Kleinste gemeinsame Zielgruppe: BZÖ, FPÖ

BZÖ, FPÖ: Kleinste gemeinsame Zielgruppe

Beide benötigen die Rechtsaußen-Wähler

Drucken

Schriftgröße

Jörg Haiders Sprüche waren auch schon flotter. Beim Gründungskonvent der Wiener Landesgruppe des BZÖ am vorvergangenen Samstag kam er in den Kategorien Reim und Sinn ordentlich ins Schleudern, als er versuchte, die Geisteswelt seiner Kontrahenten rund um Heinz-Christian Strache zu beschreiben: „Setz einen Frosch auf einen weißen Stuhl, hüpft er doch wieder nur in den braunen Pfuhl.“ FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der einst in Haiders Kabinett in Klagenfurt als Gagschreiber diente, konterte. Die Attacken gegen die FPÖ seien „letztklassig, grotesk und eigentlich tragisch“.

Zumindest sind sie historisch-ironisch: Jahrelang hatte sich Haider selbst – auch mit juristischen Mitteln – dagegen gewehrt, von „Tugendterroristen“ ins „braune“ Eck gestellt zu werden.

Heinz-Christian Strache umwirbt das nationale Lager intensiv. Beim Festkommers der Burschenschaften zum 200. Todestags von Schiller hielt der FPÖ-Chef, Mitglied der Wiener pennalen Burschenschaft „Vandalia“, die Festansprache und bediente die akademische Rechte mit deren Lieblingsthemen. So forderte er Widerstand gegen die „Überfremdung“, um „unsere Identität, Kultur und Heimat zu bewahren“. Zum Abschluss sang man die erste Strophe des Deutschlandlieds.

Es war nicht das erste Mal, dass Strache seine Sympathien für das rechtsnationale Lager demonstrierte. Im Vorjahr hielt er am 8. Mai die traditionelle „Totenrede“ bei der „Heldenehrung“ der Burschenschafter anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes. Auch die einzige ihm verbliebene Nationalratsabgeordnete, Barbara Rosenkranz, macht aus ihrer deutschnationalen Gesinnung kein Hehl.

Rosenkranz’ formaler Chef im blau-orangen Nationalratsklub, Herbert Scheibner, will mit der Welt der niederösterreichischen Abgeordneten nichts mehr zu tun haben: „Wir wollen uns nicht mit vergangenen krausen Theorien beschäftigen, sondern ein modernes Haus von Ideen errichten.“

Morsches Haus. Zumindest in Kärnten wirkt das orange Haus alles andere als modern. Denn in seinem Heimatbundesland kann Haider auf das nationale Lager nicht verzichten, will er seine Mehrheit sichern. Die Wortwahl in Klagenfurt unterscheidet sich von jener in Wien deutlich – etwa in der Causa Siegfried Kampl.

Während die stellvertretende Parteiobfrau und Justizministerin Karin Miklautsch erklärte, die Positionen des Kärntner Bundesrats hätten „keinen Platz“ im BZÖ, nahm Haider seinen früheren Getreuen in Schutz. Kampl sei „ein anständiger Mensch“, man dürfe ihn nicht „wie einen Verbrecher“ behandeln. Die Verhinderung als Bundesratspräsidenten interpretierte er nicht als Schutzmaßnahme vor Kampl, sondern für Kampl. Man wollte dem Bundesrat ersparen, so Haider, dass „sich die anderen Parteien an ihm die Schuhe abputzen“.
So ähnlich formulierte es auch Strache.

Trotz des blau-orangen Kampfs um die kleinste gemeinsame Wähler-Zielgruppe: Die Nachfrage nach einer rein nationalen Kraft ist beschränkt. Für den Politologen Fritz Plasser sind die Deutschnationalen in Österreich „statistisch kaum mehr erfassbar“. Mit den Stimmen von rechten Honoratioren allein sei der Einzug in den Nationalrat nicht zu schaffen.

Jörg Haider erkannte früh, dass er diese Zielgruppe teilweise vernachlässigen musste, um die Stimmen bei Wahlen zu maximieren. Er setzte auf die Protestwähler und begann in den Arbeiterschichten zu fischen. Der Höhepunkt der Entfremdung vom dritten Lager war erreicht, als Haider Mitte der neunziger Jahre der „Deutschtümelei“ offiziell eine Absage erteilte und einen Österreich-Patriotismus begründete. Jahre zuvor hatte er die österreichische Nation noch als „ideologische Missgeburt“ bezeichnet.

Kernwähler. Auch Strache und seine Chefkonsulenten, Volksanwalt Ewald Stadler und EU-Mandatar Andreas Mölzer, wissen, dass das nationale Lager allein zu wenig Durchschlagskraft hat. Aus strategischer Sicht zählt für sie denn auch mehr „die Qualität“ und nicht die Quantität der nationalen Wähler. Wenn Strache in seinen Reden stets die „freiheitlichen Tugenden und Werte“ preist, dann meint er auch seine Rechtsaußen-Kernwähler, die nach Jörg Haiders „Hochverrat“ treu zur originalen FPÖ stehen und den sicheren Grundstock im anstehenden Wahlkampf bilden.

Herbert Scheibner hat mit der deutschnationalen Klientel abgeschlossen, auch was das Liedgut betrifft: „Wir wollen nicht das Deutschlandlied in irgendwelchen Kellern singen, sondern die ,Reblaus‘ beim gemütlichen Heurigen.“

Gernot Bauer