesdirektion Oberösterreich in das Gebäude lange vor dessen Fertigstellung orchestriert zu haben – gegen eine verdeckte Zahlung von 200.000 Euro an die auch in der Buwog-Affäre zwischengeschaltete Gesellschaft Astropolis auf Zypern. Die Porr bestätigt zwar die Zahlung, stellt aber jedweden Konnex zu dem Büroprojekt in Abrede. „Wir hatten seit dem Jahr 2000 eine Geschäftsbeziehung zu Herrn Hochegger“, so Porr-Sprecher Peter Walder, „diese war nicht auf einzelne Projekte beschränkt, sondern umfasste neben Medienbeobachtung auch Unterstützung bei der Verwertung ­einzelner Projekte und Beratungsleistungen.“ Im Jahr 2005 soll Hochegger für die Konzerntochter Porr Solutions „Marktsondierungen in Rumänien“ betrieben haben, wofür ihm ein Honorar von 200.000 Euro zugestanden worden sei. Die entsprechende Rechnung legte Hochegger allerdings erst im Februar 2007, einen Monat später ­
wurde der Betrag an Astropolis auf Zypern überwiesen.
Zufall oder nicht: 2005 begannen die Planungen für den Terminal Tower in Linz, Ende 2006 stand die Finanzlandesdirektion Oberösterreich als einer der Hauptmieter endgültig fest, erst 2008 wurde die Immobilie fertig gestellt. Ob und in welcher Form Meischberger und Hochegger tätig waren und welche Rolle Karl-Heinz Grasser dabei spielte, ist Gegenstand von Ermittlungen.

Rechnungslegung
Für die Staatsanwaltschaft Wien war die zeitliche Koinzidenz Anlass genug, einen Blick in die Bücher der beteiligten Gesellschaften zu werfen. Wie profil online berichtete, durchsuchten Beamte von Steuerfahndung und Kriminalpolizei am Donnerstag der vergangenen Woche mehrere Geschäftsadressen: die Wiener Zentralen des Porr-Konzerns und dessen Immobilienbeteiligung UBM Realitätenentwicklung AG und, wie sich jetzt erst herausstellt, auch die Niederlassung der Linzer Projektgesellschaft Terminal Tower Immobilien GmbH & Co KEG, die wiederum zur Raiffeisenlandesbank (RLB) Oberösterreich gehört – jener RLB also, die beim Buwog-Deal 2004 mit an Bord war und nach Aussage von Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics auch einen Teil der Provisionen an Meischberger und Hochegger bezahlt haben soll (was die Bank in Abrede stellt).
RLB-Sprecher Harald Wetzelsberger bestätigt die Hausdurchsuchung bei Terminal Tower Immobilien, legt aber Wert auf die Feststellung, dass die Linzer Projektgesellschaft kein wie immer geartetes direktes Vertragsverhältnis zu Meischberger oder Hochegger hatte.
Bereits Dienstag vergangener Woche hatten die Ermittler Büros und Wohnungen in Wien, Niederösterreich, Vorarlberg und Liechtenstein auf den Kopf gestellt – unter anderem jene des Immobilienkaufmanns Ernst Karl Plech. Wie profil bereits im Oktober 2009 enthüllte, soll auch er beim Buwog-Verkauf 2004 eine aufklärungswürdige Rolle gespielt haben. Michael Ramprecht, einst Mitarbeiter im Kabinett von Karl-Heinz Grasser, bezichtigt Plech bis heute, den Verkauf der Buwog als deren Aufsichtsratsvorsitzender manipuliert zu haben (profil Nr. 41 und 42/2009). Plech bestreitet das entschieden.
Der Makler – er betreibt mit KHG heute eine gemeinsame Immobilienvermittlung in Wien – soll auch bei anderen Transaktionen des Bundes höchst seltsames Gebaren an den Tag gelegt haben. profil liegt eine der Staatsanwaltschaft Wien Anfang November des Vorjahres zugegangene anonyme Sachverhaltsdarstellung vor, in der ein weiterer Geschäftsfall dokumentiert wird: der Verkauf der Wiener Liegenschaft Kärntner Straße 27–33, in der bis dahin Teile des ­Finanzministeriums untergebracht waren.
2005 wurde die Liegenschaft an die deutsche Textilhandelsgruppe Peek & Cloppenburg veräußert. Auf der Verkäuferseite stand die Grasser zugeordnete Bundesimmobiliengesellschaft, kurz BIG. Und irgendwo ­dazwischen soll, einmal mehr, Ernst Karl Plech zugange gewesen sein. Dieser bekleidete nicht nur die Rolle des stellvertretenden BIG-Aufsichtsratschefs – er soll im Hintergrund auch konkrete Verhandlungen mit potenziellen Investoren geführt haben. So erhielt Plech laut Sachverhaltsdarstellung im Vorfeld des Verkaufs Besuch von einem profil namentlich bekannten Wiener Rechtsanwalt, der im Auftrag der prominenten deutschen Unternehmerfamilie Brenninkmeyer (C & A) Interesse seiner Mandantschaft bekunden sollte. Doch der Termin soll eine eher unerfreuliche Wendung genommen haben: „Bei dem … Gespräch … wurde dem Rechtsanwalt ohne größere Umschweife bedeutet, dass die Immobilie gegen Zahlung von ca. 3,7 Mio. € (es wurde ihm damals noch ein ,Schilling-Betrag‘ genannt) an ihn (Plech, Anm.) – indirekt als ,Erfolgsprovision‘ zu verrechnen – zu haben ist. Diese Erfolgsprovision war jedoch nicht als Maklerprovision im Rahmen seines Immobilienmakler-Unternehmens gemeint, sondern dafür, dass er im Rahmen seiner Einflussmöglichkeiten in der BIG und seiner Nähe zum Verkäufer (BMF und BM Grasser) für C&A wirken würde. Es würde zwar, so Plech in dem Gespräch weiter, möglicherweise – aber nicht sicher – eine Aus­schreibung stattfinden müssen, jedoch wäre der gesamte ­Verkaufsprozess leicht durch ihn – Plech – ­steuerbar.“

Transparenz
Die Familie Brenninkmeyer soll daraufhin „entsetzt“ jeden Kontakt zu Plech abgebrochen haben. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigt die Existenz der Sachverhaltsdarstellung, will sich mit Hinweis auf laufende Ermittlungen aber nicht äußern. Auch der damals für das Österreich-Geschäft von C & A zuständige Spross der Dynastie, Chris Brenninkmeyer, gibt sich wortkarg. In einer profil übermittelten Stellungnahme seines Büros heißt es lediglich: „Herr Brenninkmeyer steht in dieser Angelegenheit für Auskünfte oder Gespräche nicht zur Verfügung.“
Plech wiederum verweist die Vorwürfe samt und sonders ins Reich der Verleumdung. „Das ist nichts als Schwachsinn“, lässt der Makler über seinen Anwalt Michael Rami ausrichten. „Die Immobilie wurde international zum Verkauf ausgeschrieben, mit Peek & Cloppenburg hat der Bestbieter in einem für jedermann transparenten Prozess den Zuschlag erhalten.“ Allein die Tatsache, dass die Sachverhaltsdarstellung anonym eingebracht worden sei, lasse auf die „Feigheit des Verfassers“ und den „Wahrheitsgehalt dieser absurden Unterstellungen“ schließen.
Wie einträglich Kontakte zur Republik Österreich bisweilen sein können, belegt indes ein Geschäftsfall, der bald acht Jahre zurückliegt. Im Juni 2002 überwies das Justizministerium der Plech & Plech Immobilientreuhänder GmbH den stattlichen Betrag von 607.476 Euro plus Umsatzsteuer – eine Maklerprovision für den von Plech ein Jahr zuvor eingefädelten Umzug mehrerer Wiener Behörden (Handelsgericht, Bezirksgericht Innere Stadt und Bezirksgericht für Handelssachen) in ein neues Gebäude, den City Tower Vienna.
In Wien-Landstraße kreuzten sich – Zufall oder nicht – auch die Wege einiger Akteure, die jetzt im Fokus von Ermittlungen stehen: Das Gebäude wurde von der Porr zwischen 2001 und 2003 gebaut, von der Immofinanz Ende 2001 erworben – und von Plech vermittelt. Oder wie es die grüne Abgeordnete Gabriela Moser formuliert: „Das ist das Negativbeispiel der schwarz-blauen Ära: Die ÖVP hat zugeschaut, wie Plech vor laufender Kamera kassierte.“