Strasser: "Das ist ein großes Ärgernis"

"Das ist ein großes Ärgernis": Ernst Strasser über sein Comeback in die Politik

Über Europawahlen und den Glühbirnen-Streit

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Interview: Otmar Lahodynsky

profil: Warum kehren Sie nach viereinhalbjähriger Absenz in die Politik zurück?
Strasser: Vor einem Jahr hätte ich noch Nein gesagt. Aber mein Unternehmen ist jetzt so weit, dass ich Zeit für neue Aufgaben habe. Wir erleben gerade die schlimmste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Da hat sich auch die gesamte Agenda für Europa geändert. Ich möchte mitgestalten und dafür sorgen, dass österreichische Anliegen in der EU wieder ernster genommen werden.

profil: Haben unsere Minister, die dafür in erster Linie verantwortlich sind, versagt?
Strasser: Ministerrat und EU-Parlament wirken zusammen. Der Lissabon-Vertrag wird das Parlament stärken. Das Vertreten von österreichischen Interessen ist mir bei den von der Bevölkerung gewählten EU-Abgeordneten in der Vergangenheit schon abgegangen. Daher sage ich sehr klar: Ein EU-Mandatar ist in erster Linie der Transporteur der Sorgen, Sehnsüchte und Probleme seiner Bevölkerung und erst in zweiter Linie dazu da, die europäischen Institutionen den Österreichern näherzubringen.

profil: Ein Europaabgeordneter sollte doch gesamteuropäische Interessen vertreten, nicht natio­nale.
Strasser: Ich werde von den Österreichern gewählt, nicht von irgendwelchen EU-Beamten. Daher verwende ich meine Wahlbewegung auch dazu herauszufinden, wo der Schuh drückt. Das möchte ich auf die europäische Agenda bringen. Dabei helfen meine Kontakte, wie etwa zu Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

profil: Wie verträgt sich Ihr Kurs mit der Ansage von ÖVP-Chef Josef Pröll, die Volkspartei sei die einzige proeuropäische Partei?
Strasser: Wir sagen, dass wir uns einmischen müssen. Andere sagen, dass Österreich aus der EU austreten soll. Das ist der große Unterschied. Andere sagen, wir ziehen uns zurück. Wir sagen: Wir sind in Europa. Und die EU wird handeln, egal ob wir austreten, schmollen oder uns verweigern. Daher werden wir Koalitionen eingehen für unsere Anliegen. Nehmen Sie als Beispiele die ­Ostinitiative des Vizekanzlers oder das Genmais-Anbauverbot des Landwirtschaftsministers oder die Finanzmarktregeln, die Othmar Karas federführend ausgearbeitet hat.

profil: Wie stehen Sie zum Verbot der herkömmlichen Glühbirne durch die EU-Kommission?
Strasser: Das ist ein großes Ärgernis.

profil: ÖVP-Minister wie Martin Bartenstein und Josef Pröll haben aber zugestimmt.
Strasser: Man muss jedenfalls mehr Verständnis dafür haben, dass es viele in der Bevölkerung gibt, die dieses Verbot ablehnen.

profil: Wie werden Sie mit dem Spitzenkandidaten der FPÖ, Andreas Mölzer, umgehen?
Strasser: Ich kenne ihn nicht persönlich. Wenn er offen sagt, dass Österreich aus der EU austreten soll, trennen uns schon Welten.

profil: Um Ihr Fachwissen als künftiger EU-Abgeordneter zu testen, möchte ich Ihnen ein paar Quizfragen stellen. Wie viele Abgeordnete hat das Europaparlament?
Strasser: Es werden statt 785 nach dem Lissabon-Vertrag nur mehr 750 sein.

profil: Gewählt wird aber nach dem Nizza-Vertrag.
Strasser: Da – glaube ich – werden es 736 sein.

profil: Richtig. Welche Fraktion ist derzeit die größte?
Strasser: Unsere, die Christdemokraten.

profil: Wie heißt deren Fraktionschef?
Strasser: Das ist ein französischer Landwirt.

profil: Ja. Er heißt Joseph Daul. Was ist der Europäische Rat?
Strasser: Eines der wichtigsten Entscheidungsgremien. Gesetzgebung gemeinsam mit dem EU-Parlament.

profil: Sie meinen den EU-Rat der Fachminister. Der Europäische Rat besteht aus den 27 Staats- und Regierungschefs. Jetzt sind wir schon bei den Elfer-Fragen: Was ist Komitologie?
Strasser: Keine Ahnung.

profil: Da beschließt die EU-Kommission gemeinsam mit Expertengremien Rechtsakte. Was ist der Vermittlungsausschuss?
Strasser: Wenn das Europaparlament zweimal einen Gesetzesvorschlag ablehnt, muss dieser Ausschuss zwischen EU-Parlament und EU-Rat vermitteln.

profil: Richtig. Was bringt der Lissabon-Vertrag an neuen Mitwirkungsmöglichkeiten für die nationalen Parlamente?
Strasser: Sehr wichtige …

profil: Ich helfe Ihnen: Wenn ein neuer Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zu stark in nationale Rechte eingreift, können ihn nationale Parlamente mit einfacher Mehrheit ablehnen. Noch eine Frage außerhalb des Wissenstests: Warum sind Sie Ende 2004 so plötzlich als Innenminister zurückgetreten?
Strasser: Ich habe mein großes Projekt als Innenminister abgeschlossen und mir mit knapp 50 Jahren den Traum erfüllt, ein eigenes Unternehmen aufzubauen. Ich habe diesen Schritt nie bereut.

profil: Sie gelten als großer Umfärber bei Posten. Haben Sie nicht Angst, dass Peter Pilz neue peinliche E-Mails Ihrer Mitarbeiter über Postenbesetzungen findet?
Strasser: Zu gestohlenen E-Mails spricht nur mein Anwalt.