Der Antifa-Haider

Der Antifa-Haider

Drucken

Schriftgröße

In dieser Frage haben wir es leicht: Nie fiel auf dieses Blatt der leiseste Verdacht, für die politische Ausrichtung der Herren Mölzer, Stadler & Strache auch nur einen Hauch von Sympathie aufzubringen. Erst vor wenigen Monaten enthüllte profil, dass der Wiener FPÖ-Obmann politische Meinungsverschiedenheiten bisweilen mit dem Säbel austrägt (’tschuldigen: „Schläger“ nennt man dieses „Sportgerät“ in jenen Kreisen). Die Auftritte des Volksanwalts Ewald Stadler bei diversen „Gefallenengedenken“ – durchwegs schlecht getarnte Weihestunden Ewiggestriger – wurden in ihrer politischen Abartigkeit von profil ebenso kritisch gewürdigt wie der seinerzeitige „Umvolkungs“-Unsinn von Andreas Mölzer.

Umso risikoloser können wir heute sagen: Für den Niedergang der FPÖ können alle drei nichts.
Leider.

Denn natürlich wäre es wünschenswert gewesen, dass sich die Wähler von den Freiheitlichen schon wegen deren koketten Umgangs mit den grässlichen Verbrechen des Nationalsozialismus abgewendet hätten; beruhigend wäre es gewesen, wären sie wegen der Ausländerhetze abgesprungen oder wegen der groben Belästigung von Künstlern und Intellektuellen.

Aber so war es eben nicht, im Gegenteil: Das alles hat 1999 immerhin 27 Prozent der Wahlberechtigten nicht davon abgehalten, der FPÖ ihre Stimme zu geben und ihr damit den Eintritt in eine österreichische Bundesregierung zu ermöglichen.

Kurz sah es so aus, als schaffe die neue Verantwortung auch neue Qualitäten. Ein Irrtum, wie sich spätestens in Knittelfeld im Spätsommer 2002 erwies. Der innerparteiliche Putsch führte in der FPÖ zu nachhaltiger Entprofessionalisierung und damit zum wohl unaufhaltsamen Niedergang. Die Wähler wenden sich ja nicht deshalb von der FPÖ ab, weil dort auch ewiggestrige Rechtsausleger zu Hause sind, sondern weil sie in der praktischen Politik versagt.

Herrschte in der Koalition vor Knittelfeld schon von der Größe der Parteien her einigermaßen Balance, so ist das Bündnis seit 2002 in Schieflage – auch personell: Neben den schwarzen Profis wirken die freiheitlichen Regierungsmitglieder wie bemühte Laien. In der Regierung bestimmt Wolfgang Schüssel, wo’s langgeht, und sonst niemand – schon gar nicht der blaue Vizekanzler oder die FPÖ-Chefin. Die Art, wie die ÖVP die hilflosen Freiheitlichen bei der Wehrdienstzeitverkürzung vorführte, erregte nur noch Mitleid. Jetzt zerbröselt auch das viel besungene „Modell Kärnten“, der Skandalreigen in Haiders Stammland komplettiert das Bild.

Dies erkennt natürlich auch die FPÖ-Spitze, weil es ja gerade ihr nicht entgehen kann, dass sie von Wolfgang Schüssel am Nasenring durch die Arena geführt wird. Eingestehen will man sich das allerdings nicht. Das Trio Mölzer/Stadler/Strache stieß die Parteioberen mit der Nase auf die bittere Wahrheit und wurde dafür prompt bestraft: Nestbeschmutzung galt in der FPÖ schließlich immer schon als Kapitalverbrechen.

Vor allem bei Mölzer und Stadler mag auch berechtigte Verbitterung im Spiel sein. Mölzer hatte in den Kampfjahren für Jörg Haider den Chefideologen gemacht und den heiklen nationalen Flügel bei Laune gehalten. Stadler hatte als Klubobmann, wohl auch eigenem Triebe folgend, für Haider im Parlament den Fleischerhund gespielt und sein eigenes Ansehen nachhaltig verbellt.

Beide hatten wesentlichen Anteil an Haiders Aufstieg, die „Buberlpartie“ allein hätte das Projekt nicht durchgetragen. Nun dankt es ihnen der ehemalige Verbündete, indem er sie verspottet („ideologischer Museumsverein“) und den antifaschistischen Widerstandshelden spielt.
Das ist hart.

Haider begeht damit nicht nur den Fehler, sich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen (wer, bitte, nimmt ihm Antifa ab?), sondern er verrechnet sich auch. Der nationale Kern, den er nun so tödlich beleidigt hat, ist in der klein gewordenen FPÖ längst wieder eine Größe. Bei den Europawahlen im Vorjahr verhalf der orthodoxe Flügel Andreas Mölzer zu einem Vorzugsstimmen-Mandat – gegen den Kandidaten der Parteiführung.

So steht die Partei nun vor einem der skurrilsten Plots der jüngeren politischen Geschichte: Dem FPÖ-Sonderparteitag wird ein „Zukunftsprogramm“ vorgelegt; stimmen nicht mindestens zwei Drittel der Delegierten zu, dann hat Jörg Haider sie nicht mehr lieb und gründet eine eigene Partei. Wie im Kindergarten.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Haiders Papier nicht über die selbst gelegte Latte gehoben werden kann. Die wohl organisierten „Nationalen“ werden mindestens ein Drittel der Parteitagsmandate binden – vermutlich bedeutend mehr.

Dann erscheint eine Parteispaltung unausweichlich, und auch der Parlamentsklub dürfte in diesem Fall wohl kaum noch zusammenzuhalten sein. Das wäre das Ende dieser Koalition.

Die österreichische Politik wird wieder turbulent.