Computer und Micro- soft: Veni Vidi Vista

Computer: Veni Vidi Vista

Wie gut ist das neue Windows-Betriebssytem?

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Seit Monaten ist der 30. Jänner in den Kalendern der Computerinteressierten rot markiert. Denn am Dienstag dieser Woche wird – nach fünfjähriger Entwicklungszeit – das neue Windows-Betriebssystem Vista für den Handel freigegeben. Die Marktfreigabe wird rund um den Erdball den ganzen Tag über als große Show zelebriert. Vista ist für Microsoft nämlich mehr als nur Update oder ein normales Software-Release. Die laut Windows-Chef Jim Allchin „beste und mächtigste Software, die wir je entwickelt haben“, ist für Microsoft eine absolute Reifeprüfung. Mit diesem System verknüpft der mit 71.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 44,3 Milliarden Dollar größte Softwarekonzern der Welt alle Hoffnungen. Es soll den Weg in die Zukunft zeigen, in die Zeit nach Bill Gates, der angekündigt hat, sich 2008 aus dem Unternehmen zurückzuziehen.

Der Legende nach begann die Geschichte von Microsoft bei Pizza und Cola. Im Jahr 1972 dachten der damals 17-jährige Bill Gates, computerbegeisterter Sohn eines Anwalts und einer Lehrerin aus Seattle, und sein Freund Paul Allen, dass es cool wäre, wenn es in allen Häusern Computer gäbe, die miteinander vernetzt wären, sodass sie untereinander kommunizieren könnten. Da Computer damals noch keine Massenware waren und fast nur von Spezialisten bedient werden konnten, hatten die beiden Nerds den Einfall, eine Software zu schreiben, die es jedermann ermöglichen würde, einen PC zu bedienen. Drei Jahre später konnten sie ihre Idee umsetzen: Das erste von ihnen geschriebene Programm zur Steuerung des Ur-PCs Altair 8080 verkaufte sich prompt tausendfach.

Der Rest ist Geschichte, denn die einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten waren Steve Jobs und Stephen Wozniak, zwei Computerfreaks aus Kalifornien, und die waren Microsoft zu Beginn sogar einen Schritt voraus. Die beiden hatten schon im Jahr 1983, zwei Jahre bevor das erste Windows in den Handel kam, eine grafische Benutzeroberfläche für ihren „Apple Lisa“ entwickelt. Während Apple aber darauf setzte, das eigene Betriebssystem nur für Apple-Computer einzusetzen, öffnete Microsoft sein Windows für alle PC-Hersteller der Welt und war damit das Rückgrat für den weltweiten Siegeszug der PCs.

Das Duell Microsoft gegen Apple dauert bis heute an. Der Einzige, der es geschafft hat, bei diesem Match ein Wörtchen mitzureden, ist Linus Thorwald. Der Finne begann 1991 mit der Arbeit an Linux, einem freien Betriebssystem auf Basis des für Großrechner und Server verwendeten Unix. Mit Unterstützung einer weltweiten Community von Programmierern wurde Linux im Lauf der Jahre von einem Programm für Spezialisten zu einer Alternative zu den beiden vorherrschenden Computer-Betriebssystemen weiterentwickelt (siehe Kasten Seite 65).

Beinahe-Alleskönner
Wenn man den Worten von Windows-Chef Jim Allchin glaubt, dann ist mit Vista das Match um das beste Betriebssystem der Welt ein für alle Mal geklärt. „Es gibt kein annähernd vergleichbares System“, behauptete er. Worauf Apple-Boss Steve Jobs nicht umhinkonnte, Allchin daran zu erinnern, dass dieser vor nicht allzu langer Zeit noch gemeint hatte: „Wäre ich nicht bei Microsoft, hätte ich einen Apple.“

Um für die Vielseitigkeit von Vista ähnliche Begeisterung wie Allchin aufzubringen, bedarf es allerdings der Ultimate-Version, die komplett 499 Euro und als Upgrade-Version 329 Euro kostet. Nur mit dieser, der teuersten Version von Vista, kann man auch den vollen Leistungsumfang des Betriebssystems ausschöpfen.

Dazu gehören neben den erheblich erweiterten Sicherheitsfunktionen auch Multimedia-Extras wie das integrierte Media Center, das es gestattet, Fernsehsendungen am PC anzusehen oder aufzuzeichnen, oder die

Movie-Maker-Software zum Erstellen von DVDs. Weiters enthält die Ultimate-Version für den Netzwerkbetrieb notwendige und wichtige Zusatzfunktionen sowie die wirklich gute und sinnvolle Option, automatisch DatenBackups oder eine Schattenkopie der Computerfestplatte anzulegen, entweder auf DVD oder auf einer zusätzlichen Festplatte.

Neue Computer werden zwar vermutlich generell nur mit den Home-Basic- oder Home-Premium-Versionen des Betriebssystems verkauft werden. Doch gibt es mit der Anytime-Upgrade-Option die Möglichkeit, jederzeit auf Vista Ultimate umzusteigen. Die angekündigten Ultimate Extras – Zusatzprogramme, die nur unter der Bezeichnung Vista Ultimate laufen werden – sollen dafür einen zusätzlichen Anreiz bieten.

Ressourcenfresser
Um auf Vista Ultimate umzusteigen, benötigt man jedoch auch einen entsprechend leistungsfähigen Computer. Von den grob geschätzt 800 Millionen PCs, die derzeit weltweit in Verwendung sind, ist nur rund ein Viertel auch mit einer Vista-tauglichen Hardware ausgerüstet. Für die Ultimate-Version sind als Mindestanforderung ein 1-GHz-Prozessor, mindestens 1 GB RAM, 15 GB freier Festplattenspeicher und ein DirectX-9-fähiger Grafikprozessor mit mindestens 128 MB Grafikspeicher angegeben.

Dabei handelt es sich jedoch um das absolute Minimum. Damit das System auch sinnvoll betrieben werden kann, sollte der PC schon mit einem 2,66-GHz-Prozessor und mit 1,5 GB RAM bestückt sein. Und um in den Genuss der neuesten, in Vista integrierten DirectX-10-Grafikfunktionen zu kommen, muss natürlich auch eine entsprechende Grafikkarte installiert sein. Auf Apple-Computern wird man Vista zumindest vorerst nicht installieren können. Ein ins System integrierter Upgrade-Ratgeber soll verhindern, dass der Computer im Zuge einer Vista-Installation mattgesetzt wird. Der Ratgeber überprüft den Computer vor der Installation und schlägt im Fall des Falles Alarm.

Leider stellt Vista aber nicht nur an die Hardware, sondern auch an die Software relativ hohe Ansprüche. Etliche Programme verschiedenster Hersteller, die unter Windows XP reibungslos funktionieren, werden von Windows Vista nicht unterstützt. Dazu gehören unter anderem die Backup-Software True Image 9.0 von Acronis, Adobe Acrobat 6.0, Pinnacle Instant CD & DVD 8.0 oder Symantec Norton Internet Security 2006.

Sicherheitsproblem
Die Strategie, Windows allen PC-Herstellern und Softwareentwicklern zu öffnen, hat Microsoft zum unangefochtenen Marktführer gemacht. An dem Unternehmen kann praktisch niemand vorbei. Weltweit laufen rund 90 Prozent aller Computer mit Windows-Betriebssystem, und viele User, die auf Apple oder Linux schwören, nutzen zumindest die Office-Produkte.

Je größer und mächtiger Microsoft wurde, desto reizvoller wurde es aber auch für Hacker und Virenprogrammierer, Angriffe gegen Windows-Rechner zu starten, was mit der rasanten Verbreitung des Internets zu einem veritablen Problem geworden ist. Jetzt soll damit aber Schluss sein. Microsoft hat dem Thema Sicherheit insofern Rechnung getragen, als man zusätzlich zu Vista nur noch eine Anti-Viren-Software benötigt. Die übrigen Security-Aspekte sind bereits mit den im Betriebssystem integrierten Funktionen abgedeckt.

Den Sicherheitsmechanismen wie Firewall, Phishing-Filter oder der BitLocker-Technologie zum Verschlüsseln ganzer Festplatten zollen auch anerkannte Experten Respekt. „Microsoft hat hier einen ganz großen und wichtigen Schritt getan, von dem die Benutzer wirklich profitieren“, meint etwa Josef Pichlmayr, Chef der auf Security-Lösungen spezialisierten Ikarus Software AG.

Die Reaktionen der Experten sind Balsam für Bill Gates, den es persönlich getroffen hat, in Interviews immer wieder auf die mangelnde Sicherheit von Windows-Rechnern angesprochen zu werden. „Unsere Mitbewerber haben natürlich versucht, die Integration der Security-Funktionen in Vista zu verhindern und das

System zu kastrieren“, erklärt er. „Zum Glück ist ihnen das nicht gelungen.“

Von Peter Sempelmann